▪ Stellungnahme als erörterndes Schreiben
Die Schreibaufgabe bei der schriftlichen Stellungnahme ist nicht immer
klar
Die ▪
Schreibaufgabe bei der ▪ Stellungnahme als ▪ schulische
Schreibform ▪
erörternden Schreibens ist keineswegs
so klar, wie es manchmal den Anschein hat.
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So kommt es oft vor, dass der Begriff synonym zum
Begriff der Erörterung verwendet wird. In diesem Fall wird auch bei der Stellungnahme der traditionelle "
"Formalismus" gepflegt und die "Schematisierung des erörternden
Schreibens" (Matthießen
2003, S.134) weiter durch "das Abarbeiten eines bestimmten
Gliederungsmusters" (Fix
2008, S.105) kultiviert.
-
Die Gründe für einen solchen "Etikettenschwindel" sind wohl auch
darin zu sehen, dass es für die Aufsatz- bzw.▪
schulische
Schreibform ▪ Stellungnahme eben keine eigene didaktisch-methodische Tradition
gibt, wie dies bei der Erörterung der Fall ist. (vgl.
Fritzsche 1994, S.114)
-
So gewinnt man mitunter den Eindruck, dass es mangels
verbindlicher Konventionen ins Belieben der Lehrperson oder des
jeweiligen Schulbuchautors gestellt ist, was er unter der
Schreibform Stellungnahme versteht.
Dreigliedrigkeit als äußerer Aufbau
Da
die Stellungnahme oft Teil anderer globaler
Textmuster ist,
wie z. B. bei der Stellungnahme in einem ▪
privaten
Geschäftsbrief oder auch einem ▪
freien oder ▪
textgebundenen
kommentierenden Leserbrief gibt
es für die Stellungnahme sieht man von ihrer Dreigliedrigkeit (s.
Abb.) ab, kein verbindliches globales Textmuster. Auch wenn man
diese drei Teile als Einleitung, Hauptteil und Schluss bezeichnen
kann, da sie beim linearen Aufbau der Stellungnahme so aufeinander
folgen und funktional in diesem Verhältnis zueinander stehen, sind
sie inhaltlich kaum mit den Teilen einer ▪
freien
Problem- und Sacherörterung zu vergleichen und haben ein völlig
anderes Gewicht.
Das wird schon bei der inhaltlichen und funktionalen Gestaltung
der Einleitung deutlich, zieht sich aber über die
begrifflich-systematische Hauptteilgliederung bis hin zum Schluss
durch.
-
So muss die ▪
Einleitung
bei der ▪ freien
Problem- und Sacherörterung zum Thema bzw. der erschlossenen
Themafrage hinführen und kann dabei inhaltlich
unterschiedlich vorgehen.
-
Während die
Stellungnahme im ▪
Hauptteil
einfach "in medias res" gehen kann, und z. B. in Form einer
▪
Argumentkette
den Standpunkt zu einem vorgegebenen Problem
linear-entwickelnd darlegen kann, zeichnet sich die
Gliederung des Hauptteils durch den Versuch aus, den
Erörterungsgegenstand mit seinen verschiedenen Aspekten
systematisch, z. B. mit Ober- und Unterbegriffen zu
erfassen.
-
Der ▪
Schluss
einer Erörterung soll sich nicht damit begnügen, pointiert
den eigenen Standpunkt noch einmal "auf den Punkt" zu
bringen, sondern ein möglichst ausgewogenes
Sach-
und
Werturteil zu fällen und ggf. noch einen Ausblick auf
weitere Aspekte des Themas geben.
Nur wenn zunächst einmal der Lehrkraft selbst, diese Unterschiede
klar sind, kann man die Stellungnahme in gewisser Weise als
"Vorform" zu anspruchsvolleren Formen erörternden Schreibens ansehen
und die Schreibaufgabe und den Schreibprozess bei der Stellungnahme
- aus dem Blickwinkel der freien Problem- und Sacherörterung
betrachtet - auch entlasten. In jedem Fall muss die Schreibaufgabe deutlich machen, dass eine
eigenständige, begründete Stellungnahme erwartet wird und ▪
kein
traditioneller Erörterungsaufsatz.
Das obige Schaubild zeigt, wie eine begründete Stellungnahme, die
mit zwei Thesen zum Problem auskommt, mit unterschiedlich weit
entwickelten Argumenten -
einfache Argumentation,
erweiterte Argumentation
- zu einem Problem Stellung nimmt. Dabei wird auch die
Dreigliedrigkeit der Stellungnahme deutlich.
Den Fokus auf das Argumentieren richten
Während die ▪ äußere, dreigliedrige
Struktur der Stellungnahme vorwiegend funktionale
Bedeutung hat (Bezugnahme, und kurzes Fazit) liegt der Schwerpunkt
der Stellungnahme auf der Entfaltung einer Argumentation. Und wie
kaum anders zu erwarten, gehen auch hier die Meinungen auseinander,
was dabei bei einer Stellungnahme als schulische Schreibform auf
unterschiedlichen Kompetenzniveaus zumal erwartet werden soll.
Grundsätzlich gilt, dass eine Stellungnahme ihr Thema
argumentativ entfalten und dabei einen
kohärenten und
nachvollziehbaren Zusammenhang der Aussagen herstellen muss. Das
bedeutet zunächst einmal zu verstehen, was den ▪
Unterschied zwischen
mündlichem und schriftlichem Argumentieren ausmacht.
Sieht man den Vorteil der
Stellungnahme darin, dass "Formvorgaben gegenüber Anweisungen zur Modalität
zurücktreten" (ISB
(Hg.) 2010, Bd. 1, S.144), dann ließe sich im Anschluss an
Feilke (1990,S.53-56)
die folgende
allgemeine Formulierung der Schreibaufgabe Stellungnahme
formulieren, die vor allem auf den Prozess des Begründens von Standpunkten
abhebt, ohne die Stellungnahme an bestimmte Textmuster jenseits
argumentativer Strukturen zu binden (vgl.
ISB (Hg.) 2010, Bd. 1, S.144):
Schreiben Sie zu dem Problem einen abgeschlossenen und aus sich
heraus verständlichen Text, in dem Sie zu dem Problem/Sachverhalt mit
verschiedenen Argumenten kritisch Stellung beziehen.
Diese allgemeine Formulierung der Schreibaufgabe legt den Akzent
eindeutig auf das Schreiben eines
kohärenten argumentativen
Textes und bleibt offen für unterschiedliche Problemlösungen, die sowohl die
Einnahme einer weitgehend subjektiven Sicht ebenso zulässt wie eine etwas
distanziertere Herangehensweise.
Denkbar
wären dabei auch Themenstellungen, wie sie im Arbeitsbereich ▪
Argumentieren
vorgestellt werden, z. B,
Nehmen Sie zu dem Problem/Sachverhalt Stellung und
formulieren Sie (mindestens ein/zwei ... Ihrer Argumente nach
dem allgemeinen
Argumentationsschema zur erweiterten Argumentation.
Soll ein weiterer Akzent auf die subjektive Betrachtung des Problems im
Sinne einer persönlichen Stellungnahme gelegt werden, tut man gut
daran, dies auch entsprechend in der Schreibaufgabe explizit auszudrücken.
Sie könnte dann, darum erweitert, bei der obigen allgemeinen Formulierung
lauten:
Schreiben Sie zu dem Problem einen abgeschlossenen und aus sich
heraus verständlichen Text, in dem Sie zu dem Problem/Sachverhalt mit
verschiedenen Argumenten kritisch Stellung beziehen. Stellen Sie dem
Leser dabei Ihre ganz persönliche Sicht der Dinge dar.
Textordnungsmuster der Stellungnahme
Auch wenn es, ▪ verglichen mit der
freien Problem- und Sacherörterung, kein generelles globales
Textmuster für die Stellungnahme gibt,
kann man sich doch für ein bestimmtes ▪
Textordnungsmuster
entscheiden, wie sie beim ▪
argumentativen Schreiben vorkommen.
Die Fähigkeit jedenfalls, seine Argumente zu strukturieren
( ▪
Strukturierungskompetenz),
spielt im Rahmen der allgemeinen ▪
Schreibkompetenz
( ▪
Zielsetzungskompetenz,
▪
inhaltliche
Kompetenz,
▪
Formulierungskompetenz) eine zentrale Rolle bei der
▪
Vertextung von Gedanken.
Je reflektierter dies auch im Falle der Stellungnahme geschieht,
desto besser.
Welches Textordnungsmuster passt, hängt von der Schreibaufgabe
und dem Schreiber und seinen subjektiven Voraussetzungen des
Schreibens ab.
Gibt die Schreibaufgabe z. B. ▪
eine Kommunikationssituation mit
einem bestimmten Adressaten vor, ist ein
▪ linear-dialogisches
Textmuster angebracht, ansonsten kann bei der Strukturierung der
Stellungnahme wohl ebenso gut ▪
linear-entwickelnd wie
▪
material-systematisch vorgegangen werden.
Es kann also, entsprechend der eher offenen Form des Erörterns
bei der Stellungnahme unterschiedlich gehandhabt werden, wie und
inwieweit die begründete Stellungnahme ihre Argumente strukturieren muss.
▪ Schreibaufgaben konzipieren
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023
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