Die ▪
Wahrnehmungspsychologie geht im Allgemeinen davon aus, dass die
Kapazität unserer ▪
Aufmerksamkeit
begrenzt ist. Diese Begrenzung führt, wie Donald Broadbent 1958 erstmals
dargelegt hat, dazu, "dass die Aufmerksamkeit den Informationsfluss
vom sensorischen Input zum Bewusstsein streng reguliert." (Zimbardo/Gerrig
2004, S. 171)
Die
Theorie der
begrenzten Aufmerksamkeitskapazität (LCSS =
Limited Capacity Control System) sieht in der Aufmerksamkeit
eine Art Filter für die Informationen, die kognitiv weiterverarbeitet
werden sollen. Als Flaschenhals reguliert sie damit den Fluss der
eingehenden Informationen, sondert die eine aus und leitet die andere an
höhere Verarbeitungsstufen des Gehirns weiter. Die
Flaschenhalstheorie bzw. Filtertheorie der Aufmerksamkeit
postuliert damit, dass im Verarbeitungsprozess schon sehr früh, und zwar
bevor der Inhalt der Information erkannt wird, eine Auswahl stattfindet.
Einer
allzu starken Betonung der Filtertheorie stehen allerdings
wissenschaftliche Experimente mit dem so genannten ▪
dichotischen Hören entgegen.
Dabei
werden Versuchspersonen in einem Experiment auf beiden Ohren
unterschiedliche akustische Reize gegeben. Im Verlauf des Experiments
werden die Versuchspersonen aufgefordert, eine der beiden Botschaften laut
nachzusprechen, die andere zu ignorieren (Shadowing
= Beschatten einer mit Aufmerksamkeit versehenen
Botschaft).
In unserem Alltagsleben ist uns dieser Vorgang als
Cocktail-Party-Phänomen bekannt:
Auf einer Cocktail-Party, einer geselligen Veranstaltung, bei der das
direkte Gespräch (Smalltalk usw.) der Partyteilnehmer im Vordergrund
steht, geht es trotz im Allgemeinen fehlender Musikbeschallung ziemlich
laut zu.
Viele Leute sprechen, wenn auch in kleinen Grüppchen mit einem
Cocktail in der Hand, durcheinander. Eine solche Umgebung bezeichnet man
als verrauscht.
Dennoch gelingt es uns in
dieser verrauschen Umgebung zu hören, wenn unser Name an einer Stelle des
Raumes fällt, an der wir uns nicht befinden. Um so erstaunlicher, wir
können ihn hören, ohne dass wir hingehört haben.
Wir können also, und das
ist der entscheidende Punkt dabei, Signale verarbeiten, ohne dass wir
unsere Aufmerksamkeit auf sie gerichtet haben. Daraus lässt sich demnach
der Schluss ziehen, dass auch Reize, auf die nicht geachtet wird, manchmal
in einem gewissen Maße verarbeitet werden. Und: interessanterweise hören
wir auf der Cocktailparty die Nennung unseres Namens, weil erst die
Nennung des Namens unsere Aufmerksamkeit darauf richtet.
Ungeachtet solcher Phänomene wird man dennoch davon auszugehen haben, dass
Aufmerksamkeitsprozesse für die überwiegende Anzahl von Wahrnehmungen
unerlässlich sind. (vgl.
Zimbardo/Gerrig
2004, S. 172f.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023