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Schreibdidaktik: Schreibaufgaben
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Überblick
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Allgemeine Merkmale und
Funktionen
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Überblick
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Zum Schreiben motivieren
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Typen von Schreibaufgaben
Von der
Schreibaufgabe für die Stellungnahme hängt eine ganze Menge ab
Von der
Schreibaufgabe hängt wie bei anderem schulischen Schreiben auch sehr viel ab.
Was sie vorgibt oder nicht, welchen Schreibanlass sie setzt und wie
sie die problemlösende und kommunikative Funktion des zu
erstellenden Schreibprodukts formuliert und akzentuiert, bestimmt in
erheblichem Maße darüber, ob ein Schreiber motiviert an die Sache
herangeht und dabei in eine
motivationale Steuerungslage gerät oder von Anfang an keine
Lust auf das Schreiben hat und mit einer
volitionalen Steuerungslage und entsprechenden
volitionalen Strategien zurechtkommen muss, um u. U.
Schreibstörungen entgegenzuwirken, die daraus entstehen können.
Schreibaufgaben, die ihre Rolle im
Schreibprozess übernehmen sollen, müssen eine Reihe von
Funktionen erfüllen können und etlichen Kriterien entsprechen. Dabei
können die Anforderungen für verschiedene Typen von Schreibaufgaben
differenziert werden.
Solche, der Einfachheit halber, als gut bezeichnete Schreibaufgaben
(vgl. u. a.
Becker-Mrotzeck, 2009, zit. n.
Jost/Knopp, o. J., ergänzt)
Die Schreibaufgabe in eine bestimmte Kommunikationssituation einbetten
Der Weg der situativen Einbettung in eine bestimmte
Kommunikationssituation stellt gewiss den "Königsweg" dar
bei der Konzipierung einer ▪
Schreibaufgabe zur ▪
Stellungnahme als ▪
schulische
Schreibform ▪ erörternden Schreibens
dar. Damit wird die besondere Qualität der begründeten Stellungnahme sichtbar
gemacht und in eine problemlösende Schreibpraxis überführt. Dabei
wird zur Strukturierung der Argumentation im Allgemeinen auf ein
▪
linear-dialogisches Textordnungsmuster zurückzugreifen sein, das
zur Klärung von etwas Strittigem sowohl Gefühle, gedankliche
Konzepte und sprachliche Äußerung/Gestaltung unter dem
kommunikativen Aspekt eines spezifischen Adressatenbezugs in einen
funktionalen Zusammenhang bringt.
Dabei müssen die Schülerinnen und Schüler allerdings auch über
das nötige
Weltwissen
verfügen, um zu einem bestimmten Thema in einem bestimmten
Kommunikationszusammenhang Schreiben als Mittel zur Problemlösung zu
erfahren. (s. o.) Und: der problemlösende Ansatz beim Schreiben
zieht nach sich, dass
das Schreiben von Stellungnahmen sich häufig nach bestimmten
Textmustern vollzieht,
wie dies bei den nachfolgenden Aufgabenbeispielen der Fall ist.
-
In deiner
Heimatstadt sind viele Jugendliche vom Freizeitangebot für junge
Leute enttäuscht. Verfasse als Redakteur der regionalen
Tageszeitung einen Artikel, in dem du zu den Klagen der
Jugendlichen Stellung nimmst.
-
In der Schule ist
dir von einem Lehrer dein Handy abgenommen worden, weil die
Schule ein absolutes Handyverbot ausgesprochen hat. Beschwere
dich mit deinen Argumenten in einem Brief an die Schulleitung
darüber.
-
Versetze dich
einmal in die Rolle einer Mutter, deren Tochter Opfer von
Cybermobbing geworden ist. In einem persönlichen Brief an die
mit Ihnen als Mutter befreundete Elternsprecherin machen Sie
Vorschläge, wie die Schule in einem solchen Fall vorgehen soll.
-
In der Zeitung
werden die Jugendlichen, die in deiner Straße wohnen, irgendwie
verdächtigt, für das schon mehrfach beobachtete Ausleeren
gefüllter Mülltonnen verantwortlich zu sein. Nehmen Sie dazu
Stellung.
-
Im Fahrradkeller
ihrer Schule ist ihr Fahrrad schon zum wiederholten Mal von
irgendjemandem mutwillig beschädigt worden. Tragen Sie der
Schulleitung die näheren Umstände in einem persönlichen Brief
vor und bitten Sie sie, Ihre Ideen zur Verhinderung solcher
Vorkommnisse ernsthaft zu prüfen.
Allgemeine Schreibaufgaben ohne Vorgabe einer
Kommunikationssituation
Es gibt aber gerade auch im Bereich der schriftlichen
Stellungnahme in der Schule Schreibaufgaben, die nicht mit einer
bestimmten Kommunikationssituationen verbunden sind und dennoch als
motivierende Schreibaufgaben wirken können. Entscheidend ist dabei,
ob die schon vorher mental und / oder emotional eine Beziehung zum
Gegenstand des Schreibens aufgebaut haben, die auf ihrem Vorwissen
und ihren Vorerfahrungen beruht. Dabei ist natürlich klar, dass sie
nur dann über etwas schreiben können, wenn sie damit an vorhandene
mentale und emotionale Repräsentationen oder
Schemata
anknüpfen und beim Schreiben das vorhandene Wissen in einem
Umstrukturierungsvorgang (weiter-)verarbeiten können. (vgl. auch
knowledge
telling und
knowledge transforming).
So können Schülerinnen und Schüler auf dieser Grundlage ab einem
bestimmten Alter sicher die folgenden allgemein gehaltenen
Schreibaufgaben bewältigen:
-
Viele Menschen
beginnen das neue Jahr mit guten Vorsätzen, müssen dann aber
leider oft feststellen, dass diese die erste Januarwoche kaum
überdauern. Und obwohl sie solche Erfahrungen immer wieder
machen, tun sie es bei jedem Jahreswechsel wieder. - Schreiben Sie zu dem Problem einen abgeschlossenen und aus sich
heraus verständlichen Text, in dem Sie zu dem Problem/Sachverhalt mit
verschiedenen Argumenten kritisch Stellung beziehen.
-
In zahlreichen
Schulen in Deutschland gibt es heute schon ein Handy- bzw.
Smartphoneverbot, d. h. solange die Schülerinnen und Schüler
sich auf dem Schulgelände bewegen, müssen die Geräte
ausgeschaltet sein und dürfen weder im Unterricht noch in den
Pausen benutzt werden. - Nehmen Sie zu dem Problem/Sachverhalt
Stellung und entfalten Sie mindestens drei Ihrer Argumente nach
dem allgemeinen
Argumentationsschema zur erweiterten Argumentation.
Bei Schreibaufgaben
dieser Art liegt der Akzent eindeutig auf dem Schreiben eines
kohärenten argumentativen
Textes und bleibt offen für unterschiedliche Problemlösungen, die sowohl die
Einnahme einer weitgehend subjektiven Sicht ebenso zulässt wie eine etwas
distanziertere Herangehensweise. Grundsätzlich gilt, dass die Stellungnahme ihr Thema
argumentativ entfalten und dabei einen
kohärenten und
nachvollziehbaren Zusammenhang der Aussagen herstellen muss. Das
bedeutet zunächst einmal zu verstehen, was den ▪
Unterschied zwischen
mündlichem und schriftlichem Argumentieren ausmacht.
Alternative Aufbauprinzipien: Fünfsatz
Daneben sind natürlich auch andere Aufbauprinzipien denkbar, die
sich mehr an der mündlichen rhetorischen Praxis orientieren, aber
für eine schriftliche Stellungnahme ohne Weiteres verwendet werden
können.
Der auf
Helmut Geißner (1968)
zurückgehende ▪ Fünfsatz
kann dabei mit seinen Strukturierungen wie
▪
Kette
(Standpunktformel),
▪ vom
Allgemeinen zum Besonderen 1 (Linearform),
▪ vom
Allgemeinen zum Besonderen 2 (dialektische Form),
▪
Vergleich,▪
Dialektik,
▪
Kompromiss oder
▪
Ausklammerung
für den argumentativen Aufbau einer Stellungnahme gut verwendet werden. Solche Modelle
können eine große Hilfe beim Aufbau
einer insgesamt kohärenten Argumentation im Rahmen einer schriftlichen
Stellungnahme sein.
Die Stellungnahme im Kontext anderer Schreibaufgaben
Eine begründete Stellungnahme abzugeben, ist häufig auch eine
Teilaufgabe im Rahmen einer umfassenderen Schreibaufgabe, meistens
im Zusammenhang mit Aufgaben zur Textzusammenfassung bzw.
Textwiedergabe.
Stellungnehmen und Textwiedergabe
So ist es nicht unüblich, um die Anforderungen an die
Schreibaufgabe zu erhöhen, bei einzelnen
Formen der Textwiedergabe (z. B.
Inhaltsangabe und
strukturierte Textwiedergabe) über die Textzusammenfassung
hinaus, eine begründete Stellungnahme zu bestimmten inhaltlichen
oder anderen Aspekten eines Textes zu verlangen.
Als Erweiterungs- bzw. Zusatzaufgabe
(erweiterte Inhaltsangabe) zur Textwiedergabe ist die begründete
Stellungnahme aber der Textzusammenfassung untergeordnet.
Eine begründete Stellungnahme, die im Anschluss an die
Textzusammenfassung, abgegeben werden soll, muss sich
keineswegs nur auf
pragmatische
Texte beziehen. Genau so gut kann sich eine Stellungnahme auf
einen literarischen Text beziehen, wenn der Schreiber / die
Schreiberin im Anschluss an die Inhaltsangabe aufgefordert wird, z.
B. zum Verhalten einer bestimmten literarischen Figur Stellung zu
nehmen. Ein bewusst ganz allgemein gehaltenes Beispiel soll dies
verdeutlichen:
Fassen Sie den Inhalt der Kurzgeschichte in einer
Inhaltsangabe zusammen. Wie finden Sie es persönlich, dass
die Figur sich in dieser Situation so verhält?
Stellungnehmen, kommentierender Leserbrief und
Texterörterung
Beim kommentierenden Leserbrief (textgebunden
oder textungebunden) und
der Texterörterung ist die
kritische Stellungnahme
im Gegensatz zur Textwiedergabe (s.
o.) grundlegende Schreibhaltung und eine dominierende
argumentative Themenentfaltung konstitutiv.
Während sich ein kommentierender Leserbrief nicht in
jedem Fall auf einen Text beziehen muss (textgebunden
oder textungebunden), ist
die Texterörterung stets das Ergebnis einer kritischen
Auseinandersetzung mit einer, in der Regel (etwas) längeren
Textvorlage.
An das entsprechende
Textmuster, an seinen
Aufbau und an seine
inhaltliche und sprachliche Gestaltung sind bestimmte
Anforderungen gestellt, die sie als
schulische Schreibform von anderen deutlich abhebt.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023
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