Die Fragen, die in einem
• Interview
gestellt werden, sollten im Allgemeinen möglichst kurz, in jedem Fall aber
so präzis wie möglich sein.
Sie müssen einen wirklich
initiierenden
Charakter haben, d. h. ihre Äußerung sollte den
interviewten Gesprächspartner selbst dann zu einer Reaktion zwingen, wenn
er eigentlich auf die jeweilige Frage keine Antwort weiß und u. U. "nur"
mit einer
•
Gegenfrage antwortet.
Der Aspekt der Responsivität
Die Antwort bzw. der
respondierende Akt des Interviewten sollte vom Interviewer im Geiste
auf seine
Responsivität überprüft werden. Dabei muss er klären,
-
ob die Antwort des Interviewten Intention und
Inhalt der Frage aufnimmt und damit
responsiv ist, oder
-
ob sie nur einen inhaltlichen Teil berücksichtigt
(Teilresponsivität) oder
-
ob sie auf keines von beidem eingeht
(Nonresponsivität).
Als Ergebnis dieser Überprüfung ergibt sich z. B. die
Notwendigkeit mit einer
•
Rückfrage/Nachfrage
"nachzudoppeln", um doch noch zu der gewünschten Information zu gelangen.
Fragearten
Die Fragen, die in einem Interview gestellt werden,
müssen natürlich nicht grundsätzlich die grammatische Form des
Fragesatzes aufweisen. Eine Frage kann auch in Impulsform ohne diese
grammatischen Regeln gestellt sein, wobei der Intonation dann besondere
Bedeutung zukommt. Wichtig für das Interview ist vor allem, dass Fragen
und Impulse wirklich initiierende Akte sind, d. h. den Interviewten zu
einer Antwort "nötigen".
Welche
•
Fragearten man beim Interview letztendlich bevorzugt, hängt von
verschiedenen Faktoren (Gegenstand, Persönlichkeit, Kompetenz des
Interviewten etc.) ab. Unter dem Blickwinkel verschiedener
wissenschaftlicher Ansätze ergeben sich dabei unterschiedliche Typologien:
Sprechakt Frage
Unter sprechakttheoretischen Gesichtspunkten gehören
die Fragen zu den den
•
Partner festlegenden Sprechakten.
Mit
diesem Sprechakt will ein Sprecher sein eigenes Wissen dadurch
erweitern, dass er seinen Partner zu einer Äußerung veranlasst.
Fragen lassen sich danach in verschiedenen Formen realisieren:
-
Als
initiierender Akt in einem Interview ist die
•
Entscheidungsfrage
besonders gut geeignet, den interviewten Gesprächspartner zu einer
Antwort zu veranlassen (respondierender
Akt), die
responsiv ist, d. h. Intention und Inhalt der Frage aufnimmt. (vgl.
geschlossene Frage)
-
Die
•
Ergänzungsfrage
(Sachfrage) eignet sich im
•
Interview als
initiierender Akt besonders dazu, den interviewten Gesprächspartner
zu einer detaillierten Antwort zu einem bestimmten Sachverhalt zu
veranlassen (respondierender
Akt). Allerdings besteht hierbei leicht die Tendenz, dass die
Antwort nicht unbedingt
responsiv ausfällt, d. h. Intention und Inhalt der Frage aufnimmt.
-
Wer seinem Interviewpartner im Interview eine
•
Alternativfrage
stellt, will dem Interviewten nur eine Alternative lassen und
erwartet, dass er dieser für
eine der beiden Alternativen entscheidet. Im
•
Interview ist die Alternativfrage daher als
initiierender Akt gut geeignet, den interviewten Gesprächspartner zu
einer Antwort zu veranlassen (respondierender
Akt), die
responsiv ist, d. h. Intention und Inhalt der Frage aufnimmt.
Allerdings ist damit zu rechnen, dass der Interviewte u. U. auf diese "Art
kolloquialer Nötigung" ( vgl.
Linke u. a. 1994 S.279) nicht gerade freundlich reagiert.
-
Mit einer •
Rückfrage,
deren Gestalt immer davon abhängt, was zuvor geäußert worden ist,
will der Interviewer herausfinden, ob
er die Antwort des Interviewten richtig verstanden hat. Im
•
Interview ist die Rückfrage als
initiierender Akt stets eine
Nachfrage,
mit der der Interviewer den interviewten Gesprächspartner im Allgemeinen
zu einer präziseren oder umfassenderen Antwort veranlassen will (respondierender
Akt). Grund für die Rückfrage ist dabei häufig, dass die
vorausgegangene Antwort nur teilweise
responsiv gewesen ist, d. h. nur einen bestimmten inhaltlichen
Teil der Frage aufgenommen hat.
Die inhaltliche Leistung der Fragen
Nach ihrer inhaltlichen Leistung kann man auch die
folgenden Fragearten unterscheiden, die für das Interview von Belang
sind::
-
Geschlossene
Fragen lassen dem Gefragten nur die Möglichkeit lassen sich
mit Ja oder Nein oder für eine vorgegebene Alternative zu entscheiden.
(= Entscheidungsfragen)
-
Offene Fragen lassen
dem Gefragten die Möglichkeit, eine eigene Wahl zu treffen oder auch
weitere Ausführungen zu machen.
-
Tendenzfragen
sind so formuliert, dass eine erwünschte
Antwort nahe gelegt wird. Derartig suggestive Fragen, bei denen klar
ist, welche Antwort dem Interviewenden am liebsten wäre, sind
selbstverständlich kein empfehlenswerter journalistischer Stil
-
Vergewisserungsfragen
werden gestellt, wenn man bestätigt sehen will, dass das, was behauptet
oder vermutet wird, tatsächlich stimmt (vgl.
Heringer, 1989)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.01.2024
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