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Bausteine zu
emotionalen Appellen
▪ Arbeitsanregungen (Sammlung)
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Sexismus
▪
Sexistische Werbung
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Didaktische und methodische Aspekte
▪
Was ist eigentlich sexistische Werbung?
▪
Verschiedene Aspekte
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Der fortwährende Kampf gegen
geschlechterdiskriminierende Werbung
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Historische Aspekte des Sexismus in
der Werbung »
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Dimensionen sexistischer Werbung »
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Maßnahmen gegen den Sexismus in der Werbung »
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Bausteine
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Links ins Internet
Erotische Appelle in der Werbung
werden seit weit über hundert Jahren eingesetzt, um
Aktivierung und Aufmerksamkeit
zu erregen. "Sex sells" sagt man und bringt
damit die Erfahrung zum Ausdruck, dass erotische Appelle so manchen
Werbeerfolg möglich gemacht haben. Und doch: Sex in der Werbung ist auch
heute noch umstritten und erregt die Gemüter. Sexistische Werbung steht
häufig in der Kritik, insbesondere wenn sie dazu als frauenfeindlich an
den Pranger gestellt wird.
In
den USA und in Europa hat man schon etwa 1880 begonnen, mit Werbetexten
auf unbekleideten Mädchenrücken weibliche Reize für die Weckung von
Aufmerksamkeit einzusetzen. Und kaum 10 Jahre später wagte man auch schon
direkt weibliche Nacktheit in den Mittelpunkt von Anzeigen zu rücken (vgl.
Münzel 1963, S.360).
Aber erst die "Sexwelle" der siebziger Jahre
des 20. Jahrhunderts brachte eine regelrecht epidemische Verbreitung
sexueller und erotischer Reize in der Werbung. Fortan wurde nahezu für
alles mit Sex geworben, ob dieser nun mit der eigentlichen Werbebotschaft
einen Zusammenhang aufwies oder nicht. Sogar öffentliche Institutionen und
die politischen Parteien machten hier keine Ausnahme. Nicht selten
vermittelten sie dabei ein diskriminierendes Bild der Frau, was
insbesondere die Frauenbewegung mit vielfältigen Aktionen auf den Plan
rief. (Sexismus;
sexistische Werbung,
frauenfeindliche Werbung)
Warenästhetik und ihre Rückkoppelungseffekte
In der
kapitalistischen Warenproduktion spielt eine ▪
Warenästhetik, die sich
erotischer Reize bedient, eine herausragende Rolle. Schließlich geht
es dem Warenproduzenten dabei vor allem darum, seine Ware zu
verkaufen und damit einen Tauschwert in Geldform zu realisieren. Ob
das Produkt oder die Dienstleistung, die als Ware verkauft wird,
auch auf Seiten des Käufers oder Konsumenten erfüllt, was es
verspricht, wenn er davon konkret in seinem Handeln Gebrauch macht,
ist unter diesem Blickwinkel zweitrangig. Die Ästhetik von Waren,
die wie »Karl Marx
(1818-1883) einmal gesagt hat, "Liebesblicke nach den möglichen
Käufern werfen"
(Haug
1970/1972a, S.15), führt im Zusammenhang mit erotischen Appellen
dazu, dass "eine ganze Warengattung Liebesblicke nach den Käufern
(wirft), indem sie nichts anderes nachahmt und dabei überbietet als
deren, der Käufer eigne Liebesblicke, die die Käufer werbend ihren
menschlichen Liebesobjekten zuwerfen. [...] So entlehnen die Waren
ihre ästhetische Sprache beim Liebeswerben der Menschen." (ebd.
S.15f.)
Von besonderer
Bedeutung sind dabei Rückkoppelungseffekte, die aus dieser
Übertragung auf die soziale Praxis der Menschen entstehen. Wie
Haug (1970/1972a, S.16) weiter betont, kehrt sich nämlich dieses
Verhältnis dann dadurch um, "statt von der aus Verwertungsmotiven
aufreizenden Gebrauchsgestalt der Waren auf die Sinnlichkeit des
Menschen. [...] starker ästhetischer Reiz, Tauschwert und Libido
hängen aneinander wie in der »Geschichte
von der goldnen Gans".
Die physiologischen Reaktionen auf erotische Appelle
Grundsätzlich reagieren die Menschen zwangsläufig mit physiologischen
Reaktionen auf erotische Appelle. Zeigt man männlichen Versuchspersonen
beispielsweise die Darstellung eines nackten Mädchens erweitern sich die
Pupillen seiner Betrachter. Doch das bedeutet nicht, dass erotische
Appelle in der Werbung von vornherein eine verbesserte Werbewirkung
besitzen. Hier kommt es vor allem darauf ab, ob vom Betrachter ein
Zusammenhang zwischen dem erotischen Appell und der Werbebotschaft
hergestellt werden kann. Der produktschlüssige oder, wie man auch sagt, der
produktaffine
Einsatz erotisch getönter Werbung ist Voraussetzung seiner
Wirkung. Ist dies nicht der Fall, werden die erotischen Elemente zwar
ebenso stark fixiert, aber es kommt zu einer Entkoppelung von der
eigentlichen Werbebotschaft.
Die Werbeforschung ist hinsichtlich des Einsatzes von erotischen
Appellen u. a. zu folgenden Ergebnissen
gelangt (vgl.
Schierl 2001, S.108-111)
-
Erotische Appelle
entfalten ihre Wirkung auf Männer wie auch auf Frauen. (Messaris
1997, S.48f.)
-
Werbung mit Sex muss nicht in jedem Fall zu einer besseren
Markenerinnerung führen als eine Werbung ohne Sex. (Steadman, nach
Mayer 1979).
-
Der
Grad von Nacktheit in der Werbung wirkt sich nicht negativ auf die
Markenerinnerung aus. (Alexander/Judd
1978)
-
Die
Erinnerungsleistung des Rezipienten bei erotisch getönter Werbung hängt
auch von der jeweiligen grundsätzlichen Einstellung des Betrachters zu
sexueller Werbung ab. Wer Sex in der Werbung positiv oder zumindest
neutral sieht, erinnert sich besser an derartige Werbung. (Steadman)
Unter Umständen ist die Markenerinnerung sogar bei einem neutralen
Standpunkt am größten. Wer solche Werbung dagegen ablehnt, der erinnert
sich weniger daran (Alexander/Judd
1978).
-
Die
Verwendung expliziter sexueller Motive in der Werbung hat keinen
negativen Einfluss auf die Markenerinnerung, wirkt sich aber unter
Umständen negativ auf die Erinnerung von Inhalt und Verstehbarkeit
inhaltlicher Aspekte der Werbebotschaft aus (Severn/Belch/Belch
1990).
-
Insbesondere bei Produkten, die einem Rezipienten irgendwie sexuell
relevant erscheinen, wird erotisch getönte Werbung als interessanter,
origineller, unterhaltender aber auch aggressiver eingeschätzt und
verstärkt die Kaufbereitschaft. (Severn/Belch/Belch
1990)
-
Wenn
sexuelle Appelle effizient sein sollen, muss zwischen Marke und
erotischem Motiv ein glaubhafter und nachvollziehbarer Bezug hergestellt
werden können. (Eigler
2000, S.77)
Erotische Motive in der Werbung können die
Wahrnehmung und die Beurteilung eines
Produkts beeinflussen. Sie wirken sich damit unmittelbar auf
das Produktimage aus. Allerdings
erweist sich dieser Einfluss auch als komplexer als es zunächst den
Anschein hat. Allerdings kann es auch leicht passieren, dass "die
sexuellen Reize den größten Teil der Aufmerksamkeit auf sich ziehen und
vom eigentlichen Anliegen der Werbung (z. B. der Bekanntmachung eines
Produktnamens)" ablenken (Mayer/Däumer/Rühle
1982, S. 155) Das einfache "Sex sells" gestaltet sich eben doch
komplizierter als dies die Formel glauben machen will.
So konnte man beispielsweise im Bereich der
Autowerbung nachweisen,
dass ein attraktives weibliches Modell das beworbene Auto in den Augen
seiner männlichen und weiblichen Betrachtern ansprechender, jugendlicher,
lebendiger, teurer, schneller, stärker und schöner im Design machte, als
ohne einen solchen erotischen Reiz, aber zugleich erschien es im ersten
Fall den Rezipienten auch unsicherer. (Smith/Engel, nach
Schierl 2001, S.110)
Es empfiehlt es sich also beim Einsatz erotischer Appelle
genau darauf zu achten, welche Wirkungen sie für das Produktimage haben,
wenn im selben Rezeptionsvorgang sowohl positive Einstellungen gestärkt
als auch negative Assoziationen ausgelöst werden können.
Darüber hinaus muss man wohl auch immer damit rechnen,
dass bestimmte Rezipienten, die Sex in der Werbung ablehnen, dies mit der
betreffenden Marke negativ verbinden. Und schließlich ist auch nicht von
der Hand zu weisen, dass es mündige und intelligente Konsumenten gibt, die
massive Vorbehalte gegen derart "plumpe" Beeinflussung haben. Doch
unterliegen solche Einstellungen auch vielfältig bedingten
Wandlungen:
"Während beispielsweise junge barbusige Damen, die sich in
den 70er Jahren für die wilde Frische von Limonen der Seife FA in die
Meeresbrandung warfen, eher als Ausdruck gegen Kleinbürgermuff und das
Spießertum der Wiederaufbaujahre denn als chauvinistisch-kommerzieller
Missbrauch weiblicher Reize gewertet wurden, führen allzu platte Appelle,
zu denen sexuelle besonders dann gehören, wenn sie nicht produktaffin
eingesetzt werden, zu Verstimmung und negativer Beurteilung (von
Gehr 2000, S.73). Im weiteren hat sich generell das Frauenbild
in der Gesellschaft und damit die akzeptierte Darstellungsmöglichkeit von
Frauen in den letzten Jahren deutlich geändert. Werbung, sofern sie
erfolgreich sein will, sollte diese wie alle anderen Strömungen der
Gesellschaft sensibel beachten und umsetzen (Schierl
1998)." (Schierl
2001, S. 111)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.11.2021
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