▪ Jakob Christoph (Christoffel) von
Grimmelshausen (1622-1676) hat mit seinem Roman
▪
Simplicissimus Teutsch (1668)
in der Tradition des sogenannten »Pikaroromans
(Schemenroman) "im Gegensatz zum höfisch-historischen Roman"
konsequent "die Welt von unten, aus der Perspektive des
Unterdrückten, von der Gesellschaft Ausgestoßenen" (Beutin
1989, S.119) in einer fiktiven Autobiographie seiner Titelfigur,
die allerdings zahlreiche Bezuge zum Lebenslauf des Autors selbst
enthält, dargestellt.
Dies wird auch in dem Kapitel ▪"Ein überzwerches Lob einer schönen Dame
deutlich, in dem Simplicius als Hofnarr agiert und der
Hofgesellschaft zu deren eigenem Vergnügen den Spiegel in einer
Weise vorhält, dass sie das darin zu Sehende stets als Spiel, nie
aber als Satire auf reale Verhältnisse und die Manifestationen ihres
jeweiligen höfischen Lebens versteht.
Grimmelshausen konnte mit der
barocken Liebeslyrik und
vor allem der erotischen galanten Lyrik nicht nur nichts anfangen,
sondern für ihn waren" solche Formen des Anhimmelns irdischer
Geliebter schlichtweg Götzendienst" (Willems
Bd. I, 2012, S.234).
In dem Kapitel ▪"Ein überzwerches Lob einer schönen Dame"
seines satirischen Romans
Simplicissimus Teutsch (1668),
einem "niederen Roman", der als "Gegenentwurf zum
höfisch-historischen Muster des
sogenannten "hohen Romans" verstanden werden kann (vgl.
Meid 1974,
S.40; vgl.
Niefanger 32012, S.210, Verlinkung d. Verf.), nimmt
er den höfisch-kultivierten, ▪petrarkistischen
Schönheitspreis
satirisch aufs Korn.
Mit seiner eigentümlichen Komik "eine(r) Komik des Verlachens",
die " ohne jedes augenzwinkernde Einverständnis mit den Schwächen
des Menschen und ohne jeden versöhnlichen Unterton" auskommt und im
Grund mitleidslos und grausam ist, "ein richtendes, um nicht zu sagen: hinrichtendes Lachen"
darstellt (Willems
Bd. I, 2012, S.225) werden Moral und Lebensform der höfischen
Gesellschaft von unten, aus der Perspektive der sozial tief
stehenden und völlig abhängigen Hauptfigur im Narrenkostüm
unter die Lupe genommen. Dabei nutzt dieser nach der entsprechenden
Aufforderung seines Herrn zu "närrischen Spiel", mit einer Parodie
des ▪ petrarkistischen Schönheitspreis,
wie ihn die humanistischen Gelehrtendichter in Nachahmung der
Vorbilder in anderen Ländern pflegten, kultivierten und bis zum
Manierismus in Sprache und Formensprache weiterentwickelten,
bestimmte, fast rituelle soziale Handlungen der höfischen
Gesellschaft zu demaskieren.
Die petrarkistische Dichtung, die "sich Körperteil für Körperteil vornimmt und deren
Eigenheiten in exquisiten Vergleichen einkreist" (ebd.,
S.235), war für Grimmelshausen eine zutiefst verabscheuungswürdige
Darbietung »viehischer Begierden«.
Und aus dem, was er von den
Humanisten und ihren Künsten und Wissenschaften hielt, hat
Grimmelshausen, dem die humanistische Bildungswelt als einem Menschen
ohne entsprechende Schulbildung, z. B. Kenntnisse in den alten
Sprachen, nicht aus erster Hand zugänglich war, an verschiedenen
Stellen seines Romans keinen Hehl gemacht.
Leute, die mehr an sich
selbst und ihr intellektuelles Vermögen als an Gott glaubten (vgl.
ebd.,
S.227) und dabei den Eindruck vermittelten, "das
Schöpfungswerk Gottes könne durch »Kunst und Wissenschaft« könne
durch Menschenwerk verbessert werden" (ebd.,
S.226), waren dem religiösen Rigoristen Grimmelshausen und vielen
seiner gleichgesinnten Zeitgenossen also
grundsätzlich mehr als suspekt.
In dem Kapitel aus dem Simplicissimus, um das es hier geht, soll
Simplicius bzw. Simplicissmus als der Einfältigste der Einfältigen, nichts anderes bedeutet sein Name, als Hofnarr am Hof zu Hanau die adelige
Gesellschaft mit seiner Rede unterhalten.
Als er mit der
Aufforderung konfrontiert wird: "Lass hören / weist du auch eine Dam
zu loben / sichs gebührt?", versucht er sich daran, einer
adeligen Dame Komplimente zu machen - und: scheitert, sehr zum
Wohlgefallen der adeligen Gesellschaft, kläglich. Im Text wird
daher gerade sie satirisch "zum Narren gehalten", auch wenn
sie das in keiner Weise bemerkt.
Wie beim petrarkistischen Schönheitspreis nimmt sich der
autobiografische Erzähler ein
Köperteil nach dem anderen der Dame vor, zieht aber "immerzu
Niedriges, Unedles, Schmutziges" bei seinen ausufernden Vergleichen
heran und entlarvt damit den Schein der Schönheit, den die Welt als
Ganzes, vor allem aber die höfische Gesellschaft mit ihren
humanistischen Gefolgsleuten "in ihrer Eitelkeit kultiviert" (ebd.,
S.236), um "das Sein der elenden kreatürlichen Existenz des
Menschen vorn sich selbst zu verbergen." (ebd.)
Die Freiheit auszusprechen, was an anderer Stelle ohne Bestrafung
niemals möglich gewesen wäre, ist nur in der Rolle des Narren
möglich. Selbst in dieser bewegt man sich aber auf einem
gefährlichen Terrain. Kommt es nämlich zu Missverständnissen, dann
hat ein Narr schneller seine Schuldigkeit getan, als ihm lieb ist
und wird rücksichtslos bestraft. So muss auch Simplicissimus erst
einmal in einem kurzen Eingangsdialog mit seinem Herrn, dessen
Bedenken ausräumen, er könne mit seinem närrischen Spiel die
anwesenden Damen meinen. Erst als klar ist, dass dies nicht der Fall
ist, kann das närrische Spiel wirklich beginnen.
Die Dame, um die es in dem Text geht, kommt an keiner Stelle gut
weg. Ihre Haarfarbe, Frisur,
Stirn, ihre Haut,
Augen, Backen,
Lippen, die Zähne in ihrem Mund, ihr
Hals, ihre Brüste,
Hände
und Finger und ihre gesamte Figur
werden nach und nach
"abgearbeitet". Vor dieser Reihenfolge hat er sich schon
abfällig über das Kleid der Dame, dessen
Dekolletee offenbar noch immer zeittypisch, obwohl Brustwarzen und
Brüste noch so zeigen, wie dies zeitweise in der Renaissance modisch
gewesen war, nicht nur allmählich Gegenstand großer Empörung,
sondern auch "als Zeichen einer tiefgehenden Unsittlichkeit", der
entblößte Busen mehr und mehr "ein Verbrechen an sich wurde" (Bologne
2001, S.77f.) Als einem Vertreter eines relgiösen Rigorismus
musste Grimmelshausen diese Entwicklung nur recht sein, die von den
Amtsträgern der Kirche immer schon, allerdings ziemlich erfolglos,
eingefordert worden war. So steht der Fingerzeig auf die
"diabolischen Brüste" und der sündigen Extravaganz der Dame (andere
junge Frauen tun dies, wie erzählt wird, jedenfalls nicht), dem der
adelige Herr in der Erzählung noch entgegnet, dass es doch ganz
normal sei, wenn eine Frau zeige, "was sie hat" ("lassen
billig sehen, was sehenswert ist") im Zusammenhang mit den
nachfolgenden Vergleichen, die auf eine in verschiedenen Belangen
mehr als zweifelhafte Moral der Dame verweisen (Huren, lange Finger
– Langfinger ist ein Synonym für Dieb –, welche "fischen"
(stehlen) wie "Zügeinerinnen").
Dass der Narr aber trotz der Entgegnung seines Herrn in der
Verurteilung des freizügigen Anblicks, den der Ausschnitt des
Kleides auf die Brüste freigibt, nicht locker lassen will, zeigt
seine weitere Beschreibung des Kleides, bei der er feststellt, dass
der
Diebesschneider, das, was oben fehlt, unten angenäht habe mit
der Konsequenz, dass der Rocksaum stets durch den Dreck gezogen wird
und der Dame, der kühne Vergleich sei hier erlaubt, deren Kleid "im
Dreck schlappt" eher das Aussehen einer Schlampe gibt, als
den "fänzigen",
den modebewussten und koketten "Huren",
denen sein eigener Schneider elegantere Kleider ohne solche
Schleppen zu schneidern versteht.
Die Vergleiche, die auf die zweifelhafte Moral der Dame verweisen,
werden ergänzt durch weitere die eben "überzwerch", d. h. in
verdrehter Weise, den Petrarkismus parodieren. So kommen Krankheiten
wie der "Erbgrind",
eine erbliche chronische Pilzerkrankung des
Kopfhaares, das zu einer fest anhaftenden, gelblich-bräunliche
Schuppenbildung führt, und die "schnelle Katharina",
eine Durchfallerkrankung ins Spiel, die nach "acht Wochen" nicht nur
zu einer körperlichen Auszehrung, sondern zu dem insgesamt
jämmerlichen Zustand der Dame geführt hat. Aber auch der Tod, und
damit das barocke Memento mori (Denke immer daran, dass du
sterblich bist!), wird mit dem Bild des "Totenkopfes"
aufgerufen, als der Erzähler sich mit der Stirn
und damit der Schädelform der eigentlich zu preisenden Dame
beschäftigt.
Mit diesen motivischen Anklängen an das für Barockliteratur typische
Vanitas-Motiv, die Vorstellung, dass alles Irdische nur vergänglich
und ein Leben nur im Hier und Jetzt letzten Endes sinnlos ist (eschatologischer
Daseinsbezug) und der satirischen Kritik an sozialen Praktiken, die
genau dieser "Eitelkeit" Vorschub leisten, kann nur der selbst als
Kalb verkleidete Narr es wagen, seinem Herrn unter die Augen zu
treten.
Seine Verkleidung als Ausdruck eines körperlichen Mangels ist dabei
auch Ausdruck seiner "Selbstironie und Selbstprostitution" (Frenzel,
Motive der Literatur 41992, S.561), die dringend
geboten ist, wenn er die Erwartungen erfüllen will, die ihm bei Hofe
seine besondere Stellung einbringt und ihm einen Freiraum gewährt,
seine Beobachtungen in seiner Rolle als "weiser" Narr als Kritik und
Mahnung anzubringen.
Dabei kam es natürlich für ihn darauf an, das
macht die Drohung des Herrn, in den Dialogpassagen erzählt, ihn jederzeit "karbaitschen"
oder anderweitig malträtieren zu können, überdeutlich, "Kritik und Witz zu dämpfen
und zu kaschieren, die nicht verletzen, sondern ein befreiendes
Gelächter auslösen, irdische Bedrängnisse überwindbar erscheinen
lassen und Einsicht wecken sollen. Indem der Narr sich selbst zur
Zielscheibe des Witzes macht und sich selbst dem Gelächter aussetzt,
um es unversehens wieder auf den Angreifer abzulenken, verwischt er
den Ernst seines Anliegens, und seine Absichten werden leichter
akzeptiert. Vielleicht provoziert er das Gelächter auch zur
Selbstbestrafung für die eigene Aggressivität." (ebd.)
So muss auch Simplicissimus am Ende seiner Ausführungen froh sein,
dass er als Narr, in Abwandlung einer Redensart, seine
Schuldigkeit getan hat. Trotz, und vielleicht auch gerade wegen
der übertriebenen Derbheit seiner Ausführungen, bei der er kein
Blatt vor den Mund nimmt, bringt er die Gesellschaft
am Ende zum Lachen.
Als unmittelbare Reaktion auf den
"Katharina-Witz" ist es ein in der Kommunikationssituation
fundiertes, befreiendes "Gelächter"
, das keinen Anschein darauf zulassen kann, dass das, was der Narr
geäußert hat, mit einer der anwesenden Damen tatsächlich zu tun
haben könnte.
Und so macht man sich auch beim "Vexieren"
(weiteren Foppen und Verächtlichmachen) des Narren nach seinem
Vortrag weiter Luft und deklariert noch im Nachhinein wie zur
Selbstbestätigung, dass das Ganze als eine Art Aufführung unter
Publikumsbeteiligung eben doch "nur" ein närrisches "Spiel" gewesen
ist.
Dass auch der Narr dies, ob in Verkennung der Lage oder als
Fortführung seines Spiels, so sieht, und sich, wenn er "wie ein
Holländer" dabei im Augenblick seines Erfolges stolz herumspaziert,
auch weiterhin bereitwillig zum Narren machen lässt, ist
indessen nicht klar ersichtlich, könnte aber durchaus zum Konzept
eines "weisen" Narren gehören.
Ob aber Simplicissimus, der
Einfältigste der Einfältigen, zu dieser Sorte Narren zu zählen ist,
dürfte mehr als zweifelhaft sein, wie sein ständiger Rückgriff auf
die eigene Lebenswelt, aus der er die praktischen Ratschläge für
eine bessere "Performance" der zu preisenden Dame bezieht,
verdeutlicht, die auf die Beschränktheit seines (sozialen und
geistigen) Horizonts verweisen.
-
Kleid:
-
»Unser
Affe trägt seinen Hindern bloß, diese Damen aber allbereit ihre
Brüste dann andere Mägdlein pflegten ja sonst solche zu
bedecken.«
-
»der
Diebsschneider ist an allem schuldig, er hat das Gewand, das
oben um den Hals gehört und die Brüste bedecken sollte, unten an
dem Rock stehen lassen; darum schleift er so weit hinten hernach;
[...] sehet, daß Ihr meines Knäns Schneider bekommt, der hieß
Meister Paulgen; er hat meiner Meuder, unserer Ann und unserm
Ursele so schöne gebrittelte Röcke machen können, die unten
herum ganz eben gewesen sein; sie haben wohl nicht so im Dreck
geschlappt wie Eurer. Ja Ihr glaubet nicht, wie er den fänzigen
Huren so schöne Kleider machen können, darinnen sie geprangt wie
Barthel.«
-
Haarfarbe
"Haar,
das ist so gelb wie kleiner Kinderdreck"
-
Frisur:
-
Stirn:
"wie
hat sie so eine schöne glatte Stirn; ist sie nicht feiner
gewölbet als ein fetter Arsbacken und weißer als ein Totenkopf,
der viel Jahr lang im Wetter gehangen"
-
Haut /Teint:
"ihre
zarte Haut durch das Haarpulver so schlimm bemakelt wird; dann
wann es Leute sehen, die es nicht verstehen, dörften sie wohl
vermeinen, die Jungfer habe den Erbgrind, der solche Schuppen
von sich werfe"
-
Augen:
"vor
die funklende Augen, die von Schwärze klärer zwitzern als der
Ruß vor meines Knäns Ofenloch, welcher so schrecklich glänzete,
wann unser Ann mit einem Strohwisch davorstund, die Stube zu
heizen, als wann lauter Feur darin stecke, die ganze Welt
anzuzünden"
-
Backen:
"Ihre
Backen sein so hübsch rotlecht, doch nicht gar so rot, als
neulich die neue Nestel waren, damit die schwäbische Fuhrleute
von Ulm ihre Lätz gezieret hatten"
-
Lippen:
"die
hohe Röte, die sie an den Lefzen hat, übertrifft solche Farbe
weit"
-
Zähne / Mund:
"wann
sie lachet oder redet (ich bitte, der Herr gebe nur Achtung
darauf), so siehet man zwei Reihen Zähne in ihrem Maul stehen,
so schön zeilweis und zuckerähnlich, als wann sie aus einem
Stück von einer weißen Rübe geschnitzelt wären worden"
-
Hals:
"ist
ihr Hals ja schier so weiß als eine gestandene Saurmilch"
-
Brüste:
"ihre
Brüstlein, die darunter liegen, sein von gleicher Farbe und ohn
Zweifel so hart anzugreifen wie ein Gaiß Mämm, die von übriger
Milch strotzt. Sie seind wohl nicht so schlapp, wie die alte
Weiber hatten, die mir neulich den Hindern butzten, da ich in
den Himmel kam"
-
Hände und Finger:
"ihre
Hände und Finger an, sie sind ja so subtil, so lang, so gelenk,
so geschmeidig und so geschicklich gemacht, natürlich wie die
Zügeinerinnen neulich hatten, damit sie einem in Schubsack
greifen, wann sie fischen wollen"
-
Körperbau / Figur:
"Aber
was soll dieses gegen ihrem ganzen Leib selbst zu rechnen sein,
den ich zwar nicht bloß sehen kann. Ist er nicht so zart, schmal
und anmutig, als wann sie acht ganzer Wochen die schnelle
Katharina gehabt hätte?"
Es sind dabei vor verschiedene Motive, die in dem Textauszug von
Bedeutung sind: Die typisch barocken Vanitas und Memento mori sowie
das Maskenmotiv und das Motiv des Narren.
Insgesamt dominieren
ein ineinander verschachtelter Satzbau und die insgesamt sehr bildhafte
Sprache. Was in den Sätzen dargestellt wird wird häufig variiert und aus
verschiedenen Perspektiven betrachtet, um den Hauptgedanken der
Eitelkeit und Vergänglichkeit auszuschmücken. (Amplifikation)
Bei der umfänglichen,
in langen Sätzen vorgenommenen Beschreibung des Kleides der Dame kommt
der Erzähler geradezu ins Schwadronieren wie auch bei der Beschreibung
des Gesichts der Dame. Die auch in diesen Beispielen deutlichen
Häufungen, Wiederholungen und Variationen von Wörtern, Beispielen,
Vergleichen und Sprachbildern für den gleichen Sachverhalt sind typische
Merkmale barocker Dichtung.
"Im Textausschnitt
vergleicht Simplicissimus den Affenhintern mit den Brüsten der
anwesenden Frauen. Die Aussagen "ein fetter Arsbacken" und "weißer als
ein Totenkopf" erzeugen das Bild einer glatten, gerundeten, weißen und
leblosen Stirn. Ein Beispiel für eine Häufung sieht man etwa an den
bedeutungsähnlichen Verben "funkeln, zwitzern, glänzen", welche rasch
hintereinander verwendet werden. In diesem Abschnitt wird thematisch
immer wieder auf das Feuer hingewiesen: "Ruß", "Ofenloch", "hitzen",
"Feuer", "anzuzünden"
Was die Syntax betrifft, so fallen meist die bereits schon einmal
genannten Satzglieder weg, ebenso Subjekt und Prädikat, die mehreren
Sätzen gemeinsam sind (Episode vom Schneider.) (Hager
2016, S.38)
In dem Grimmelshausen
seinen Erzähler im Dialekt seiner Heimat (Röhn und Spessart) sprechen
lässt, platziert er ihn auch sprachlich außerhalb der höfischen
Gesellschaft. Dabei gibt er sich durchaus Mühe, an deren Sprache
anzuknüpfen, wenn er ein "Fremdwort" wie "subtil"
benutzt, das vielleicht in der höfischen Gesellschaft in Gebrauch ist
und verwendet auch fachsprachliche Ausdrücke wie "gebrittelt"
oder "Nestel",
insgesamt ist der sprachliche Gestus jedenfalls spürbar, auch wenn er
nicht von Erfolg gekrönt ist, sich den sprachlichen Erfordernissen der
höfischen Kommunikation. so gut es eben geht, anzupassen, und dabei
möglichst viele "sprachliche Register" zu ziehen vom Soldatenjargon bis
hin zur Predigersprache ("O
Wunderbild!")
Dass seine Vergleiche
stets "überzwerch", als vollkommen verdreht daherkommen und in anderen
Kontexten als grobe Beleidigungen angesehen würden, wird an allen
Stellen klar, wo er sie zur Parodie des petrarkistischen
Schönheitspreises verwendet.
Da werden die seitlich
herunterfallenden Haare der Dame zu "Bratwürsten" und "Saubürsten", die
Stirn zu "fetten
Arsbacken", die Halsfarbe mit »gestandene(r) Saurmilch«
und ihre "kleinen
Brüstlein" als nur nicht ganz so "schlapp"
verunglimpft wie die älterer Frauen, um nur einige der oben aufgeführten
Vergleiche und Metaphern zu nennen. Dass die
Röte der Lippen mit der Röte des Bändels, das den Hosenlatz von
Fuhrleuten ziert, nicht einmal mithalten kann, setzt dem Ganzen wohl die
Krone auf.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
20.02.2022