Schreiben muss auch "Spaß" machen, würden Schülerinnen und Schüler
wohl betonen, wenn sie sich über ihr Schreiben äußern. Was sie damit
meinen, ist, dass die Schreibaufgaben sie zum Schreiben
motivieren
und ihnen dabei helfen soll, den
Schreibprozess auch dann fortzuführen, wenn die "Schreibarbeit"
und alles, was dazugehört, eben nicht nur vordergründig Spaß
bereitet, sondern stets auch Anstrengung ist.
Schreibaufgaben
müssen zum Schreiben motivieren. Das ist zunächst eine banal
daherkommende Aussage. Wer keine Lust hat zu schreiben, wird nicht
mit dem
Schreiben beginnen und einen begonnenen
Schreibprozess auch nicht zu Ende führen.
Allerdings ist das mit der "Lust" oder dem "Spaß" beim Schreiben
keine einfache Sache und die Tatsache, ob man mit dem Schreiben
beginnt und es fortführt, ein Vorgang, der zahlreiche psychische,
emotionale, kognitive Aspekte und psychomotorische Aspekte hat. Und
natürlich spielt auch die Schreibaufgabe in diesem Wirkungsgefüge
nur eine bestimmte, allerdings durchaus wichtige Rolle, die in allen
▪ Modellen
des Schreibens herausgestrichen wird.
Schreibaufgaben müssen ein ableitbares Schreibziel
haben
Handelt
es sich um Schreibaufgaben, so ist im schulischen Kontext und bei der individuellen
▪
Schreibentwicklung besonders wichtig, dass die
▪
Schreibaufgaben so formuliert sind, dass ein Schreiber sie sich zu
eigen
machen kann oder daraus ein
Schreibziel ableiten kann. (vgl.
Baurmann 2002/2008,
S. 53)
Dies gilt für alle Formen von Schreibaufgaben gleichermaßen,
unabhängig davon, ob es sich ▪ Lernaufgaben, Übungsaufgaben oder ▪
Leistungsaufgaben handelt.
Schreibaufgaben müssen zum Schreiben motivieren
Damit
sich Schreiberinnen und Schreiber die Schreibaufgabe zu eigen machen, müssen Schreibaufgaben vor
allem eines: Sie müssen
zum Schreiben
motivieren.
Dies ist eines der wichtigsten ▪
Merkmale guter Schreibaufgaben.
-
Dabei kann sich die
Schreibmotivation nicht damit begnügen, jemanden dazu zu
bewegen, mit dem Schreiben anzufangen.
-
Sie muss auch dafür sorgen,
dass die Bereitschaft (Volition)
und / oder die
Motivation da
sind, einen begonnenen Schreibprozess fort-
und zu Ende zu führen.
Schreiber müssen in einer mentalen und emotionalen
Beziehung zum Gegenstand des Schreibens stehen
Grundvoraussetzung für die Bewältigung aller Schreibaufgaben aber bleibt, dass die
Schreiber/-innen schon vorher mental und / oder emotional eine Beziehung
zum Gegenstand des Schreibens aufgebaut haben, die auf ihrem Vorwissen
und ihren Vorerfahrungen beruht. Worüber
Schülerinnen und Schüler schreiben
können, ist eben nur etwas, das an vorhandene mentale und emotionale
Repräsentationen oder
Schemata
anknüpft und beim Schreiben das vorhandene Wissen in einem
Umstrukturierungsvorgang (weiter-)verarbeitet. (vgl. auch
knowledge
telling und
knowledge transforming)
Schreibaufgaben müssen dazu
als Mittel der Problemlösung konzipiert sein.
-
Dabei kann sich das
Problem auf unterschiedliche Themen und Sachverhalte beziehen.
-
Und die Probleme, mit denen sich ein Schüler bzw.
eine Schülerin bei der Bewältigung einer Schreibaufgabe befasst,
sind in der Regel um so motivierender, je besser sie auf das schon
vorhandene Vorwissen des Schreibers bzw. der Schreiberin aufbauen
und Bezüge zur Lebenswelt der, in diesem Falle meist jugendlichen
Schreiber hat.
Extrinsische, intrinsische Schreibmotivation, den
Motivation Crowding Effect und den Grad der Selbstbestimmung berücksichtigen
Die
innere Bereitschaft (Volition)
und Motivation
zum Schreiben herzustellen und beim Schreiben aufrechtzuerhalten,
ist ein komplexer Vorgang und hängt vom Zusammenwirken verschiedener
Elemente ab, nichtzuletzt auch vom Grad der Selbstbestimmung mit der
eine Schreibaufgabe bewältigt werden kann. (vgl.
Deci/Ryan
1985)
Dementsprechend hängt das Ganze auch davon ab, um welchen Typ von
Schreibaufgaben es sich handelt (Lern-,
Übungs-
oder
Leistungsaufgaben) und vor allem, wie die entsprechende Lern-
bzw. Schreibumgebung gestaltet ist.
Extrinsische Motivation bei Leistungsaufgaben
Die
extrinsische Motivation dominiert gewöhnlich bei der
Bewältigung
▪ produktorientierter
▪ Leistungsaufgaben, wenn das Schreibprodukt
zur ▪
Leistungsbeurteilung und -bewertung herangezogen werden
soll.
In
diesem Fall ist die Autonomie beim Schreiben natürlich gering.
Allerdings können auch in diesem Fall bis dahin entstandene innere
Motivationen, "die Anreize von außen zunehmend in persönliche Werte"
umgewandelt und "Selbstmotivation" aufgebaut haben, eine große Rolle
spielen. (vgl.
Ziegler/Fiedler/Neubauer 2012, S. 15)
Leistungsaufgaben dieser Art fordern im Allgemeinen die Erstellung eines
Schreibprodukts mit einem ganz
bestimmten Textmuster.
Intrinsische Motivation bei Lern- und Übungsaufgaben
Die
intrinsische Motivation spielt dagegen bei
▪
prozessorientierten
Schreibaufgaben beim
prozessorientierten Schreiben,
bei ▪
Lern- und ▪
Übungsaufgaben die
wichtigste Rolle. Häufig sind dies Aufgaben, die auf den
Kompetenzerwerb zielen.
Zugleich
hängt die Wirksamkeit intrinsischer Motivation auch in hohem Maße
davon ab, ob der Schreiber sich beim Schreiben in seinen
Entscheidungen autonom erlebt und das Schreibsetting (Lernraumsetting,
Übungsraumsetting) insgesamt förderliche und damit motivierende
Wirkungen entfaltet.
Die
intrinsische Motivation kann, wenn die
Schreibaufgabe gut bewältigt wird, "automatisch ein Gefühl der
Kompetenz geben" (Bourne/Ekstrand
2005, S.303). Der Grund dafür ist wohl das "Erleben der
eigenen Wirksamkeit, das die Motivation steigert." (Ziegler/Fiedler/Neubauer
2012, S. 15)
Sie ist besonders ausgeprägt beim
kooperativen Schreiben.
Die
Motivationen können sich überlagern und wandeln
Intrinsische und extrinsische
Motivationen können sich auch überlagern und die Schreibmotivation in einem
Schreibprozess gemeinsam bestimmen (Motivation
Crowding Effect). So kann z. B. eine vorher vorhandene
intrinsische Motivation verlorengehen, "wenn den Lernenden die
Autonomie genommen wird, z. B. wenn man immer unterbrochen wird oder
wenn eine Unterstützung so intensiv und drängend wird, dass sie in
einen äußeren Zwang übergeht." (Ziegler/Fiedler/Neubauer
2012, S.15
Folglich: Extrinsische Motivation kann sich durchaus auch in
intrinsische Motivation verwandeln und umgekehrt. (vgl.
Ryan/Deci
2000, vgl.
Ziegler/Fiedler/Neubauer 2012, S.16)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024
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