EInsmahls da ich
lust bekam
1.
EInsmahls da ich lust
bekam, anzusprechen eine Dam, vnd sie freundlich fragte, ob jhr auch wol
gefiel, warlich nicht besonders viel, sie gar spötlich sagte.
2.
Ich sagte
warumb bin ich
nicht, ein gut Kerl gebt bericht, darauff fragte sie mir wieder, was denn
ein gut Kerl wer, ich sprach setzet euch vnbeschwer, etwas bey mir
nieder.
3.
Dann wil ich nach ewren
Sinn, was für ein gut Kerl ich bin,
euch die Wahrheit sagen. Vielleicht wenn ihr es nehmet ein, wirds euch nicht zu wiedern seyn, sondern euch
wolbehagen.
4.
Fürs erst bin ich
Echt, vnnd von einem guten Geschlecht! habe auch aller Orten,
mich geübt von
Jugend auff, nach der Welt Gebrauch vnd Lauff, daß ich groß bin worden.
5.
Ich habe
nicht gar viel
studiert, bin auch schon von Leib geziert, auch
nicht reich von Gelde,
jedoch bin ich
auch nicht dum, blind, lahm, sprachloß oder krum, sondern
frisch zu Felde.
6.
Ich hab
keinen stoltzen
Muth, mein Hertz ist auffrichtig gut,
ich mag auch nicht liegen,
Viel
Wort ich nicht machen kan, Ein Wort, ein Wort ein Mann, ein Mann, das
pfleget nicht zu triegen.
7.
Zu der Kauffmanschafft
wie auch, zu dem Handwerck ich nicht taug, denn ich
mich ernehre, mit
dem Degen und Pistol, vnd von meinen Feinden hoel, was ich stets
verzehre.
8.
Doch
sitz ich nicht gerne
still, wo der Krieg sonst taugen wil, Ehre zu erwerben, vnd was mir
sonst nötig thut, wage dran Leib und Blut,
mag nicht gern verderben.
9.
Ich
hör gern der Armen
Bitt, hab ich etwas theil ichs mit, ich
spendier die Heller,
auff ein
gut Pferd vnd Gewehr, giebt mit GOTT noch etwas mehr, so.schick ichs
nach dem Keller.
10.
Ich
esse gern was Gutes
auch, immer hab ich den Gebrauch, ein gut Kleid zu tragen,
ich bin from
so lang ich kan, wo nicht so pfleg ich mich alßdann, auch
frisch herum
zu schlagen.
11.
Ich hör gern der Musica
Klang, mich erfrewet ein gut Gesang, ich
lieb gute Gesellen, ich
verderb
kein gut Gelach, mit der Bursch mich lustig mach,
pflege mich frisch
anzustellen.
12.
Ich
lasse einen jeden
seine Ehr, ich liebe hübsche Mädlein sehr, pflege mich zu befleissen,
weil ich nicht reich bin noch fein, daß ich doch mög freundlich seyn,
jhn ein Dienst zu beweisen.
13.
Ich
bewerbe mich umb jhre
Gunst, sehe ich daß es ist umbsonst, ich darum nicht zürne,
ist die Jungfraw stoltz von Sinn, laß ich sie, vnd
mache mich hin, wol zu den
Bawern Dirne.1
14.
Nun bin ich etwas
außgerast, daß ich auff mein beste fast, mit der Zeit bin kommen,
tracht
ich auch einmahl nach Ruh, gedencke bey mir immer zu, nur ein weib
genommen.
15.
Weil ich, wie ich davor
halt, nicht zu jung bin noch zu alt,
wil ich mich umbschawen,
daß ich
länger allein nicht schlaff, sondern
mir hernechst verschaff, eine
hübsche Jungfrawe.
16.
So ein gut Kerl bin ich
nun, ich bitt wollet mir zu wissen thun, wo ich euch gefalle, sonst
mögt jhr versichert seyn, daß ich lieb euch allein, für die andern alle.
17.
Wollet jhr
nun so ist es klar, vnd wir werden bald ein paar,
darauff sprach sie gar sachte,
jhr
möget, wie es ist im schein, wol ein guter Kerl seyn, vnd
drauff
schmutzerlachte.2
18.
Als die Antwort ich
bekam, ich sie in meine Arme nahm,
küssete sie eins vnd fragte, was der
Abscheid endlich wehr,
kommet morgen wieder her, sie gar freundlich
sagte.
19.
Ich schwere so war als
ich bin, ein gut Kerl, ich geb euch hin, meine beyde Hände, daß
wie ein
gut Kerl ich, euch will beständiglich, lieben biß ans Ende.
(Quelle: Venus-Gärtlein.
Ein Liederbuch des XVII: Jahrhunderts. Nach dem Drucke von 1656,
herausgegeben von Max Freiherrn von
Waldberg, Halle a. S.: Max Niemeyer 1890, S. 109-111) - pd -
gemeinfrei)
Worterklärungen:
1
Bawern Dirne: ein
(einfaches) Bauernmädchen
2
schmutzerlachen: heimlich lachen,
schmunzeln

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