(Visuelle) Karikaturen lassen sich auf verschiedene Art und
Weise systematisch einteilen, wobei davon auszugehen ist, dass die
Grenzen zwischen den jeweiligen Typen, Formen oder Arten von
Karikaturen nicht immer eindeutig sind, Mischformen also durchaus
vorkommen können.
So erweist sich eine bestimmte Karikatur, die alle
Merkmale eines bestimmten Typs erfüllt, als Prototyp, dem sich aber auch zahlreiche andere beigesellen können,
die einige der Merkmale besitzen und andere eben nicht.
Ein "Ding" wie
eine Karikatur lässt sich eben nicht immer eindeutig zuordnen. Dies
gilt insbesondere auch dann, wenn thematische Aspekte zur Bestimmung
einer Typengruppe herangezogen werden oder ein bestimmter
Kommunikationsbereich als Grundlage für die Zuordnung gewählt
wird.
Unter diesem Vorbehalt ist auch die nachfolgende Typologie
politischer Karikaturen zu verstehen, die aber unabhängig von ihrer
auf das Politische beschränkten Untersuchungsgegenstände durchaus
zur Grobunterscheidung für das gesamte Feld visueller
Karikaturen herangezogen werden kann.
Politische Karikaturen lassen sich nach
Franz Schneider
(1988, S.76 - 102, zit. n.
Lenk 2010)
entweder nach der Zahl der jeweiligen Bildbestandteile oder nach der Art
des jeweiligen Bildinhalts einteilen. (▪Keine
einheitliche Definition der Karikatur)
Klassifiziert man politische
Karikaturen nach der Anzahl ihrer Bildbestandteile, dann
lassen sich Einzelkarikaturen,
die aus nur einem einzigen Bild bestehen, von
Abfolgekarikaturen
unterscheiden, die aus mehreren Einzelbildern (Ablauf) bestehen.
Meist handelt es sich dabei um eine Abfolge von zwei oder drei
Bildern, die aufeinander bezogen werden müssen. Dadurch entsteht
eine Spannung, die sich in einer Pointe auflöst.
Werden politische
Karikaturen nach ihren jeweiligen Bildinhalten eingeteilt, so lassen sich folgende
Inhaltstypen unterscheiden:
-
Die
(apersonale)
Sachkarikatur bezieht sich statt auf Personen meist
auf einen Sachverhalt, der einer allgemeinen Kritik
unterzogen wird. Ihre Kritik wirkt daher weniger konkret und
insgesamt anonymer.
-
Karikaturen
mit Personendarstellung (hier auch:
Personenkarikaturen genannt) lassen sich in drei
Untertypen fassen.
-
Die
Typenkarikatur überzeichnet gewöhnlich
stereotype Merkmale einer bestimmten Personengruppe bzw.
bestimmte Attribute derselben und verfremdet sie damit.
Die "Menschentypen aus sozialen, ethnischen oder
subkulturellen Gruppen, real existierende oder fiktive
Gestalten" bringen dabei "die der gesamten Gruppe
zugesprochenen Stereotype zur Geltung". (Riszovannij
2008, S.66) Die Typenkarikatur verfolgt eine
satirische Wirkungsabsicht und zielt dabei auf
die hinter diesen Typen liegenden
allgemein-gesellschaftlichen Zustände, die sie auf diese
Weise der Kritik aussetzt. Gegenstände der (personalen)
Typenkarikatur sind, allgemein betrachtet, "handelnde
Einheiten - Staaten, Völker, soziale Gruppen,
Institutionen und Verbände", die "auf einen
Individualtypus hin stilisiert werden, dessen
Ausstattungsmerkmale zum Rückschluss auf die gemeinte
Einheit veranlassen" (Marienfeld
1990, S.16f.) Beispiele dafür sind u. a. der
(deutsche) Michel oder die Germania, die für die Deutschen oder auch
Deutschland stehen, Marianne für die Franzosen oder
Frankreich oder der Yankee für die USA oder die
US-Amerikaner. Auch Tierkarikaturen können einen
bestimmten Individualtypus repräsentieren, wie z. B. der
britische oder auch bayerische Löwe, der russische oder
auch der Berliner Bär, der chinesische Drache usw.
-
Die
Individualkarikatur hat im Allgemeinen eine
bestimmte Person bzw. ein bestimmtes Individuum im Fokus
und überzeichnet z. B. bekannte Persönlichkeiten, und
deren persönlichen Eigenarten und Attribute
überzeichnet. So kann sie durch ihre satirische oder
komische Wirkung dazu beitragen, dass Autoritäten
hinterfragt werden. Dabei erfolgt die Verzerrung
individueller Merkmale eines Einzelmenschen stets auf
der Grundlage der Realität. (vgl.
Riszovannij
2008, S.66) Die
Wirksamkeit der Individualkarikatur, die bestimmte
Persönlichkeiten wie z. B. Politiker zum Gegenstand
haben, beruht auf der Tatsache, dass deren Gesichtszüge,
Körperhaltung, Mimik und Gestik oder auch andere Zeichen
ihrer äußeren Erscheinung (Kleidung, Frisur u. a.) einem
Großteil der Menschen über die Massenmedien bekannt
sind. Für sie ist es daher oft ein Leichtes, die für
Karikaturen üblichen Typisierungen und Klischees und die
ihr zugrundeliegende Reduktion der Vielschichtigkeit
(vgl. Plum
1998, S. 22) zu erkennen und damit die karikierte Person zu
identifizieren.
-
Die
Porträtkarikatur geht historisch auf die beiden
Brüder »Agostino (1557 - 1602) und
»Annibale (1560 -1609) Carracci
zurück, die mit dem geltenden Schönheitsideal der
italienischen Renaissance brechen und eine Art
"artistischen Gegenentwurf gegen die ideale
Schönförmigkeit". Mit den von ihnen begründeten
Porträtkarikaturen, die "als entstelltes und verzerrtes
Spiegelbild von real existierenden Personen aufgefasst
werden," (Riszovannij
2008, S.27), beginnt die eigentliche Geschichte
der Karikatur. (vgl.
Plum
1998, S.45)
-
Tierkarikaturen,
bei denen symbolhafte Bezüge im Vordergrund stehen oder die
als Tiertravestie
gestalteten Bilder - berühmt sind die Tiertravestien des
Franzosen »Grandville (1803 - 1847)
(»Google
Bilder) - vermischen sich nicht selten mit Elementen der
Individualkarikatur, wenn beispielsweise nur die Gesichter
der karikierten Personen durch tierische Merkmale verfremdet
werden. Allerdings können Menschen auch vollständig durch
Tiere, die wie Menschen handeln, ersetzt werden.
Natürlich lassen sich Karikaturen auch auf andere
Art und Weise einteilen. Völlig offen bleibt eine an den
Themen von Karikaturen
orientierte Typologie. Dabei lassen sich bestenfalls Prototypen
bilden mit fließenden Übergängen.
Auf diese Weise lassen sich
politische (innen-, außen-, sozialpolitische, »religionskritische
...) Karikaturen ebenso unterscheiden wie Karikaturen zu Umwelt-,
Medien- oder Gesundheitsthemen. Die Anzahl der Themen ist dabei
prinzipiell nicht begrenzt.
Ebenso lassen sich Karikaturen nach inhaltlichen Strukturelementen einteilen in
▪
Ereignis-,
▪ Prozess- oder
▪ Zustandskarikaturen.
(vgl.
Marienfeld
1990, S.16f.)
Kombiniert mit formalen Merkmalen lässt sich daraus eine
Matrixdarstellung gewinnen, die - soweit der Anspruch -" jede Karikatur nach formalen und
inhaltlichen Strukturmerkmalen einordnungsfähig, das weite Feld der
Karikaturen damit gliederungsfähig macht."
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.01.2024
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