▪ Sprechen als Handeln
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Sprechen als kommunikatives Handeln
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Kommunikationspsychologie
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Vier-Seiten-Modell der zwischenmenschlichen Kommunikation
»John R. Searle (geb. 1932),
der die ▪ Sprechakttheorie von
»John Austin (1911-1960)
weiterentwickelt hat, unterscheidet fünf verschiedene Klassen
von Sprechakten, genauer gesagt, fünf verschiedene Klassen ▪
illokutionärer Akte.
Dabei ist die Klassifikation, die Searle vornimmt "an der Achse
einer Relation von Sprache und Welt (orientiert), auf die hin
alles anzuordnen ist, was überhaupt als Sprechakt gilt.
Redeweisen, für welche diese Achse nicht von Belang ist,
fiktionale Diskurse im Theater und in der Literatur oder der
religiöse Diskurs im Gebet gelten dann auch nicht als
Sprechakt." (Krämer
2001, S. 66)
Entlang dieser Achse, kann es nach Searle nur fünf Typen von
Sprechakten geben, weil es zwischen Welt und Worten nur vier
Übereinstimmung der
Anpassungsrichtungen (direction
of fit) geben kann.
Diese Sprechakttypen sind:
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Assertive bzw. Repräsentative als Darstellungshandlungen
Assertive (assertive
illocutionary point) (lt.
assertio = Aussage, Behauptung, Urteil) bzw. Repräsentative
sind Darstellungshandlungen wie
z. B. behaupten, mitteilen, berichten, informieren,
feststellen, beschreiben, vorhersagen, diagnostizieren,
zusammenfassen, taxieren, eine Hypothese aufstellen etc. Sie
sind davon charakterisiert, dass ihr Sprecher auf die Wahrheit
oder Falschheit der im Sprechakt ausgedrückten
Proposition
festgelegt wird. Mit Assertiven wird das, was gesagt wird, mit
der Welt in Übereinstimmung gebracht und zwar in der
Überzeugung, dass etwas Bestimmtes so der Fall ist (= psychischer Zustand). (vgl. Krämer
2001, S. 66, vgl.
Hindelang
42004, S. 46 )
Ihr "Illokutionszweck [...]
besteht darin, den Sprecher (in verschiedenen Graden) darauf
festzulegen, dass etwas der Fall ist, d. h. ihn an die Wahrheit
der ausgedrückten Proposition zu binden." (Searle 1982,
S.92f., zit. n.
Hindelang
42004, S. 47).
Pointiert
ausgedrückt sind Repräsentative "solche Sprechakte, durch die
der Sprecher zu erkennen gibt, was er glaubt, dass in der Welt
der Fall ist." (Hindelang
42004, S. 49)
Direktive versuchen einen Partner auf die Ausführung einer
zukünftigen Handlung zu verpflichten
Direktive (directive
illocutionary point) sollen bewirken, dass das sich die Welt bzw.
der/die Kommunikationspartner so verhalten, wie die Äußerung
des/der Sprecherin* vorgibt.
Man nennt diese Anpassungsrichtung
eines illokutionären Aktes daher auch auch
Welt–auf–Wort–Ausrichtung, weil die Welt damit – wie man es sich
wünscht (= psychischer Zustand) – mit den Worten in
Übereinstimmung gebracht werden soll. Dazu gehören Sprechakte wie z. B.
auffordern, befehlen, anordnen, bitten, vorschlagen, nahelegen
usw.
Man kann aber daher auch Fragen dazu zählen, wenn
man, wie Searle es tut, darin vor allem die Aufforderung zu
antworten ausgedrückt sieht. Mit Direktiven drücken wir mit
unterschiedlicher Stärke und Intensität aus, dass wir etwas
wünschen und zwar, dass, salopp gesagt, die Tatsachen sich nach
den Worten richten sollen.
Pointiert ausgedrückt sind Direktive "solche Sprechakte,
durch die der Sprecher zu erkennen gibt, was er will, dass der
andere tun soll." (Hindelang
42004, S. 49f.)
Kommissive legen den Sprecher auf die Ausführung einer
zukünftigen Handlung fest
Kommissive (commissive
illocutionary point) (lat.
commissum = begonnen, anvertraut) zeichnen sich zunächst einmal
dadurch aus, dass sich der
propositionale Gehalt der Äußerung stets auf die Zukunft
bezieht. Dies ist z. B. bei Sprechakten wie versprechen,
drohen, anbieten, ankündigen, geloben, garantieren, schwören,
vereinbaren, sich verabreden, wetten, ausmachen usw. der
Fall. Kommissive drücken damit die "Absicht
aus, eine bestimmte Handlung auszuführen oder zu unterlassen."
(Hindelang
42004, S. 47) Dabei entspricht die
Anpassungsrichtung des Aktes dem der Direktive, denn wie bei
diesen soll die Welt mit der Äußerung in Übereinstimmung
gebracht werden. In ihrer
Welt-auf-Wort-Ausrichtung soll es aber der Sprecher selbst sein,
der auf ein bestimmtes zukünftiges Verhalten festgelegt bzw.
verpflichtet werden soll (Selbstverpflichtung).
Der psychische Zustand, der mit Kommissiven ausgedrückt wird,
ist die Absicht. (vgl. Krämer
2001, S. 66)
Pointiert
ausgedrückt sind Kommissive "Sprechakte, durch die der Sprecher
zu erkennen gibt, was er selbst vorhat zu tun. "
(Hindelang
42004, S. 50)
Expressive sollen einen bestimmten psychischen Zustand
ausdrücken
Expressive (expressive
illocutionary point) (lat.
expressus = ausgedrückt) sollen den psychischen Zustand des
Sprechers zum Ausdruck bringen und verdeutlichen, welche
Einstellung der Sprecher zu dem im propositionalen Gehalt
dargestellten Sachverhalt einnimmt. Typische Sprechakte, die zu
dieser Klasse von Sprechakten gehören, sind z. B. danken,
sich entschuldigen, gratulieren, kondolieren, willkommen heißen,
grüßen, fluchen, verfluchen, auf etwas trinken, jemandem etwas
wünschen ("Hals- und Beinbruch!", ein gutes neues Jahr
wünschen). Mit Expressiven wird
keine Übereinstimmung von Worten und Welt ausgedrückt.
Pointiert
ausgedrückt sind Expressive "Sprechakte, durch die der Sprecher
zu erkennen gibt, wie ihm zumute ist"
(Hindelang
42004, S. 50)
Deklarationen verlangen, dass sie von einer bestimmten sozialen
Institution vollzogen werden
Deklarationen
(declarative
illocutionary point) können gewöhnlich nur von bestimmten, dazu auf irgendeine Art
und Weise sozial autorisierten Institutionen vollzogen werden.
Sie stellen in ihrem Vollzug einen gegenüber dem vorigen
veränderten Zustand her, d. h. mit ihnen wird die
Übereinstimmung zwischen Worten und Welt hergestellt. (Wer
nominiert wird, ist ab diesem Zeitpunkt (nominierte)
Kandidatin*. Typische Sprechakte, die zur Klasse der
Deklarationen gehören, sind z. B. ernennen, taufen,
einstellen, befördern, entlassen, nominieren, abdanken, den
Krieg erklären, kapitulieren, begnadigen, trauen, verhaften,
definieren, etwas einen Namen geben, freisprechen, schuldig
sprechen, verurteilen (in einem Prozess) usw.
Typisch für
diese Klasse von Sprechakten, ist, dass sie nie an eine
Aufrichtigkeitsbedingung gebunden sind, "d.h. es handelt sich
niemals um den Ausdruck eines psychischen Zustands des Sprechers
(z. B. des Pfarrers bei der Taufe)," (Meibauer
22001, S.96)
Deklarationen
können aber noch in zwei Untergruppen gegliedert werden. So gibt
es auch Deklarationen, die keine außersprachlichen Institutionen
verlangen, wie z. B. beim Definieren.
Repräsentative
Deklarationen, die mit den Asservativen bzw. Repräsentativen
teilen, dass sie wahr oder falsch sein können, können auch eine
psychische Einstellung ausdrücken, "und zwar den Glauben, dass
der entsprechende Sachverhalt wahr ist."
(Hindelang
42004, S. 49) Dass bestimmte Asservative
als Deklarationen eingeordnet werden, liegt an den
Besonderheiten der Institutionen, in denen sie ihre
kommunikative Bedeutung erlangen. So kann die Feststellung eines
Fußballschiedsrichters,
dass der Ball im Aus ist, nur dann ihre Funktion erfüllen, wenn
sie zugleich als Deklaration und im Glauben an die Wahrheit
ihres propositionalen Gehalts verstanden wird.
Pointiert
ausgedrückt sind Deklarationen "Sprechakte, durch die der
Sprecher zu erkennen gibt, was in einem bestimmten
institutionellen Rahmen der Fall sein soll."
(Hindelang
42004, S. 50)
Die Hauptklassen
können weiter nach bestimmten Kriterien untergliedert bzw.
differenziert werden
Die Sprechakttypen der fünf
Hauptklassen können aber weiter differenziert werden, um ein
genaueres Bild des jeweiligen Illokutionszwecks zu erhalten. In
Frage kommen dabei folgende Kriterien und Überlegungen zur
weiteren Differenzierung:
-
Stärke, Kraft oder
Intensität mit dem die Illokution dargeboten wird (z. B.
Unterschiede zwischen sagen, vermuten, schwören, auf
etwas bestehen im Ggs. zu vorschlagen)
-
Unterschiede im
sozialen Status von Sprecher und Hörer, die sich auf den
Illokutionsakt auswirken können (z. B. befehlen oder
etwas anregen oder wünschen)
-
Unterschiede, die
sich aus dem
Bezug zu dem ergeben, was vorher schon in der sprachlichen
Kommunikation gesagt worden ist (z. B. fragen, entgegnen
oder antworten)
-
Unterschiede, die sich aus
dem Bezug des
propositionalen Gehalts zur Welt ergeben (z. B. vorhersagen
(Zukunftsbezug)
-
Unterschiede im
propositionalen Gehalt, die von einem verbalen oder nonverbalen ▪
Illokutionsindikator
abhängen, der die Zuordnung einer konkreten Sprechhandlung zu einem
bestimmten Sprechhandlungstyp ermöglicht (z. B. berichten vs.
vorhersagen, prognostizieren oder ▪
explizit-performative Formeln (z. B.
schwören, gestehen, verzeihen)
-
Unterschiede, die davon
herrühren, dass die Sprechhandlung
nur von (gesellschaftlich autorisierten) Institutionen durchgeführt
werden können (z. B. taufen, einen Krieg erklären, ein
(strafrechtlich relevantes) Urteil fällen, die Olympischen Spiele
für eröffnet erklären ...)
-
Unterschiede, die vom
Vollzugsstil des Sprechaktes
abhängen (z. B. verkünden vs. anvertrauen)
Anpassungrichtungen
von Worten und Welt im Kontext der übrigen Kriterien für
illokutionäre Akte
Die
Klassifikation von Sprechakten, die Searle vornimmt, ist
"an der Achse einer Relation von Sprache und Welt (orientiert),
auf die hin alles anzuordnen ist, was überhaupt als Sprechakt
gilt. " (Krämer
2001, S. 66)
Entlang dieser
Achse, kann es nach Searle nur die oben dargestellten fünf Typen
von Sprechakten geben (die
Expressive fallen dabei bekanntlich heraus), weil es
zwischen Welt und Worten nur vier Übereinstimmung der
Anpassungsrichtungen (direction of fit) geben kann.
Zusammen mit
dem illokutionären Punkt des Sprechakts, seinem Hauptzweck, und
dem psychischen bzw. mentalen Zustand, in dem sich der Sprecher
dabei befindet, bilden die Anpassungsrichtung, die Richtung der
Übereinstimmung zwischen Worten und Welt also, die in einem
Sprechakt vollzogen wird, die drei maßgeblichen Gruppen von
Kriterien, die Searle seiner Einteilung der Sprechakte in die
fünf Klassen zugrundelegt.
Illokutionärer Zweck |
Übereinstimmung von Worten und Welt
(Anpassungsrichtung) |
Psychischer Zustand |
assertiv |
Wort-an-Welt-Anpassung |
Glaube |
direktiv |
Welt-an-Wort-Anpassung |
Wunsch |
kommissiv |
Welt-an-Wort-Anpassung |
Absicht |
expressiv |
keine Übereinstimmung
von Wort und Welt |
variabel |
deklarativ |
sowohl Wort-an-Welt-
als auch Welt-an-Wort-Anpassung |
kein |
(vgl. (Meibauer
22001, S.96)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.12.2023
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