Schreiben ist immer ein Prozess
Schreiben ist ein vielschichtiger Prozess, bei dem vielfältige
kognitive, sprachliche, kreative und soziale Leistungen erbracht
werden.
Verschiedene Modelle
versuchen, den Schreibprozess zu analysieren und zu beschreiben.
Diese Modelle werden Prozessmodelle oder prozessorientierte
Modelle genannt.
Das
bekannteste Modell stellt das
▪ Schreibprozessmodell von John Hayes und Linda Flower (Hayes/Flower 1980)
dar.
Sie haben, weil das, was beim Schreiben im Innern eines
Schreibers vorgeht, nicht beobachtet werden kann, bei geübten Schreiberinnen und Schreibern mit der
Methode des lauten Denkens
beobachtet. Im Anschluss daran haben sie diese Denkprotokolle
ausgewertet und analysiert, welche kognitiven Aktivitäten und
Steuerungsprozesse beim Schreiben aufgetreten sind.
Ausgehend von äußeren Faktoren des sog.
Aufgabenumfelds (Schreibaufgabe,
bereits geschriebener Text im weiteren Schreibprozess) geht es davon
aus, dass sich Schreiben in drei vielfältig miteinander gekoppelten
Prozessen abspielt, die im Allgemeinen gleichzeitig ablaufen. Man
spricht in diesem Zusammenhang von ▪
Rekursivität
der Teilprozesse.
Prozessmodelle stellen keinen Masterplan für jeden
Schreiber dar
Die Teilschritte des Schreibprozesses dürfen nicht
falschen Vorstellungen über das Schreiben führen. Das Schreiben ist
kein sequenzieller Vorgang, bei dem in
linearer Weise und in klar abgrenzbarer Form eine Produktionsstufe auf
die andere folgt.
Die Zerlegung des Schreibens in
solche Teilschritte dient vor allem dazu, das Ganze etwas
durchschaubarer zu machen (vgl .Fix 2006/2008,
S.56) So ist also der Schreiber immerzu gefordert, den
zum Zweck der Komplexitätsreduktion in Teilschritte zerlegten
Schreibprozess, durch die simultane Lösung der interdependenten
Teilprobleme zu gestalten. (vgl .Fix 2006/2008,
S.44)
In jedem Fall gilt es zu bedenken: Die Prozessmodelle des
Schreibens
laufen auf ihre Weise
Gefahr, die Textproduktion zu schematisch zu begreifen oder
schematisch rezipiert zu werden. Wenn dies geschieht, werden sie der
Vielschichtigkeit des Schreibens nicht gerecht.
Prozessmodelle sind daher, das sei auch an dieser Stelle noch einmal
unterstrichen, unter didaktischem Aspekt lediglich eine "Hilfsstruktur" und sind in keinem Fall als "Idealplan"
zu verstehen, der von jedem Schreiber nachvollzogen werden sollte. (vgl.
Fix 2006/2008, S.44)
Insbesondere der schulische Schreibunterricht darf
sich nicht schematisch daran orientieren, sondern muss die
individuellen Unterschiede der Schülerinnen und Schüler bei der
Gestaltung ihres Schreibprozesses berücksichtigen.
Problemfragen als Strukturierungshilfen

Rekursivität und Interdependenz der in dem
Schreibkompetenzmodell von
Fix (2006/2008) zu lösenden
Problemfragen (s. Abb.) werden schnell ersichtlich, wenn man sich überlegt, dass
man mit der Antwort auf eine der Problemfragen, keinen vernünftigen
Schreibprozess in Gang bringen bzw. in Gang halten kann, ohne
zugleich in irgendeiner Art und Weise die andere auch zu
beantworten.
Trotz dieser Interdependenz und der Gefahr, Prozessmodelle zu schematisch
als eine lineare Abfolge aufzufassen, ist es wohl auch aus didaktischen Gründen hilfreich, mit
den in der Übersicht genannten und davon ableitbaren konkreteren
Problemfragen auf einzelne Aspekte des Schreibprozesses zu fokussieren.
So können sie als Strukturierungshilfen dienen. (vgl.
ebd.,
S.32f.)
Die Orientierung am schreibenden Experten ist
problematisch
Und auch die Orientierung am "Oberflächenverhalten"
(vgl.
Portmann (1966,
S.162) von Schreibexperten mit ihrer "stets planvollen, partnerbezogenen
kommunikativen Handlung" (Fix 2006/2008,
S.39) (vgl.
▪ Die Denkfigur des schreibenden Experten) ist für den schulischen
Schreibunterricht keineswegs unproblematisch.
-
Schülerinnen und
Schüler haben nämlich mit einer solchen
Top-Down-Strategie oft beträchtliche
Schwierigkeiten (ebd,,
S.40).
-
Zudem erscheinen solche Modelle auch angesichts der vielschichtigen Dimensionen des
Schreibens als zu sehr zweckrational ausgerichtet (vgl.
Ortner 2000,
S. 100)
-
Dennoch: Aus didaktischen Gründen ist wohl doch hilfreich,
mit konkreten Problemfragen auf einzelne Aspekte des Schreibprozesses zu fokussieren. So können sie als Strukturierungshilfen dienen. (vgl.
Fix 2006/2008, S.32f.)
» Fragebogen zur
Selbsterkundung Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024
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