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Es ist die Zeit der Auseinandersetzung mit den körperlichen Veränderungen,
der Einordnung in die Gesellschaft der Erwachsenen und des Eintritts ins
Berufsleben. Alle diese Veränderungen müssen bewältigt werden, treffen auf
ein unreifes Ich (A. Freud, 1968), das diese Veränderungen nur zum Teil
verstandesmäßig integrieren kann. Der Wunsch alles schon selber zu können
bei gleichzeitiger Unfähigkeit dazu führt zu den so genannten schweren
Erfahrungen der Jugendzeit. [...]
Änderungen der Objektbeziehungen
Um unabhängig und selbständig zu werden, muss sich der Jugendliche von
den Eltern als seinen wichtigsten Liebesobjekten lösen. Das führt zum
Beispiel zu demonstrativer Gleichgültigkeit, zur Herabsetzung der Eltern
als unnütz und/oder unfähig. Demonstrative Aufsässigkeit und Rebellion
gegen die bisherigen Normen kann vorkommen und ist als "gesund"
einzuschätzen. [...]
Immer wieder kommt es zu Rückfällen in Hilflosigkeit und Abhängigkeit von
den Eltern und Erziehern, die mit Liebe und Toleranz zu ertragen sind.
[...}
Grundsätzlich gilt: Je enger das Verhältnis zwischen Kind und Eltern war,
desto stürmischer der Trennungskampf.
Zeit der Gefühlslabilität und des Protestes
Gefühlslabilität - hoch und tief: (ups and downs): Empfindlichkeit wird
von übertriebener Selbstkritik abgelöst, eine Neigung zu depressiver
Verstimmung kommt sehr oft vor (J.W. v. Goethe: "Himmelhoch jauchzend - zu
Tode betrübt / Glücklich allein die Seele, die liebt (Käthchen in Faust
I.)
Die Kinder werden oft bockiger, rücksichtsloser, grausamer,
zerstörerischer, schmutziger, unmoralischer, schon, um sich abzulösen, um
zu zeigen, dass sie "anders" sind. Es kann helfen, darauf nicht
einzugehen, manchmal nützen auch Auseinandersetzungen darüber. Wenn man
aber auf sie aber eingeht, muss man wissen, dass man dadurch manchmal das
bekämpfte Verhalten bestärkt.[...]
Änderung des Körperbildes
Die gesteigerte Selbstwahrnehmung bei Änderung des Körperbildes
beunruhigt und führt zu verstärktem Schamgefühl und Zunahme des
Intimitätsbedürfnisses. Der Körper wird als peinlich empfunden, der
Jugendliche fühlt sich unsicher, wie er auf die Umgebung wirkt, versteckt
den Körper unter weiter Kleidung (ev. auch skurrile Haartracht, um damit
fertig zu werden und/oder zu einer als "Heimat" empfundenen Gruppe zu
gehören - Zauber der Montur in anderer Form).
Versuche das Körperbild zu verändern können sein:
Pubertätsmagersucht, Übergewicht,
Selbstverstümmelung (Pearcing = Selbstverstümmelung und Schmuck).
Die Grundlagen können in einer Ambivalenz zwischen Ablehnung und Akzeptanz
der eigenen Körperlichkeit, der Rollenverständnisse und Lebensführung der
Eltern liegen und oft auch unbeholfene Versuche der Pflege der eigenen
Person darstellen.
Die Akzeptanz des eigenen Körpers erfolgt frühestens in der späten
Adoleszenz, bei vielen Menschen (bei Frauen öfter als bei Männern) sind
Diätfetischismen und Körperwahrnehmungsprobleme lebenslange Begleiter.
Änderung der sozialen Kontakte
Die Ablösung von der Familie geht mit Stimmungsschwankungen einher und
erfordert Ersatz durch Freundschaft mit (gleichgeschlechtlichen)
Gleichaltrigen, dann kommt es zur Zuwendung zu einer Gruppe von
Gleichaltrigen und Gleichgesinnten (peer - group, Cliquen), deren
Führerschaft man als unumstrittene Autorität anerkennt und/oder Hinwendung
zu Leitfiguren wie Filmschauspielern, Dichtern, Philosophen, Politiker,
Gurus oder Idole der Popkultur.
In der
späten Adoleszenz verliert die Gruppe an Attraktivität und es kommt
zur Aufnahme von Intimbeziehungen, die dann eine neue, wichtigere Stütze
geben.
Aufbau einer eigenen Identität
Es kommt zur Zunahme der Urteilsfähigkeit bei gleichzeitigem Wachsen
der Phantasiewelt (Tagträume). Berufsvorstellungen werden oft überaus
idealistisch gesehen. Elterliche Scheinheiligkeit wird durchschaut und
angeprangert.
Durch Omnipotenzgefühl (=Allmachtphantasien) und dem Wunsch nach
Grenzerfahrungen ("Was kann ich alles") kommt es vermehrt zu Sport- und
Freizeitunfällen.
Die Entwicklung eigener moralischer Werte ist nun das Thema und äußerst
bedeutsam. Der Jugendliche will - im besten Falle - alles besser machen.
Seine Beziehung wird nicht durch Trennung, Untreue etc. ruiniert; sein
Berufsleben wird keine Vetternwirtschaft kennen und so fort. [..]
Erst langsam entwickelt sich - auch in der Auseinandersetzung mit der
Realität - ein zunehmender Realismus, der zu realistischeren
Berufsvorstellungen führt. Das führt dann - oft viel zu früh (manche
Menschen werden schon als "Alte" geboren) zur Kompromissbereitschaft und
der Bereitschaft, Grenzen zu akzeptieren.
Biologische Reifung und soziale Integration
Längere Lernzeit bei gleichzeitiger Akzeleration (Beschleunigung) der
körperlichen Reifung vergrößert die Diskrepanz zwischen physischer und
sozialer Reife. Diese Grenzposition führt zu Rollen- und
Statuskonflikten.
- Rolle = Summe der Verhaltenserwartungen, die die Gesellschaft an
eine Person heranträgt (Pflichten). Rollenkonflikte entstehen, wenn vom
Jugendlichen bereits ein erwachsenenmäßiges Verhalten erwartet wird, zu
dem er noch gar nicht fähig ist, oder wenn er noch als Kind behandelt
wird, obwohl er sich schon halb oder ganz erwachsen fühlt.
- Als Status bezeichnet man die mit einer Position (als Sohn/Tochter,
Schüler, Lehrling, Kamerad) verbundenen Erwartungen des Betreffenden in
Bezug auf seine Selbständigkeit, sein Mitspracherecht, die gebührende
Anerkennung, die Verantwortung und Entscheidungsfreiheit etc..
Statuskonflikte entstehen, wenn der Jugendliche z.B. mehr Rechte
verlangt, solche Ansprüche nicht ihren Möglichkeiten entsprechen und
nicht mit den Erwartungen ihrer Umwelt übereinstimmen.
(aus: Ingomar D. Mutz und Peter J. Scheer, Pubertät und Adoleszenz (1);
nach einem Fortbildungsvortrag (I.D. Mutz) von Krankenpflegepersonal,
Veranstalter: Firma Milupa, Bruck/Mur im Herbst 1997,
http://www-ang.kfunigraz.ac.at/~scheer/doc/pubertaet.html, 3.1.04,
leicht geändert)
Worterklärungen:
Adoleszenz: Zeit der physischen und
psychischen Reifung eines Menschen; man unterscheidet drei Phasen: frühe
A. 10./11. - 14 Lebensjahr; mittlere A. 14 - 16./17. Lebensjahr;
späte A. 16./17. - 21.
Lebensjahr
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