▪
Literatur und Stil
▪
Überblick
▪
Rhetorik und Stilistik in der Antike
▪
Stilprinzipien
▪
Ausdruckswerte
▪
Rhetorische Stilmittel: Figuren und Tropen
▪
Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Mit dem Begriff
der Stilfärbung wird ein besonderes ▪
Stilmittel des
Wortschatzes bezeichnet, das die stilschichtliche
Bedeutung bestimmter Wortschatzeinheiten ergänzen kann. Er
bezeichnet dabei u. a. auch "die Art der emotionalen Bewertung
von Personen, Sachen oder Sachverhalten". (Hoffmann
2017, S.225f.) Die dabei vorgenommene ▪
Bewertung erfolgt auf der
Grundlage von
Konnotationen, die gewissermaßen als Nebenbedeutungen mit
bestimmten Wortschatzeinheiten verbunden sind und auf diese
Weise ihre
stilschichtliche Bedeutung ergänzen kann. Stilfärbungen
nutzen dabei die über den reinen Begriffsinhalt (Denotat)
hinausgehenden, meist emotional geprägten Vorstellungen, die mit
einem Wort oder einer Wortschatzeinheit verbunden sind, um einen
Text emotionaler zu gestalten.
Dass sich
bestimmte Wörter aus unserem Wortschatz auf den selben
Begriffsinhalt beziehen, aber emotional oder funktional mit ganz
verschiedenen Nebenbedeutungen verknüpft, d. h. konnotiert
werden, wird an Wortgruppen wie den folgenden sichtbar:
-
Gesicht –
Angesicht – Antlitz – Visage
-
Mund – Maul –
Schnauze –-Fresse
-
entwenden –
klauen – mitgehen lassen – stehlen – organisieren
-
verstehen –
begreifen – kapieren - checken
Auch wenn ein
Sprecher bzw. eine Sprecherin prinzipiell in der Wahl der
sprachlichen Mittel "frei" ist, unterliegt ihre jeweilige
Verwendung aber dennoch Einschränkungen, die vom
Kommunikationsbereich und den der jeweiligen
Kommunikationssituation abhängen. So kann man Gesicht,
Mund, entwenden und verstehen wohl allerorten
verwenden, während Wörter wie Fresse und Schnauze
vulgär wirken und mitgehen lassen oder organisieren
eine gewisse Nachlässigkeit, vielleicht sogar etwas Verständnis
bei der Bewertung von Eigentumsdelikten signalisieren.
Stilistisch
gefärbt sind auch z. B. emotional abwertende
Personenbezeichnungen wie Klugscheißer (denotative
Bedeutung: besserwisserische Person) oder Arschgeige
(verachtungswürdige Person), die intim-vertrauliche Verwendung
von Bruderherz (Bruder), die ironische Verwendung von
speziellem Freund für eine hinterhältige Person oder die
Verwendung von Intelligenzbestie zur Bezeichnung einer
besonders klug erscheinenden Person. (vgl.
ebd.)
Stilfärbungen
können in der Kommunikation allerdings nur dann ihre Wirkung
entfalten, wenn sie auch als besondere sprachliche Gestaltung
wahrgenommen und verstanden werden. Dabei muss man immer
berücksichtigen, dass Stilfärbungen keine bestimmte Bedeutung
zugeschrieben werden kann, sondern dass ihre Bedeutung von den
"Bezugssystemen", den kommunikativen Rahmenbedingungen und der
Beziehung der Kommunikationspartner*innen zueinander abhängt.
Was für die ▪
Stilschicht der vulgären Wörter und Redewendungen gilt, dass
nämlich bestimmte Wörter, Wortgruppen und Redewendungen z. B.
auch gruppenspezifisch unterschiedlich verwendet werden. gilt
selbstverständlich auch für Stilfärbungen aller Art. Was also
wie konnotiert wird, kann also sehr unterschiedlich sein. Und
auch in einem Text können Wörter, die "eigentlich" zu einer
einer bestimmten Stilschicht gehören, mit einer bestimmten
Stilfärbung so umgedeutet werden, dass sie "eine
textstilistische Bedeutung annehmen, die von der lexikalischen
Bedeutung abweicht." (Hoffmann
2017, S.226f.)
Semantisch-expressive und funktionale Stilfärbungen
Man kann zwei zwei
Gruppen von Stilfärbungen unterscheiden:
-
Semantisch-expressive Stilfärbungen setzen auf eine
verstärkte emotionale Wirkung und beruhen auf
"Vertauschungen von stilschichtgebundenen
Synonymen
im gleichen Kontext (wie z.B. »Kopf«: »Haupt«) oder Wörter
und Wendungen, die innerhalb einer ▪
Stilschicht oder mehrerer Stilschichten zusätzliche
Konnotationen
aufweisen" (vgl.
Sowinski 21999, S.124)
-
Funktionale
Stilfärbungen beruhen hingegen auf
Konnotationen,
die auf den sozialen Konventionen bestimmter
Kommunikationsbereiche beruhen, die sich auf die
Wortbildung und die funktionale Verwendung der Wörter und
Wortgruppen auswirken. So gehört beispielweise ein Wort wie
z.B. Inanspruchnahme zum Kommunikationsbereich der
Verwaltung oder der Rechtsprechung. Wird es in einem anderen
Kontext verwendet, z. B. einem privaten Brief oder einer
Erzählung kann das Wort hingegen als unpassend bzw.
"stilwidrig" ausgefasst werden, auch wenn es von seiner
denotativen
Bedeutung her gesehen, durchaus "passt". (vgl.
ebd.)
Auf »Ruth
Klappenbach (1911-1977), die Mitherausgeberin des »Wörterbuchs
der deutschen Gegenwartssprache geht die nachfolgende Liste
von elf semantisch-expressiven Stilfärbungen zurück, die
Sowinski (1978, S.240f.;
21999, S.124ff.) zitiert und kommentiert und
zugleich betont, dass diese Liste sich wahrscheinlich noch
erweitern lasse. Zugleich weise sie auch eine gewissen
Ähnlichkeit mit den ▪
Stilzügen auf. (Sowinski
21999, S.125)
-
scherzhaft: bei komisch
wirkenden Wortbildungen und
Metaphern
wie z. B. Adamskostüm, Angsthase
-
vertraulich: bei Koseformen
oder Diminutiven, die Anreden verniedlichen wie z. B.
Alterchen, mein Lieber
-
verhüllend
(euphemistisch): beim Vertuschen von Peinlichkeiten
oder sonst wie nachteilig Erscheinendem wie z. B. eine
vollschlanke Dame statt eine dicke Frau; (Euphemismus)
-
altertümelnd: bei der
bewussten Verwendung von Wörtern und Redewendungen,
eigentlich als veraltet gelten wie z. B. alldieweil,
Konterfei, (Archaismus)
-
gespreizt: bei Wörtern und
Redewendungen, die unnatürlich geziert (preziös) oder auch
besonders umständlich wirken wie z. B. wir beehren uns,
geziemend darauf hinzuweisen, Beinkleid statt
Hose
-
papierdeutsch: Wörter und
Redewendungen, die ausgesprochen aufgebauscht wirken wiin
der älteren Amtssprache bzw. dem Behördendeutsch wie z. B.
aktenkundig, Unterzeichneter sieht sich genötigt, ...
-
übertrieben
(hyperbolisch): Wörter und Redewendungen, die
übersteigert erscheinen wie z. B. in der Jugendsprache
übliche Ausdrücke wie heller Wahn, supercool,
tierisch geil, (Hyperbel)
-
abwertend (pejorativ):
Wörter mit negativer Bedeutung, die oft in einen negativen
Kontext gestellt werden wie z. B. Abschaum der
Menschheit, letzter Dreck, Weib
-
spöttisch: Wörter und
Redewendungen, die eine leichte Abwertung ausdrücken und
oftmals auch schon ironisch wirken können wie z. B. mit
strenger Amtsmiene
-
Schimpfwörter:
oftmals Wörter und Redewendungen in metaphorischer
Verwendung wie bei Tier- oder Verbrecherbezeichnungen wie z.
B. du Lump, Gauner, Affe, Rindvieh,
Schafskopf, störrischer Esel
-
derb: Wörter, die sinnvergröbernd
wirken wie z. B. abkratzen, abnippeln statt
sterben
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Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
06.04.2023
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