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Die
Figuren des ▪
dramatischen
Textes werden über ihre Kontrast-
und Korrespondenzrelationen, über die ▪
Figurenkonstellation und die ▪
Konfigurationen konstituiert.
Neben diesen Aspekten kann man aber noch zwei weitere
Analyseebenen der▪
Figurengestaltung voneinander unterscheiden:
Ganz strikt können diese beiden Kategorien jedoch nicht
voneinander getrennt werden, da eine bestimmte Figurenkonzeption
immer auf einer Auswahl verschiedener
Charakterisierungstechniken beruht.
Wie Figuren in einem dramatischen Texte konzipiert werden ist
nicht zuletzt auch historisch bedingt und hat sich m Laufe der
Geschichte auch immer wieder verändert. Ihre Ausprägung verweist
dabei auch immer auf die dahinter stehenden Menschenbilder.
(vgl.
Pfister 1977, S.240f.)
Wer sich , zumindest in der Schule, eingehender mit den
Aspekten der Figurenkonzeption im Drama beschäftigen will, kann
daher
-
die
unterschiedlichen Figurenkonzeptionen verschiedener Dramen
z. B. im Epochenvergleich analysieren
-
versuchen,
das hinter bestimmten Ausprägungen der Figurenkonzeption
stehende Menschenbild zu rekonstruieren
Pfister sechs Bereiche der Figurenkonzeption (SEPGTI)
unterschieden, die auf der Basis
dichotomischer
Kategorien (Ausnahme: Personifikation , Typ - Individuum)
zur Analyse der Figurenkonzeption in einem Drama oder im
Dramenvergleich herangezogen werden können.
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Unter
literaturdidaktischem Aspekt dient eine derartige Analyse gut
zur Diskussion der hinter der konkreten Ausprägung von Figuren
stehenden Menschenbilder.
Schema zur
Analyse der (SEPGTI)
(vgl. Pfister 1977, S.241-250)
Statisch oder dynamisch? |
Statisch
|
Dynamisch
-
verändert sich
kontinuierlich oder sprunghaft
-
in Tragödie recht
häufig - wenngleich meist zu spät eintretende Verhaltensänderung
-
Hauptfiguren oft
dynamisch konzipiert
-
Beispiele: ▪
Nora (▪
Ibsen), ▪
Maria Stuart (▪ Schiller)
|
Ein- oder mehrdimensional? |
Eindimensional
-
Figur besitzt
wenige Merkmale (Extremfall: Figur, die zur Karikatur wird)
-
alle
Eigenschaften einer Figur sind in sich stimmig und verweisen auf
eine bestimmte Charaktereigenschaft
-
Beispiele:
Harpagon (Der Geizige, Moliere), ▪
Patriarch (▪
Nathan der Weise, ▪
Lessing)
|
Mehrdimensional
-
durch eine
Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die auf unterschiedlichen
Ebenen liegen
-
Ebenen z.B.:
biographischer Hintergrund, psychische Disposition.
zwischenmenschliches Verhalten gegenüber anderen Figuren,
Reaktionen auf verschiedene Situationen, ideologische
Orientierungen
-
Beispiele: Minna
(Minna von Barnhelm, ▪
Lessing)
|
Personifikation - Typ - Individuum ? |
Personifikation |
Typ |
Individuum |
sehr wenig
Informationen über eine Figur; zielt auf Illustration eines
abstrakten Begriff, einer einzigen Eigenschaft (z.B.
Personifikationen eines Lasters wie Hochmut ) |
Zusammenfügen
bestimmter soziologischer oder psychologischer Merkmale, die
einen Typ bestimmen
entweder mit zeitgenössischen Bezügen oder aus Dramentradition
stammend (z.B. der Gelehrte, der Höfling etc.) |
Fülle von
charakterisierenden Details; verschiedene Ebenen: Aussehen,
Sprache, Verhalten, Biographie etc.
(z.B. weit verbreitet in der Literaturepoche des Naturalismus,
dagegen in der Klassik keine wirklich individualisierende F.
wegen des funktionalen Bezugs der Figuren |
|
Geschlossen oder offen? |
Geschlossen
-
Figur wird durch
eine Reihe von explizit gegebenen Informationen eindeutig
definiert (vor allem im Drama der a-perspektivischen Struktur)
-
Figur wird durch
eine Reihe implizit gegebener Informationen eindeutig definiert
(verlangt Interpretationsleistung des Zuschauers) (vor allem im
Drama der geschlossenen Perspektivenstruktur)
-
Beispiel: Minna
(Minna von Barnhelm, ▪
Lessing)
|
Offen
-
Figur wirkt
widersprüchlich
-
wichtige
Informationen, z.B. über Motivationen einer Figur bleiben
ausgespart
-
(vor allem im
Drama der offenen Perspektivenstruktur)
-
allerdings: kann
sich Eindruck der Figur auf den Zuschauer verändern
-
Beispiel: Hamlet
(Shakespeare)
|
Transpsychologisch oder psychologisch? |
Transpsychologisch
-
Figur spricht
sich in einer schon unplausibel wirkenden, expliziten und
bewussten Art und Weise über sich selbst aus
-
quasi
"Selbsterklärung" einer Figur, z. T. in der so genannten
"Hochbewusstheit" wieder zu finden, die Figuren im (klassischen)
Drama der geschlossenen Form aufweisen
|
Psychologisch
-
Bewusstsein der
Figuren eher eingeschränkt und relativiert
-
Betonung von
Irrationalem, Emotionen, Stimmungen, Atmosphäre, traumatischen
Erlebnissen u. a.
-
häufig in
naturalistischen Dramen mit ihrer Milieubindung und einem eher
sozial nieder gestellten Personal
|
Identitätsverlust oder nicht? |
|
(vgl.
Pfister (1977, S.241-250)
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023
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