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Warenästhetik und Werbung

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Warenästhetik und ihre Rückkoppelungseffekte bei erotischen Appellen in der Werbung

Werbung hat etwas mit Warenästhetik zu tun, wie schon »Wolfgang Fritz Haug (geb.1936) (1970/1972a) herausgearbeitet hat.

Dass die "sinnliche Erscheinung und der Sinn des Gebrauchwerts" einer Ware sich von der Sache abhebt, liegt dabei nach Ansicht Haugs (1970/1972a, S.13) an dem Widerspruch, der im Tauschverhältnis liegt.

Dieser besteht danach darin, dass "der Käufer auf dem Standpunkt des Bedürfnisses (steht): sein Zweck ist der bestimmte Gebrauchswert, sein Mittel, diesen einzutauschen, ist der Tauschwert in Geldform. Dem Verkäufer ist derselbe Gebrauchwert bloßes Mittel, den Tauschwert seiner Ware zu Geld zu machen. [...] Dem einen gilt die Ware als Lebensmittel, dem anderen als Verwertungsmittel."

Wenn unablässig Waren produziert werden, geschieht dies von der Produzentenseite aus gedacht, also nicht primär darum Gebrauchswerte zu erzeugen, sondern Waren, die sich zum Verkauf eignen. Dabei können Waren allerdings nicht an den Wünschen und Erwartungen der Käufer vorbeiproduziert werden, wenn sie verkauft werden sollen.

Entscheidend ist aber, dass sich auf der Basis dieser widersprüchlichen Struktur ergibt, dass im Rahmen der Warenproduktion "ein Doppeltes produziert (wird): erstens der Gebrauchswert, zweitens und extra die Erscheinung des Gebrauchswertes. Denn bis zum Verkauf, mit dem der Tauschwertstandpunkt seinen Zweck erreicht, spielt der Gebrauchswert nur als Schein eine Rolle. Das Ästhetische im weitesten Sinne: sinnliche Erscheinung und Sinn des Gebrauchswerts, löst sich hier von der Sache ab. Beherrschung und getrennte Produktion des Ästhetischen wird zum Instrument für den Geldzweck." (ebd., S.14)

Dass der Gebrauchswert bis zu dem Zeitpunkt, bei dem er nach seinem Verkauf, der Realisierung des Tauschwertes, nur einen Schein darstellt, man könnte vereinfachend auch sagen eine Idee in Form eines Gebrauchswertversprechens, liegt daran, dass er ja erst dann konkret wird, wenn jemand von der Ware auch tatsächlich Gebrauch macht. Denn: "Bis zum Abschluss des Kaufaktes kommt es nur darauf an, welchen Gebrauchswert die Ware verspricht, nicht aber, welchen sie tatsächlich besitzt." (Haubl 1992, S.11)

In einer Welt gesättigter Märkte reicht es aber nicht mehr aus, das Gebrauchwertversprechen an die jeweils konkreten Qualitäten einer Ware als Produkteigenschaften zu koppeln. So kann ein Warenproduzent seinen von ihm industriell hergestellten Stuhl, einem Massenprodukt, von dem es unzählige Varianten gibt, nicht deshalb verkaufen, weil man darauf sitzen kann. Von seinem Tauschwertstandpunkt aus interessiert ihn das, wie oben schon ausgeführt wurde, auch vergleichsweise wenig. Interessant für ihn ist ja nur, ob das, was der potentielle Käufer als Gebrauchswert ansieht, ihn zum Kauf der Ware veranlasst. Die "Kunst" versteht darin, der Ware ein Image zu verleihen.

Dieses Image ist dabei nichts anderes als "die Abstraktion von den Gebrauchswerten als Qualitäten" (Haug 1970/1972a, S.23) Den "Allerweltserzeugnissen" (ebd., S.19) werden dabei neue Informationen zugeschrieben, die sich in gewisser Weise "vom Warenleib" ablösen und einen "übertriebenen Gebrauchswertschein"  (ebd., S.18) schaffen. Auf dem Weg der ästhetischen Abstraktion werden dabei Sinnlichkeit und Sinn der Ware von dieser abgelöst und getrennt verfügbar gemacht. Damit ergibt sich auch die Möglichkeit, ein Bild (Image), als eine quasi zweite Oberfläche der Ware zu erzeugen, die viel perfekter erscheint als es die sonstigen Warenqualitäten überhaupt sein können.

Allerdings hat die Produktion eines solchen Gebrauchswertscheins auch einen Haken, denn "die Erscheinung verspricht mehr, weit mehr, als sie je halten kann." (ebd., S.25) Damit ein Konsument einer Ware, wenn er von ihr Gebrauch macht, keine Enttäuschung erlebt, kommt es für den Warenproduzenten darauf an, "dass der Konsumenten einen als unbefriedigend erlebten Gebrauchwert nicht dem Produkt, nicht dem Gebrauchswertversprechen, mit dem für es geworben wird, und auch nicht dem Produzenten, sondern anderen Faktoren anlastet." (Haubl 1992, S.11)

Aus alldem ergibt sich die Frage: "Wie verändert sich jemand, der fortwährend erhält, was er wünscht - aber es nur als Schein erhält"? (Haug 1970/1972a, S.26) Wenn sich mit diesem Schein, den eine Ware verspricht, aber die Bedürfnisse, die durch sie geweckt werden, nicht wirklich befriedigt werden können, muss, wenn der Konsum dennoch befriedigend erlebt wird, dann geschieht dies dadurch, durch die Einnahme eines dem Scheinversprechen angepassten "korrumpierenden Gebrauchswertstandpunkt" (ebd., S.27), der "auf die Bedürfnisstruktur der Konsumenten (zurückwirkt)" (ebd.), den einzunehmen, die Menschen Tag für Tag in ihrer Lebenswelt trainiert werden.

Dabei darf man sich, was in der kapitalistischen Verwertung von Waren unter Ausnutzung der besonderen Warenästhetik nicht nur eine Art "planmäßige Verschwörung zur Korruption der Massen" (ebd.) sehen. Auch wenn das Idealziel der Warenästhetik darin besteht, ein "gerade noch durchgehende(s) Minimum an Gebrauchwert zu liefern, verbunden, umhüllt und inszeniert mit einem Maximum an reizendem Schein, der per Einfühlung ins Wünschen und Sehnen der Menschen möglichst zwingend sein soll" (ebd., S.28), bleibt als der reale Gebrauchwert, den ein Konsument von der Ware macht, stets auch erhalten. Wer sich heute also von dem Schein (Image) bzw. dem übertriebenen Gebrauchwertversprechen beim Kauf eines Automobils zum Kauf "korrumpieren" lässt, will am Ende immer noch von A nach B fahren können.

Wie Warenästhetik funktioniert und welche Auswirkungen sie auf die Menschen hat, die diese Waren auf der Grundlage ihres "Scheinversprechens" konsumieren, lässt sich besonders eindrücklich bei der Instrumentalisierung des sexueller bzw. erotischer Reize zur Erzeugung eines sexuellen Scheins. Auch in diesem Fall können industriell produzierte Waren nicht unmittelbar zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse dienen. Allerdings kann sich die Warenästhetik "die sexuelle Sinnlichkeit [...] in abstrahierter Form" (ebd., S.29) nutzbar machen. "Schein-Befriedigungen", die z. B. durch das Ausleben und Befriedigen von Schaulust ermöglicht werden, wirken dabei auf die Bedürfnisstruktur der Menschen zurück, indem "ein allgemeiner Voyeurismus verstärkt, habitualisiert, und (...) die Menschen (werden damit) in ihrer Triebstruktur auf ihn festgelegt." (ebd., S.29)

In einer von Triebunterdrückung geprägten Kultur, in der oftmals "Schuldgefühle und die Angst, die sie verursachen, den Weg zum Sexualobjekt erschweren, [...] springt die Ware Sexualität als Schein ein, vermittelt die Erregung und eine gewisse Befriedigung, die im sinnlich-leibhaften Kontakt nur schwer zu entwickeln wären." (ebd., S.29)

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Warenästhetik und ihre Rückkoppelungseffekte bei erotischen Appellen in der Werbung

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 03.11.2021

   
 

 
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