▪
Offener Unterricht
▪
Überblick
▪
Merkmale
▪
Erweiterter Lern- und Leistungsbegriff
▪
Offene Lernprozesse coachen
▪
Überblick
▪
Fragenkatalog:
Arbeitsziele, Arbeitsmaterialien, Strukturierung
▪ Fragenkatalog:
Individuelle Organisation des Lernprozesses
(Einzelarbeit)
▪ Fragenkatalog:
Organisation des Lernprozesses bei kooperativem Lernen
(Partner-
und Gruppenarbeit)
▪
Gruppenunterricht (kooperatives Lernen)
▪
Kompetenzorientierter Deutschunterricht
Der ▪ kompetenzorientierte Unterricht
stellt in Bezug auf die Ausgangslage und die Ziele des Unterrichts
das Können der Schülerinnen und Schüler ins Zentrum. (vgl.
Wespi/Senn Keller 2014, S.60) Was auf den ersten Blick nicht
sonderlich bemerkenswert erscheint, ist unter didaktischer
Perspektive allerdings ein Perspektivenwechsel. Bis dahin richtete
sich nämlich "das didaktische Interesse primär darauf, was seitens
der Lehrpersonen durch schulische Vorgaben in den Unterricht
eingebracht wurde (Input) – also auf Lehr- und Bildungspläne, auf
den Stoff, auf Inhalte, Themen und von Lehrpersonen angestrebt
(Lehr-)Ziele". (Weirer/Paechter
2019, S, 19f.) Kompetenzorientierte Didaktik ist hingegen am
Output orientiert und stellt das Zusammenspiel der drei Faktoren
Wissen, Können und Wollen der Schülerinnen und Schüler in den
Mittelpunkt, aus denen in einem Lernprozess Kompetenzen entstehen.
In Bezug auf die Ausgangslage unterrichtlichen Lernens geht es
darum, das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler, ihre Kenntnis
über unterschiedlichen Dinge und Sachverhalte ebenso wie ihre
Gewohnheiten, Handlungsroutinen und Erfahrungen im Umgang mit
alltäglichen Situationen, zu denen sie Meinungen und Haltungen
entwickelt haben, aufzugreifen und in den Lernprozess zu
integrieren. (Subjektorientierung des Lernen)
Für die weitere Kompetenzentwicklung braucht es die
Auseinandersetzung mit kognitiv
anforderungsreichen Situationen.
Diese sorgen dafür, dass die Erarbeitung von Wissen und die
Anwendung des Wissens auf eine ganz bestimmte Situation, ein
Problem, einen ausgewählten Kontext angewendet werden kann. (vgl.
ebd.) (Situiertes Lernen)
Ausgangspunkt der Vorstellungen vom situierten Lernen ist dabei die
Auffassung, "dass der Entstehung von trägem Wissen entgegengewirkt
wird, wenn die Lernsituationen den realen Anforderungssituationen
nahe kommen und dass Wissensinhalte, die nicht kontextualisiert
erworben wurden, sich nur schlecht auf neue Situationen übertragen
lassen. Flexibel nutzbares Wissen soll vorzugsweise in semantisch
reichhaltigen, möglichst authentischen Kontexten, also nicht von
Anfang an komplexitätsreduzierten Kontexten erworben werden (Reusser,
2005)." (ebd.)
Daher sind ▪
Aufgaben mit konstruiertem und authentisch wirkendem Lebensweltbezug
und ▪
komplexe Aufgaben mit realem Lebensweltbezug die
Aufgabenformate, die den situierten kompetenzorientierten Unterricht
prägen sollten.
Um
Lernprozesse bei solchen Aufgaben im Rahmen der Kompetenzentwicklung
anzustoßen und voranzubringen, ist es notwendig, dass Wissen und
Handlungen, die im Alltag oft auf der Grundlage erwobener ▪
Schemata,
Handlungs- und Bewertungsroutinen, ohne darüber nachdenken zu
müssen, ausgeführt werden, zu aktivieren und damit auch weiter ▪
dynamisch zu
entwickeln. (▪
Wissenszuwachs, ▪
Feinabstimmung, ▪
Umstrukturierung, ▪
Integration) (vgl.
u. a.
Einsiedler
1996, S.177)
So soll die Auseinandersetzung mit möglichst alltagsnahen
Situationen Schülerinnen und Schülern befähigen, "bisher
Unhinterfragtes in den Blick zu nehmen und in Frage zu stellen,
resp. auch (noch) nicht Beachtetes zu entdecken und somit ihre
Übersicht über ihre Lebenswelt zu erweitern und
auszudifferenzieren." (Wespi/Senn
Keller 2014, S.62)
Grundlegend für das situierte Lernen ist aber auch die Erkenntnis,
dass Kinder und Jugendliche bestimmte ▪
Entwicklungsaufgaben
in unterschiedlichen Sozialisationskontexten bewältigen müssen. Die
▪
Adoleszenz
(Jugendalter zwischen 10. - 21. Lebensjahr) als Zeitraum
bio-psycho-sozialer Umstellung legt den Jugendlichen dabei eine
Reihe von ▪
Entwicklungsaufgaben
( ▪
persönliche
Aufgaben, ▪
Beziehungsaufgaben,
▪
sozioinstitutionelle Aufgaben) auf, die bewirken, dass sie sich auf
verschiedenen Ebenen ▪
in ein neues Verhältnis zur Welt setzen. Dabei verlaufen diese
Prozesse eben je nach psychischer Disposition des einzelnen und den
äußeren Umständen (Sozialisationskontexte), unter denen sie sich
vollziehen, allerdings immer sehr unterschiedlich. (vgl. u. a.
Fend
(2005, S.414f.)
Alltagsnahe Lernsituationen können daher ihre höchste
Lernwirksamkeit nur erreichen, wenn sie diese Heterogenität bei
ihrer Kontextualisierung der jeweiligen Alltagssituation
berücksichtigen.
Der kompetenzorientierte Unterricht, der die Kompetenzentwicklung
der Schülerinnen und Schüler anstrebt und subjektorientiertes Lernen
ermöglicht, muss auf spezifische Art und Weise geplant werden, wobei
den "Anforderungssituationen, welche anschlussfähig an die
Voraussetzungen der Lernenden sind, einen Lebensweltbezug herstellen
und kognitiv herausfordern" eine "Schlüsselfunktion"
zukommt. (Wespi/Senn
Keller 2014, S.71)
Grundlegende Merkmale kompetenzorientierten Unterrichts
Kompetenzorientierter Unterricht zeichnet sich u. a. durch die
folgenden grundlegenden Merkmale aus (vgl. Weirer/Paechter
2019, S, 129-34):
-
Schülerinnen und
Schüler werden durch anspruchsvolle, aber abgestimmte
Aufgabenstellung kognitiv aktiviert
-
Neu Gelerntes
wird mit vorhandenem Wissen und Können vernetzt
-
Durch
intelligentes Üben soll das erworbene Wissen und Können
automatisiert werden
-
Für das Üben und
den Transfer des erworbenen Wissens und Können müssen geeignete
Anwendungssituationen angeboten werden
-
Kooperatives
Arbeiten in der Gruppe soll die gemeinsame Konstruktion von
Wissen fördern.
-
Individuelle
Unterschiede im Vorwissen und in Bezug auf die bis dahin
erworbenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler müssen z. B.
durch verschiedene Kompetenzdimensionen und durch jeweils eigene
Kriterien für ihre Ausprägungen auf den Kompetenzstufen
berücksichtigt werden.
-
Die Reflexion des
Lernfortschritts durch die Schülerinnen und Schülern soll zur
Stärkung ihres metakognitiven Wissens und ihrer personalen
Kompetenzen gefördert werden.
Dass kompetenzorientiertes Unterrichten dabei auch eine bestimmtes
Lernsetting darstellt, in dem die Akteure, Schüler*innen und
Lehrpersonen eine gegenüber lehrerzentrierten Unterrichtskonzepten
veränderte Rolle spielen müssen, ist allerdings nicht erst in und
für den kompetenzorientierten Unterricht kennzeichnend, sondern
bestimmte schon die konstruktivistische Didaktik und das Konzept des
▪ offenen Unterrichts
sowie jene allgemeinen Konzepte der humanistischen Psychologie
(z. B. themenzentrierte Interaktion), die immer wieder einmal in
Stellung gebracht wurden gegen die rein instruktionistische,
input-orientierte Didaktik. Im Konzept des kompetenzorientierten
Unterrichts werden sie aber mit dem Anspruch eine insgesamt neue
Lernkultur zu fundieren, reformuliert und systemisch reinterpretiert.
Alter Wein in neuen Schläuchen? Keineswegs, aber auch ein
gigantisches Reformulierungsprojekt, das alles mit
Kompetenz-Kompositia adaptiert und mit dieser Sprache für sich
reklamiert.
Erkenntnisorientierung im kompetenz- und subjektorientierten
Unterricht
Ein Lernmodell für
unterrichtliche Lernprozesse hat Norbert
Landwehr (2008)
mit seinem Konzept des erkenntnisorientierten Unterrichts
entwickelt, das für den kompetenzorientierten Unterricht deshalb
interessant ist, weil es viele Aspekte, die dabei zu beachten sind,
berücksichtigt, die sich in das Konzept des kompetenzorientierten
Unterrichts integrieren lassen. (vgl.
Wespi/Senn Keller 2014, S.62f.) Dazu gehört vor allem, dass die
Schülerinnen und Schüler neben der Auseinandersetzung mit Inhalten
auch dabei unterstützt werden, "Problemlösestrategien aufzubauen,
wie sie die tägliche Lebensbewältigung erfordert." (ebd.)
Die von Landwehr vorgeschlagenen sieben Schritte werden von
Wespi/Senn Keller (2014, S.62f.) in modifizierter Form auf die
vier Schritte reduziert, die sich auf die konkrete Gestaltung des
Unterrichts beziehen. Hier werden sie mit weiteren Ausführungen.
|
Unterrichtsschritt |
Aspekte des Unterrichtsschritts |
1 |
Eine
geeignete Form der Problemkonfrontation wählen, um das
Vorwissen zu aktivieren |
bedeutsame und ergiebige, den beabsichtigten
Erkenntnisprozess unterstützende Problemstellung finden
erkenntnisleitende Problemstellung, die, weil das eigene
Vorwissen nicht ausreicht, einen Suchprozess auslöst
Wahl
eines motivierenden methodischen Arrangements, das einen
kognitiven Konflikt (»kognitive
Dissonanz) provoziert, was bedeutet, dass unsere bis dahin
erworbenen Kenntnisse und Muster nicht ausreichen, um
etwas kognitiv zu verarbeiten; kann persönliche
Betroffenheit auslösen, Neugierde für die Lösungsfindung
wecken, aber auch
Fremdheitserfahrungen evozieren, bei denen sich das
Fremde in die eigenen
Schemata des
Denkens
und Fühlens
nicht so ohne weiteres einfügen lässt
Methodische Varianten im Rahmen vielfältiger Kontexte u.
a.
-
Konfrontation mit kontroversen Auffassungen
-
praktische Aufgabestellungen
-
Aufgreifen eines aktuellen Ereignisses
-
provokative Informationen
-
Fallschilderungen
-
Entscheidungssituationen
-
Dilemmasituationen
|
2 |
Die
Lernenden aktiv in die Lösungssuche einbeziehen, um
Begründungen zur Beantwortung der Problemstellung zu
finden und zu verstehen |
Erarbeitung von Begründungen, die zur Beantwortung der
Problemstellung und damit auch zur Überprüfung des
subjektiven Vorwissens beitragen
möglichst
selbständige Erarbeitung von Antworten durch die
Schülerinnen und Schüler
Lehrperson kann Schüler*innen in dieser Phase als ▪
Lernberater*in mit ▪
Scaffolds zur
Planung, zur ▪
Anregung von Lernprozessen oder zur ▪
Ausführung von bestimmten
Lernhandlungen bzw. geeigneten Vorgehensweisen
und Hilfsmitteln unterstützen und dazu z. B. eine
Vorauswahl von Internetseiten treffen, eine Sammlung von
unsortierten oder vorstrukturierten
Informationsmaterialien anbieten) und den Lernenden
eigenes Strukturieren der Lösungssuche, auch
arbeitsteilig, ermöglichen.
Möglichst
ergiebige Problemstellungen, die in verschiedene
Richtungen nach Antworten suchen und Lösungswege
beschreiten lassen oder eben verschiedene Aspekte zur
Beantwortung beitragen.
Auswertung der gefundenen Antworten mit dem Ziel, das
Verständnis der gefundenen Antworten durch die
Schüler*innen zu sichern |
3 |
Ein
Arrangement für die Lösungsevaluation suchen, um die
gefundenen Begründungen in Verbindung mit der
Problemstellung und dem eigenen Vorwissen zu bringen |
Überprüfung der gefundenen Antworten, wie und inwiefern
sie zur Beantwortung der Problemstellung beitragen
Begründungsaspekt sollte in der Evaluationsphase im
Mittelpunkt stehen (Landwehr
2008)
Ausdrücklicher Rückbezug auf die im ersten Schritt bei
der Problemkonfrontation eingebrachten Erstantworten der
Schüler*innen
Die
Lernenden
-
sollen verstehen, weshalb eine bestimmte Antwort zur
Problemstellung passt oder nicht passt oder
inwiefern von verschiedenen richtigen Antworten, die
eine oder andere bedeutsamer für die Lösung ist.
-
sind
aufgefordert, ihr Vorwissen mit den gefundenen
Antworten in Verbindung zu bringen. Sie sollen
verstehen und begründen können, weshalb ihr
Vorwissen nach wie vor seine Gültigkeit hat oder
inwiefern dieses weshalb nicht mehr stimmt und
weshalb die gefundene Antwort besser passt. Hier
wird deutlich, was mit der aktiven
Auseinandersetzung mit dem Vorwissen gemeint ist.
|
4 |
Möglichkeiten zur Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse
schaffen, um zur Sicherung resp. zum Transfer der
Erkenntnisse beizutragen |
Sicherung, Vertiefung und Festigung der erarbeiteten
Erkenntnisse und Verdeutlichung ihrer relevanten
Anwendungsbereiche (Landwehr
2008).
Möglichst
variantenreiche Überprüfung, ob die Lernenden das
Gelernte auf neue Situationen, auf andere Bereiche und
Situationen übertragen können. |
▪
Offener Unterricht
▪
Überblick
▪
Merkmale
▪
Erweiterter Lern- und Leistungsbegriff
▪
Offene Lernprozesse coachen
▪
Überblick
▪
Fragenkatalog:
Arbeitsziele, Arbeitsmaterialien, Strukturierung
▪ Fragenkatalog:
Individuelle Organisation des Lernprozesses
(Einzelarbeit)
▪ Fragenkatalog:
Organisation des Lernprozesses bei kooperativem Lernen
(Partner-
und Gruppenarbeit)
▪
Gruppenunterricht (kooperatives Lernen)
▪
Kompetenzorientierter Deutschunterricht
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
12.07.2024
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