In der Vers- und
Strophenanordnung wird die Gebundenheit der Sprache mit ihren Versen,
Reimen und ihren 6-zeiligen Strophen der Liedcharakter des 30-strophigen
Liedes klarer.
1.
ICh habe offt vor vielen
Jahren,
wol gehöret vnd erfahren,
daß schlim muß ein Kerl seyn,
der ein
Weib nicht könte kriegen,
aber sollte das nicht triegen,
kan ich mir
nicht bilden ein.
2.
Denn ich bins wol inne
worden,
der ich an so manchen Orten,
Haken angeschlagen habe,
kan doch
nie darzu gelangen.
meinen Hut daran zu hangen,
ich bin über all Schabab1,
3.
Ich bin
in der Lehr
gewesen,
vnd gelernet schreiben, lesen,
bin auf hohen Schulen auch,
so gehöbelt vnd geschliffen,
daß ich nun zum theil
begrieffen,
was zu thun
vnd lassen tauch.
4.
Frembde Länder hab ich
zimlich durchgereiset,
vnd mich rühmlich, da verhalten,
daß ich weiß,
mich auff Parma Boiß2 zu schicken,
bin so Fix in meinen Stücken,
daß mir
jeder giebet preiß.
5.
Anders ist mein Haar
geputzet,
Parla Frantz3 der
Bart gestutzet,
Kragen, Kleider, vnd was
mehr,
Steht mir als Modo zierlich,
Gleich als wenn ich recht natürlich,
ein Frantzos gebohren wehr.
6.
Frawen=Zimmer recht zu
grüssen,
höfflich jhre Hände küssen.
sprach zu halten wie man sol,
zu
bedienen, vorzuschneiden,
was sie gerne sehn und leyden,
weiß ich mehr
als allzuwol.
7.
An Gesichte, Leib und
Lenden,
Füssen vnd an allen Enden, hinden,
forn und überall,
an der Manneskläng vnd dicke,
bin ich paßlich von Geschick,
nicht zu rauch vnd
nicht zu kahl.
8.
Ich kan mich wol lustig
machen,
Tantzen, Singen, Spielen Lachen,
einen guten Rausch zur Noth,
kan mein Magen wol vertragen,
ich laß mich nicht gerne schlagen,
leyd
auch ungern Schimpff und Spot.
9.
Hundert Kerles wird man
sehen,
die zwar wol jhr Ding verstehen,
keinen ich auch nicht veracht,
aber ich kan (wie zu spühren)
als trotz jenem wol passiren,
wenn ichs
nehme recht in acht.
10.
Leb ich länger denn auf
Erden,
kan ein Mann denn aus mir werden,
der dem Lande nützen kan,
Bin
ich was Dumm in der Jugend,
der Verstand Kunst sampt der Tugend,
kompt
wol mit dem Alter an.
11.
Daß auch alle Leute
sprechen,
daß mir nichtes thu gebrechen,
als nur eine hübsche Fraw,
das
ist wahr, doch ich beklage,
daß ich leyder Jahr und Tage,
darnach lauff
vnd mich vmbschaw.
12.
Wüst auch welche es seyn
solte,
wenn der Poß4 angehen wolte,
aber sie verachtet mich,
vnd die so
mich gerne nehme,
vor5 derselben ich mich scheme,
also bin veriret ich.
13.
Wenn ich eine hab
verlassen,
die nichts thate als mich hassen,
vnd mich zu der andern
mach,
Ist dieselbe noch wol schlimmer,
denn sie mich Verlachtet immer,
Unnd sticht mir den Gecken nach6.
14.
Such ich dann darnach die
dritte,
Sie umb GOtteswillen bitte,
wart jhr auff als wie ein Knecht,
läßt sie mich doch kaum geniessen,
Ihre Hand einmahl zu küssen,
vnd das
geht noch ab gar schlecht.
15.
Überall ich jhr nachgehe,
in dem Schnee vnd Regen stehe,
krieg ich offt Schläge von der Wacht,
vor
dem Fenster vor den Thüren,
laß ich jhr offt eins hofieren,
aber sie
fragt nicht darnach.
16.
Daß sie meiner sol
gedencken,
pfleg ich Sie offt zu beschencken,
mit Gold, Perlen,
Edel=Stein,
Grosses Glück mir wiederfähret,
wenn sie mir ein Band
verehret,
nur von ihrem Haar allein.
17.
Ich muß manches Spott=wort
hören,
vnd daran mich doch nichts kehren,
ich muß immer dummer Teuffel
seyn,
komm ich (wenn es ist) gegangen,
sprich sie mich so zu empfangen,
zetter7 seht der Narr kompt rein.
18.
Ich hab Abschied offt
genommen,
wen ich solte zu jhr kommen,
da sprach denn die Magd zu mir,
mein Herr lasts euch nucht verdriessen,
forne darff ich nicht
auffschliessen,
klopffet vor der der hindern Thür.
19.
Solche vnd mehr andre
Possen,
haben schrecklich mich verdrossen,
endlich ließ ich von jhr ab,
suchte wo ich kunte Damen,
wo sie mir zu handen kamen,
vnd bey vielen
mich angab.8
20.
Muß noch heutigs Tages
wandern,
von der einen zu andern,
Geld und Zeit geht mit dahin,
wo ich
meine Lieb hinwende,
seh ich schmertzlich daß am Ende,
ich dennoch
betrogen bin.
21.
Ihr
eins theils sind so
verschlagen,
vnd zum Schein mich nur vertragen,
lassen mit sich schertzen auch,
nehmen alles auff in guten,
wehr ich jhnen auch
anmuhten,
einen Kuß nach liebes brauch.
22.
Pflegen sich fein zu
bequemen,
aber keine wil mich nehmen,
heben mich zwar hoch empor,
aber tieff mich fallen lassen,
vnd bey der Nassen fassen,
ziehn mir endlich
andre vor.
23.
Pfleg ich drüber denn zu
klagen,
können sie fein spöttisch sagen,
Eiffert euch nicht so
geschwind,
Denn wir auff kein andre Knaben,
Als auf Euch ein Auge haben,
Aber darauff sind Sie blind.
24.
Nun ich kan GOTT lob mir
Ehren,
gar wol eine Damm ernehren,
meine Sachen stehen wol,
Ich behuffe
nicht zu borgen,
Darff auch noch zur Zeit nicht sorgen,
daß mich jemand
mahnen sol.
25.
Newlich in der Kisten
drunden,
hab ich einen Beutel funden,
einen langen Riemen dran,
vnd wo
ich mich kan besinnen,
war mein Paten Geld darinnen,
daß mein Vater
drein gethan.
26.
Das ist gnug zu einer
Frawen,
solte manche nur beschauen,
solchen Vorrath vnd mein Gut,
vielleicht möchte sie wol lachen,
vnnd jhr so die Rechnung machen,
Sie
kriegt so Ihr nöhtig thut.
27.
Degen, Büchsen,
Pulverflaschen,
Knebelspieß und Rattel=Taschen,
steiffe Böcke, kurtz
Gewehr,
Hund vnd Winde, Pferd vnd Wagen,
Ochsen, Küh, was sol ich sagen,
ich wol des Zeuges mehr.
28.
Die ich nun gern haben
wolte,
hat auch (wie ich hoffen solte)
wol ein ehrliches9 vor sich,
sie
wird gegen mein Vermögen,
mir kein Poppenzeug vorlegen,
dessen ich
versichre mich.
29.
Wenn wir den ins HErren
Rahmen,
brächten vnser Gut zusammen,
was solt vns wohl feilen10 mehr,
keinen Fleiß wir würden spahren,
wie dasselb von Jahr zu Jahren
möchte seyn vermehret sehr.
30.
Aber aller Praß11 bleibt
liegen,
weil ich keine Fraw kan kriegen,
Summa12 bin ich übel drann,
wann
das alles manche wuste,
Rasend toll sie wol seyn müste,
die mich nehme
nicht zum Mann.
(Quelle: Venus-Gärtlein.
Ein Liederbuch des XVII: Jahrhunderts. Nach dem Drucke von 1656,
herausgegeben von Max Freiherrn von
Waldberg, Halle a. S.: Max Niemeyer 1890, S. 92-96) - pd -
gemeinfrei)