Wie ▪
Werbung wirkt, kann unter
verschiedenen Aspekten betrachtet werden, und darüber, was unter der
Wirkung von Werbung überhaupt zu verstehen ist, gibt es keine
einhellige Meinung. Im Gegenteil gerade die Wirkungen von Werbungen
sind oft umstritten.
Natürlich sieht ein
Werbetreibender die Werbung mit anderen Augen als jemand, der die
Wirkung von bestimmten Werbetexten auf ihre Rezipienten unter
sprachwissenschaftlichen Aspekten untersucht. Und jemand der die
Wirkung von Werbung auf Jugendliche analysiert, wird, wenn er/sie
das unter pädagogischen Gesichtspunkten tut, wieder andere Dinge in
den Blick nehmen. Geht es jemand um den ▪
Sexismus in der Werbung
dann rücken wieder andere Aspekte in den Fokus dessen, was man unter
Werbewirkung versteht.
Im Grunde geht es
dabei zunächst einmal um die Gretchenfrage: "Ist Werbung Manipulator
oder Spiegel der Gesellschaft?".
Wilk (2002,
S.58) meint, dass diese Frage, die das Verhältnis von Werbung und
"realer Welt" ins Visier nimmt, die Werbeforschung grundsätzlich in
drei verschiedene Lager spalte.
Da gebe es zunächst
einmal diejenigen, den "der Griff nach dem Unbewussten in jedermann"
(Haubl 1992,
S.13) ein Dorn im Auge ist. Kultur- und sprachwissenschaftlich
orientierte Medienwissenschaftler stellten dem ihre Vorstellung von
einem kritischen Rezipienten gegenüber und richteten den Fokus
darauf, "wie Werbung das gesellschaftliche Leben reflektiert" (Wilk 2002,
S.58). Im dritten Lager, in dem Vertreter des Konstruktivismus
beheimatet seien, werde die Interdependenz betont und vor allem die
These abgelehnt, "»Werbung lanciere Trends, schaffe künstliche
Bedürfnisse oder manipuliere auf der Grundlage motivations- und
tiefenpsychologischer Forschungsergebnisse willkürlich Meinungen und
Wünsche.« [(Schmidt/Spieß
1996, S.48)]. Statt die Konsumentensteuerung zu dämonisieren,
stellen sie nur sachlich fest, das in Mediengesellschaften nur das
sozial 'vorhanden' ist, was in den Medien vorkommt. [(Schmidt/Spieß
1994, S.88)]" (Wilk 2002,
S.58).
Wahrscheinlich ist
es am besten, sich, wie es auch Nicole
Wilk (2002,
S.58) tut, die Wirkungen von Medien ganz allgemein "kreiskausal"
vorzustellen: "Medien prägen die soziale Wirklichkeit, klinken sich
in den öffentlichen Diskurs ein, um soziale Trends zu erwittern, und
verbreiten dieselben anschließend en masse, was nach entsprechender
Inszenierung wiederum einen Wandel der Wirklichkeitskonstruktion
bedingen kann."
Werbewirkung unter dem Blickwinkel quantifizierender und
qualifizierender Methoden
Um herauszufinden, wie
Werbung auf den Rezipienten wirkt und wie eine
Werbebotschaft ankommt, werden in der Werbewirkungsforschung verschiedene Forschungsansätze verfolgt.
Werbewirkungsforschung ist dabei stets auch
Leserschaftsforschung bzw.
Publikumsforschung.
Dabei geht es im Kern um die Anzeige- bzw.
Werbekunden, die für Werbung in einem bestimmten Medium gewonnen werden
sollen.
Wenn Programme im Fernsehen nur über Werbeeinahmen finanziert
werden können, die morgendliche Zeitung nur dann im Briefkasten steckt,
wenn Anzeigenkunden die Finanzierung solcher Dienstleistungen sichern,
dann sind verlässliche und gute »Media-Daten in einem immer enger werdenden
und deshalb stärker umkämpften Markt um Anzeigenkunden die Voraussetzung
für den Erfolg.
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Allerdings sind im Bereich der Printmedien wegen des hohen finanziellen
Aufwands eigentlich nur wenige große Verlage in der Lage, mit empirischer
Leserschaftsforschung ihr Medienangebot zu optimieren.
Und doch verlangt
gerade der Kampf um Anzeigenkunden, dass dem potentiellen Kunden schlüssig
vor Augen geführt werden kann, ob, wie lange und wie intensiv eine
Werbebotschaft den ins Auge gefassten Adressaten erreicht.
So hat man in
verschiedenen Untersuchungen ermittelt, dass Werbeanzeigen nur wenig
Zeit bleibt ihre Werbebotschaft "rüberzubringen, zumal nahezu jeder
Kontakt mit der Werbebotschaft fast immer abgebrochen wird. Im
Durchschnitt, wobei das natürlich auch von der Gestaltung einer
Werbeanzeige abhängt, benötigt ein Rezipient, wenn er auf eine
textdominante Werbeanzeige trifft, bis zu 40 Sekunden, um die
Informationen aufzunehmen. In der Praxis nimmt sich ein Leser aber
gerade mal zwei Sekunden Zeit dafür und das reicht dann gerade mal
für ca. 5% der in einer solchen Anzeige enthaltenen Informationen.
Das reicht zwar oft für die Erfassung von Bildinformationen eines
Bildes von mittlerer Komplexität, nicht aber für textliche
Informationen, z. B. im Fließtext einer Werbeanzeige. Wenn man so
will, "zappt" der Leser einer Werbeanzeige eben dann auch schnell
weiter, wie es die Zuschauer von Werbespots gerne tun, wenn diese
eine Fernsehsendung unterbrechen. (vgl.
Kröber-Riel/Esch , 6., überarb. Aufl. 2004, S.192)
Dass von den Werbetreibenden, insbesondere großen Konzernen,
Werbekampagnen im Ganzen und jede einzelne Werbeanzeige, jeder Radiojingle
oder Fernsehwerbespot genauestens auf seine Wirkung hin untersucht wird,
versteht sich da fast von selbst.
Copy-Test und Blickaufzeichnungsmethode
In der Printmedien- und
Leserschaftsforschung, damit
auch in einem großen Bereich der Printwerbung, kommen quantitative
und qualitative Methoden zur Anwendung (s. Schaubild).
Dabei nutzt die Leserschaftsforschung verschiedene Instrumente, wie u. a.
den so genannten Copy-Test und die Blickaufzeichnungsmethode.
Beide sind
Instrumente des Marketing und dienen daher dazu, das Medienprodukt so weit
als möglich, den Wünschen seiner Kunden anzupassen.
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Beim
Copy-Test geht ein Interviewer
mit einem Leser z. B. die Zeitung des Vortages Punkt für Punkt durch, um
festzustellen, ob der Leser die Seite, den Artikel oder das Bild
"gründlich“, "flüchtig“ oder "gar nicht" gelesen bzw. wahrgenommen hat.
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Bei der
Blickaufzeichungsmethode müssen Versuchspersonen in einer
Laborumgebung eine Zeitung oder eine Zeitschrift durchlesen bzw.
durchblättern oder einzelne Werbeanzeigen betrachten.
Eine Lesebrille
mit eingebauter Spezialoptik registriert dabei genau, wie der Blick des
Betrachters über das angeschaute Objekt wandert.
Solche Fixationspunkte spielen im Verlauf des so
genannten Scannings eine große Rolle, bei
dem der Blick die Seite abtastet, das Wesentliche in Kürze zu erfassen
versucht und von oben nach unten und entlang der Bilder über die Seite
wandert. (vgl.
Bonfadelli 2004, S. 70)
Durch Blickaufzeichnungsanalysen können wichtige Erkenntnisse darüber
gewonnen werden, wie Print- und Multimediaprodukten besonders leser-
bzw. anwenderbezogen gestaltet werden können.
So gilt z. B. für das
Lesen von Zeitungs- und Anzeigentexten, dass der Blick des Betrachters "
(...) die Zeitungsseite oder das Inserat von oben nach unten und den
Bildern entlang ab(tastet), wobei Bilder zwar als Blickfang steuern,
jedoch wenig Einfluss darauf haben, ob der Leser auch tatsächlich in den
Artikel einsteigt oder nicht. Hier kommt den Titeln und Zwischentiteln
als Auswahlkriterien offenbar die entscheidende Funktion zu.“ (Bonfadelli
2004, S. 214)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.10.2021
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