Emotionen (vgl.
Arbeitsdefinitionen),
die u. a, von der
Emotionspsychologie
wissenschaftlich untersucht werden, nehmen großen Einfluss auf Menschen. Sie wirken sich auf ihr
gesamtes Handeln und Verhalten aus. Gefühle können sich -
dies ist für den Bereich der
Werbung besonders wichtig -
u. a. auf die
Wahrnehmung, auf die
Aufmerksamkeit auswirken. Ebenso große
Bedeutung haben Emotionen aber auch für die Informationsspeicherung und
das
Lernen überhaupt.
Emotionen lassen sich nach bestimmten
▪
Merkmalen voneinander
unterscheiden (▪
Stärke,
▪
Richtung,
▪
Qualität,
▪
Bewusstsein).
Sie stellen
aber kein für alle Menschen quasi überindividuell ablaufende Programme
dar, gelten nicht einfach universell.
Auch wenn sich aus phylogenetischen
Gründen der Hirnentwicklung beim Menschen Emotionen nicht so einfach
"rational kontrollieren" lassen, hängen sie doch in gewissem Maße von
individuellen Persönlichkeitsstrukturen des einzelnen ab.
Wenn wir eine
Emotion erleben, sind in der Regel mindestens vier Komponenten
beteiligt.
An der ▪
Entstehung einer aktuellen
Gefühlsregung sind das ▪
Ereignis, d.h. der Reiz, der
die Reaktion auslöst, der ▪
situative Kontext, die ▪
Momentanverfassung einer Person beim Eintreten des Ereignisses und ▪
emotionale Schemata beteiligt, die
von der Person im Laufe ihres Lebens ausgebildet worden sind, um
emotionale Reaktionen zu vereinfachen bzw. zu automatisieren.
Für die Werbung ergeben sich daraus klare Konsequenzen.
Für die
▪
Werbung sind die
emotionalen Reizwirkungen auf die
▪
Wahrnehmung, die
Beurteilung von Objekten
und das Gedächtnis besonders wichtig.
(vgl.
Schierl 2001, S.97-106)
Emotionen wirken sich als aktivierende Reize auf die
Wahrnehmung aus und diese wiederum nimmt auf den Grad der (weiteren)
Aktivierung Einfluss (=
▪
reziprokes Verhältnis von Wahrnehmung
und Aktivierung).
Sie fokussieren die Aufmerksamkeit innerhalb
komplexer Reizsituationen auf einen bestimmten Reiz bzw. eine bestimmte
Reizgruppe.
Das verdeutlicht z. B. die Tatsache, dass sich Zeugen eines
Verbrechens häufig zwar sehr gut an Einzelheiten einer bedrohlichen Waffe
erinnern, anderes aber nur sehr ungenau und mit großen Lücken haften
bleibt.
Emotionen können, wenn sie positiv erlebt werden,
-
auch einen
positiven Einfluss auf die Einstellung des Konsumenten zur Werbung (Aad)
oder zur Marke (Attitude towards the brand) haben
-
unter Umständen
sogar die Kaufabsicht beeinflussen
-
zu einem
tieferen emotionalen Erleben des beworbenen Produkts oder der beworbenen
Dienstleistung führen.
Das liegt daran, dass der Adressat der Werbung
diese Emotionen im Rahmen eines (werblichen) Kommunikationsvorgangs erlebt
und mit dem Kommunikationsthema bzw. Werbeobjekt verbindet.
Das
hat dann wiederum
Auswirkungen auf das Produktimage, es "markiert" ein Produkt "emotional"
und macht es dadurch in bestimmten Konsumsituationen leichter aus dem
Gedächtnis abrufbar. Es funktioniert um so besser, je mehr die werbliche
Information an bestimmte Erfahrungen des Konsumenten gekoppelt werden
kann, das Werbeobjekt also ein "klares emotionales Erlebnisprofil"
(Kroeber-Riel
1984, S.120f.) besitzt.
Besonders bemerkenswert ist dabei, dass der durch emotionale Reize
entstandene subjektive Eindruck eines Produktes Eigenschaften wie
Schönheit, Geschmack, Wirkung, Qualität und Stärke umfassen kann,
auch
wenn diese Attribute der tatsächlichen Beschaffenheit des Produkts
entgegenlaufen.
Der Konsument soll also durch die Werbebotschaft dazu
gebracht werden, und dies ist durch zahlreiche Untersuchungen hinreichend
bewiesen, die in der Werbebotschaft verwendeten emotionalen Reize auf
seine Wahrnehmung des Produktes zu übertragen. Ob dies aber
tatsächlich auch gelingt, ist durchaus umstritten.
Die Bedeutung des emotionalen Eindrucks in
einer kaum mehr unterscheidbaren Waren- bzw. Objektwelt
Für die Werbung sind Erkenntnisse über die Wirkung von Emotionen besonders
wichtig, denn viele Produkte lassen sich heutzutage von ihren
Konkurrenzprodukten durch den Konsumenten kaum mehr anhand von objektiven
Produkteigenschaften unterscheiden (funktionale,
qualitative und ästhetische Austauschbarkeit).
Hier kann sich
der Adressat bzw. die Adressatin
häufig nur noch auf der Basis seines emotionalen Eindrucks für die eine
oder andere Ware bzw. Dienstleistung entscheiden, der ihm wiederum durch
die verwendeten emotionalen Reize der Werbung vermittelt werden soll.
Wie
gut das funktioniert, zeigen Untersuchungen, die den
Einfluss von Etiketten und Verpackung auf die geschmackliche Wahrnehmung
(Irradiationseffekte) analysiert haben.
So ließ sich zeigen, dass der gleiche Wein je nach Verpackung
unterschiedlich beurteilt worden ist (Nöhmayer
1986) und dass von Etiketten eine ähnliche Wirkung auf das
Geschmackserleben ausgeht (Schrattenecker
1986).
Positive und negative Reize und ihr
Aktivierungspotential
Angenehme, positive Reize haben, je nachdem wie
der Konsument gestimmt ist, ein ähnlich hohes Aktivierungspotential wie
unangenehme, negative Reize.
Beide Richtungen von Emotionen fördern
dementsprechend auch ähnlich gut das Behalten von Informationen. Da aber
nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich unangenehme emotionale Reize
auch negativ auf den emotionalen Eindruck des Produkts auswirken,
vermeidet man in der Werbung negative Reize.
Aus diesem Grund vermeidet z.
B. die
▪
Kfz-Industrie in ihrer Werbung bei der Darstellung von
Sicherheitsaspekten ihrer Autos, deren Crash-Tauglichkeit mit Bildern unter
Beweis zu stellen, die die Stabilität der Fahrgastzelle nach einem Unfall
unter Beweis stellen könnten.
Die
Aktivierung durch emotionale Reize kann die Leistungen des
Gedächtnisses beim Behalten
und
Lernen verbessern. Dies
macht sich auch die Werbung zu nutze, indem sie versucht, "über tiefer
gehende Botschaften, Anteilnahme, Erlebnis- und Gefühlswerte zu
vermitteln, um so die Kernbotschaft des werblichen Kommuniqués beim
Konsumenten möglichst fest zu verankern." (Schierl
2001, S.101) Die Werbeforschung ist dabei
unter anderem zu folgenden Ergebnissen gelangt:
-
Emotionale Reize
werden deutlich besser erinnert als solche, die eher neutral oder
emotionsschwach sind.
-
Angenehmes wird
besser als Unangenehmes, Unangenehmes besser als Neutrales erinnert.
-
Neutrale
Botschaften werden leichter übersehen und wieder vergessen.
-
Positiv
gestimmte Personen ziehen emotional positive Reize vor und können sie
besser behalten. Negativ gestimmte Personen dagegen negative Reize (Konzept
der Stimmungskongruenz).
-
Der
Gedächtniseindruck emotionaler Reize ist stabiler als der von primär
kognitiv ausgerichteten Informationen, die schneller wieder vergessen
werden. ("Je emotionaler,
desto besser")
Persönlichkeitstypen und emotionale Reize
Nicht alle Menschen sind für
emotionale Reize in gleicher Weise empfänglich. Insofern lässt sich nicht
so ohne weiteres behaupten, dass emotionale Reize universell wirken.
So hat man festgestellt, dass man bei der Wirkung
emotionaler Reize in der Werbung zwei verschiedene
Persönlichkeitstypen unterscheiden
kann:
Auch wenn intelligente Zielgruppen unter
Umständen für sachliche Werbung eher empfänglich sind, scheint doch zu
gelten, "dass unabhängig von der Intelligenz der Empfänger, psychische
Prozesse wie Aufmerksamkeit und Wahrnehmung besser durch emotionale als
durch rationale Appelle stimuliert werden (Kroeber-Riel
1972, S.19)." (Schierl
2001, S.103) Wenn Werbung auf emotionale Reize und ihre
Wirkung setzt, kann dies, das zeigen solche Überlegungen, nicht mit der
Hoffnung auf deren universelle Wirkung geschehen. Soll ihr Einsatz Erfolg
versprechend sein, muss man insbesondere ein klares Verständnis von
emotionalen Reizwirkungen im Allgemeinen und eine vernünftige Analyse der
zusammenwirkenden Komponenten besitzen.
So ist es zwingend erforderlich,
dass man sich vor der Gestaltung einer bestimmten Werbebotschaft
eingehend mit den ▪
emotionalen Schemata
seiner potentiellen Kunden befasst, die zum Einsatz kommenden emotionalen
Reize auf ihre Verbindlichkeit hin prüft und die kulturspezifischen
"Gefühlswelten" berücksichtigt. (vgl.
Schierl
2001, S.106) Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.11.2021
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