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Überblick: Einen Text zusammenfassen
Es geht um die Informationsverdichtung eines Primärtextes
Der Zweck der
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Rekapitulationen von Texten (Textzusammenfassungen,
Textwiedergaben) "liegt in der komprimierten, weil begrifflichen
Kondensation eines Textes auf seine zentralen Aussagen, auf die später
zurückgegriffen werden kann" (Becker-Mrotzek/Böttcher
2011, S.171 unter vergleichendem Verweis auf
Ehlich 1981,
Kruse 1997,
Moll 2002,
Fix/Dittmann 2004)
Wer einen Text zusammenfassen will, muss einer sprachökonomischen
Gestaltung folgen, die also auf die
Informationsverdichtung eines vorliegenden
Primärtextes
abzielt.
Die Zusammenfassung (Rekapitulation) des Primärtextes kann mit unterschiedlichen
Strategien zur Informationsverdichtung erfolgen. Man spricht in diesem
Zusammenhang von
Strategien zur
Textkondensation.
Mit ihnen soll erreicht werden, dass "(...) man
den sprachlich-materiellen Umfang einer Mitteilung möglichst stark
(reduziert) und doch (...) einen größtmöglichen Teil ihres informationellen
Gehalts bei(behält)." (Kretzenbacher 1990,
S. 33).
Dabei stehen
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sprachliche Ökonomie und Verständlichkeit in einem
Spannungsverhältnis zueinander,
das, abhängig von der jeweiligen spezifischen kommunikativen Situation,
in die ein Text eingebettet ist, verschieden ausfällt.
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Das bedeutet z.
B., dass ohne Berücksichtigung der Schreiberfahrungen des Verfassers einer
Textwiedergabe und den dafür vorgesehenen Adressaten keine Aussagen darüber
gemacht werden können, wie lang der Sekundärtext sein sollte, wie intensiv
also die Informationsverdichtung bei der Produktion des Sekundärtextes
ausfallen muss.
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Zudem ist die
"Informationsdichte" des Primärtextes u. U.
auch so, dass er mit herkömmlichen Textkondensationsstrategien kaum weiter
verdichtet werden kann.
Wer sich also beispielweise schon einmal daran
gemacht, einen Lexikonartikel zusammenzufassen, weiß, dass man bei so extrem
sprachökonomisch gestalteten Primärtexten schnell an seine Grenzen kommt.
Dies trifft in gleicher Weise häufig auch auf fachwissenschaftliche Texte
zu, für die "äußerst geringe
Redundanz,
also starke Kondensation" (ebd.,
S. 34) typisch sind.
So ist bei verschiedenen
Textsorten, abhängig von
einer jeweiligen Sachgehaltsdichte,
auch von einem unterschiedlichen Kürzungspotential auszugehen.
Sachgehaltsdichte unterschiedlicher Textsorten
Heinz-Ulrich Schaeder (2007) hat in einer systematischen Auflistung die
abnehmende Sachgehaltsdichte von bestimmten Textsorten wie folgt dargestellt.
Dabei werden die Inhaltsangaben proportional immer kürzer.
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darstellende / beschreibende
Texte
(Textsorten: Lexikonartikel, Protokoll, Bericht, Sach- und Fachartikel
etc.)
Rein darstellend-beschreibende Textsorten besitzen in der Regel wenig
Kürzungspotential. Ähnlich wie die Inhaltsangabe selbst sollen sie kurz
und knapp informieren.
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darstellende / veranschaulichende
Texte
(Textsorten: vom Lehrbuch bis zum populärwissenschaftlichen Text)
Diese Textsorten zeichnen sich durch ein variables Maß an didaktischer
Redundanz und begrifflicher wie beispielorientierter Anschaulichkeit
aus. Die Inhaltsangabe unterscheidet sich genau hierin von diesen
Textsorten: Sie berücksichtigt keine anderen Wissensvermittlungsmethoden
als Kürze und Logik.
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darstellende / wirkungsorientierte
Texte
(Textsorten: von Kommentar bis Werbung)
Diese Textsorten zeichnen sich durch ein variables Verhältnis von Sach-
und Wirkungsgehalt aus. Der Wirkungsgehalt, mit dem der Autor über die
reine Informationsvermittlung hinaus bei seinem Adressaten eine Handlung
oder Haltung erreichen will, ist nicht Gegenstand der sachorientierten
Inhaltsangabe.
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Strategien zur Textkondensation
Man kann grundsätzlich zwei verschiedene sprachlich-rhetorische Techniken
der Informationsverdichtung (Textkondensationsstrategien)
unterscheiden, die im Zusammenhang mit der Wiedergabe von Texten eine Rolle
spielen: Lexikalische Kondensierungen und syntaktische Kondensierungen. Sie
zielen darauf, wie man einen Text sprachlich verdichten kann.
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Lexikalische
Kondensierungen werden vor allem realisiert durch Verwendung entsprechender
Fachtermini (»Lambdasonde« statt
»Messfühler, der über einen Potentialsprung den Sauerstoffrestgehalt
im Abgas vor dem Katalysator ermittelt« (vgl.
Göpferich 2007, S.414f.),
Kurzwörter (EDV, EU, Uni, Foto)
und
Abkürzungen (km/h)
realisiert. Sie spielen für schulische ▪
Formen
der Textwiedergabe
eher eine untergeordnete Rolle.
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Für schulische
▪
Formen
der Textwiedergabe (z. B. ▪
Inhaltsangabe, ▪
strukturierte Textwiedergabe,
▪
Konspekt, ▪ Exzerpt,
▪
Abstract ...) sind syntaktische Kondensierungen weitaus wichtiger, bei denen auf
Satzebene bestimmte Aussagen verdichtet werden. Sie werden z. B.
realisiert durch:
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Nominalisierungen (z.B. adverbiale Bestimmungen in Form von
Präpositionalphrasen statt konjunktionale Nebensätzen): Weil Emil
mit Alkohol am Steuer gefahren ist, hat man ihm den
Führerschein entzogen. (14 Wörter) → Wegen seiner
Trunkenheitsfahrt wurde Emil der Führerschein entzogen. (8
Wörter)
-
Attribuierungen (z. B, pränominale Attribute statt Relativsätzen:
Der Künstler (, der blind war,) sang eine Arie, → Der {blinde}
Künstler sang eine eine Arie.)
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Reduktion ganzer Sätze auf
Ellipsen:
Je später der Abend ist, desto schöner sind die
Gäste.→ Je später der Abend, desto schöner die Gäste; Wenn
das Ende gut ist, ist alles gut. → Ende gut, alles gut.
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Parenthesen und andere Texteinschübe:
Die Radfahrerin, die in der Fußgängerzone munter vor sich
hinradelte, war eine junge Frau im Alter von 24 Jahren. Sie
hatte keinerlei Unrechtsbewusstsein darüber, dass das in
diesem Bereich untersagt ist. → Die 22-jährige Radfahrerin
radelte – und das ohne jedes Unrechtsbewusstsein – in der
dafür gesperrten Fußgängerzone
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Stilistisch fällt dazu noch die vergleichsweise hohe Anzahl
passivischer Konstruktionen
auf.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
07.07.2024
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