Wahlen gehören zu einem demokratischen Verfassungsstaat
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Wahlen
gehören zu den grundlegenden Funktionen des demokratischen
Verfassungsstaates. Sie dienen der Herstellung kollektiver Entscheidungen
mit bindender Wirkung für das Gemeinwesen, die "so genau wie möglich an
den tatsächlichen Willen des Gemeinwesens" gekoppelt sind.
Das Prinzip der Volkssouveränität, wonach in einem
demokratischen Gemeinwesen alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht (vgl.
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GG Art. 20, Abs. 1), bindet
die Staatsgewalt durch "Wahlen und Abstimmungen" (▪
GG
Art. 10, Abs.2) an den Willen des Volkes, der mit diesen
möglichst authentisch abgebildet werden soll.
Natürlich
kommt es dabei auch zu kollektiven Entscheidungen, die den Vorstellungen,
Wünschen und Interessen vieler Mitglieder der Gesellschaft widersprechen
oder irgendwie zuwiderlaufen. Dennoch beugen sie sich diesen
Entscheidungen, weil sie einsehen, "dass das Verfahren der Willensbildung,
Entscheidungsfindung und des Vollzugs bindender Entscheidungen den besten
erreichbaren Kompromiss aus individuellen Wünschen und Interessen und
kollektiven Koordinationszwängen darstellt."
Gesetze, die auf diese Weise
zustande kommen, "werden unvermeidlich den Wünschen und Interessen einer
Minderheit immer zuwiderlaufen. Aber dies ist für die Minderheit
hinnehmbar, solange die 'Spielregeln' der Meinungsbildung und
Entscheidungsfindung der Minderheit die Chance lassen 'beim nächsten Mal'
zur Mehrheit zu werden." (Seibel
1994, S.110)
Wahlen sind auf Wettbewerb ausgelegt
Der offene Wettbewerb
politischer Meinungen und Interessen im Ringen um seine politische
Durchsetzung kommt in Wahlen besonders klar zum Ausdruck.
Damit eine Wahl
auch Wahlcharakter hat, muss es natürlich auch etwas zu wählen geben. Gibt
es die Wahl zwischen mindestens zwei Alternativen, dann ist der "kompetitive
Charakter " (Nohlen
1990) von Wahlen augenscheinlich. In der Regel sind
demokratische Wahlen auch kompetitiv, also auf den Wettbewerb hin
angelegt.
Und trotzdem gibt es auch in demokratischen Verfassungsstaaten
Wahlen, die nicht kompetitiv verlaufen.
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Manchmal gibt es z. B. in
irgendwelchen Gremien nur eine Person, die sich als Kandidat oder
Kandidatin für den Vorsitz zur Verfügung stellt.
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In anderen Fällen ist eine
nicht-kompetitive Wahl auch
einfach Tradition, ohne dass dies der Demokratie Abbruch tut. Dies ist
zum Beispiel bei der Wahl des Präsidenten bzw. der Präsidentin des
Deutschen Bundestags der Fall. Dieses Amt wird wie bei anderen Organen
des Bundestages auch nach Absprache der Fraktionen personell besetzt.
Gewöhnlich wird der Bundestagspräsident von der stärksten Fraktion
gestellt.
Wahlen dürfen keine bloße Akklamation sein
Wahlen dürfen, sofern sie ihren demokratischen Charakter nicht
verlieren wollen, auf keine bloße
Akklamation durch das Wahlvolk hinauslaufen, wie dies in
zahlreichen diktatorischen Regimes der Vergangenheit und Gegenwart zu
beobachten ist.
Solche politischen Inszenierungen mögen der scheinbaren
Legitimation diktatorischer Machthaber mehr oder weniger gut dienen
können, Ausdruck einer demokratischen Herrschaftsbestellung und Ausdruck
echter politischer Beteiligung sind solche Akklamationsprozesse freilich
nicht.
Scheinwahlen täuschen über die wahren politischen Verhältnisse hinweg
Findet irgendwo auf der Welt eine Wahl statt, heißt das eben noch lange
nicht, dass solche Wahlen unter demokratischen Vorzeichen stattfinden.
In vielen Ländern der Welt, wo Diktaturen oder autoritäre Regime
herrschen, werden häufig Scheinwahlen (Pseudowahlen)
durchgeführt, die nur dazu dienen eine scheinbare Zustimmung des
Wahlvolkes zu einem solchen Regime nach innen und außen zu
signalisieren. Stehen anstehende Wahlen in bestimmten Ländern unter
Verdacht, auf irgendeine Weise manipuliert zu werden (z.B. Stimmen
könnten gefälscht werden, Wahlurnen verschwinden oder bestimmte Wähler
am Wählen gehindert werden) kommen nicht selten im Auftrag der Vereinten
Nationen neutrale Wahlbeobachter
aus anderen Ländern zum Einsatz, die darauf achten sollen, ob bei dieser
Wahl alles mit rechten Dingen zugeht.
Demokratische Wahlen orientieren sich an demokratischen Grundsätzen
Wahlen in einem demokratischen Verfassungsstaat orientieren sich an vier
bzw. fünf ▪
Wahlgrundsätzen.
Häufig wird ein fünfter
Wahlgrundsatz hinzugefügt, nämlich die ▪
unmittelbare Wahl. Das liegt vor allem daran, dass sich der
Begriff nicht so eindeutig fassen lässt, wie er vorgibt.
Wahlen erfüllen vier Hauptaufgaben
Die ▪ Aufgaben und Funktionen von Wahlen
im demokratischen Verfassungsstaat sind vielfältig.

Was als Hauptfunktionen von Wahlen angesehen wird, ist
in der politikwissenschaftlichen und politikdidaktischen Literatur
jedoch nicht einheitlich festgelegt. So lassen sich auch Beispiele dafür
finden, die von drei Grundfunktionen von Wahlen (z.B. Legitimation,
Partizipation und Kontrolle) ausgehen. In solchen Fällen werden
bestimmte Aspekte eben unter andere Oberbegriffe gefasst.
Ebenso
uneinheitlich sind natürlich auch die Bezeichnungen, die zur Verwendung
der (Haupt-)Funktionen verwendet werden. So werden Begriffe Herrschaftslegitimation,
Herrschaftskontrolle und politische Partizipation für die oben genannten Begriffe verwendet.
Der Begriff der Integration wird unter jeweils anderer Akzentsetzung
auch weitgehend synonym mit dem Begriff der Delegation (von
Mandaten) verwendet.
Es verschiedene demokratische Wahlsysteme bzw.
Wahlrechtssysteme
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Unterschiedliche Wahlrechtssysteme
sorgen in demokratischen verfassten Staaten auf verschiedene Art und mit
andersartiger Schwerpunktsetzung für eine möglichst genaue
Proportionalität bei der Zusammensetzung des Parlaments entsprechend des
Wählerwillens (▪
Verhältniswahlrecht)
oder aber für eine möglichst hohe Effektivität bei der demokratischen
Bestellungen einer möglichst stabilen und handlungsfähigen Regierung (▪
Mehrheitswahlrecht). Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
27.01.2020
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