▪
Motive der
Literatur
▪
Überblick
▪ Stoff - Thematik - Motiv
▪ Motivtypen
▪ Farbsymbole /
Farbmotive
Motiv des Lichts
▪
Verschiedene literarische
Beispiele
Das Motiv der Weisheit gehört zu den
wichtigsten Motiven von
Lessings Drama "Nathan
der Weise".
In diesem Zusammenhang sind folgende Textstellen von Belang:
-
In ihrem Dialog nach dem Eintreffen Nathans im Audienzsaal (III,5)
bringt Saladin zu Beginn das Gespräch auf das Nathan zugeschriebene
Attribut des Weisen, um diesen offenbar zu prüfen und aus der Reserve zu
locken. Zunächst will er wissen, ob sich Nathan selbst das Attribut des
Weisen als Beiname gegeben habe. Als Nathan dies verneint und einräumt,
dass ihn wohl das Volk so nenne (III,
5 V 1801), macht er aber zugleich darauf aufmerksam, dass auch eine
solche Zuschreibung noch nichts über die tatsächliche Bedeutung oder die
Wahrheit dessen aussagt, was mit dem Beinamen gemeint ist. Schließlich
könne Weisheit im Volksmund auch einfach Klugheit bedeuten, im modernen
Sinn Cleverness, mit der man seine eigenen Interessen verfolgen und
umsetzen könne. Solche Eigennützigkeit könne, so fährt er fort, im
Alltagssprachgebrauch des Volkes ebenso gut klug wie weise bedeuten.
Mit
seinen Ausführungen über Eigennützigkeit, Klugheit und Weisheit, zeigt
nicht nur seine wachsame Cleverness gegenüber der geradezu provokativen
Gesprächseinleitung durch den Sultan ( "Du nennst dich Nathan? [...] Den weisen Nathan?"
III,5 V
1799), sondern tritt in der Art und Weise, wie der das Thema
daraufhin entfaltet, auch den praktischen Beweis für die ihm
zugeschriebene Weisheit an, was auch von Saladin selbst so gesehen wird
(III,5
V 1811) Denn, wie schon
Bizet (1955,
zit. n.
Bauer G. u. S. 1968, S.307 bei
Arendt
1984, S.69) betont hat, "(besteht) Nathans Weisheit (...) in der
Fähigkeit, Meinungen und Werte zu überprüfen, das Falsche vom Echten zu
unterscheiden: sie wird deshalb
wiederholt
zu seinem Reichtum in Parallele gesetzt."
-
Saladin
äußert sich in seinem Gespräch mit Nathan (III,7)
darüber, was er selbst unter Weisheit versteht. Was er dabei inhaltlich
über die Weisheit an sich und ihren begrifflichen Kontext ausführt,
steht freilich an dieser Stelle eindeutig unter einem partnertaktischen
Vorzeichen. Mit seiner Äußerung: "Ha! das nenn/ Ich einen Weisen! Nie die Wahrheit zu/ Verhehlen! für sie alles auf das Spiel/Zu setzen! Leib und Leben! Gut und Blut!"
(III,7
V 1895) will Saladin den von seiner Schwester Sittah ausgeheckten
Plan (III,4
V 1751 - 1761), Nathan einen Kredit abzupressen, umsetzen.
Dementsprechend wirken auch die alten Doppelformen mit ihren
Alliterationen
("Leib und Leben! Gut und Blut!"), mit denen er seine vermeintliche
Vorstellung von Weisheit kaschiert sehr klischeehaft und die darin
ausgedrückte Emphase
zeigt wohl weniger seinen Widerwillen gegen das ihm auferlegte
Ränkespiel, als die schon Sittah gegenüber eingestandene Freude darüber,
"Mit welcher dreisten Stärk' entweder, er/ Die Stricke kurz zerreißet; oder auch/ Mit welcher schlauen Vorsicht er die Netze/ Vorbei sich windet"
(III,
4 V 1762). Ob indessen alles, was Saladin an dieser Stelle sagt,
allein seiner Taktik gegenüber Nathan zuzuschreiben ist, muss indessen
auch bezweifelt werden. Saladin neigt eben nicht nur an dieser Stelle zu
großen Phrase und Emphase (vgl. "Ein
Kleid, Ein Schwert, Ein Pferd, – und Einen Gott!",
II,2 V 990) Insofern wird man wohl konzedieren können, dass Saladin,
zumindest bis zu diesem Zeitpunkt einen Begriff von Weisheit
favorisiert, der mit dem Streben nach unbedingter Wahrheit
korrespondiert, für die der Weise sein Leben und seine soziale Existenz
einzusetzen gewillt ist.
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Verschiedene literarische
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
26.04.2021
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