Gegen die ▪
ähnlichkeitsbasierten Ansätze der ▪
Exemplartheorie und der ▪ Prototypentheorie
zur Erklärung der ▪
Repräsentation konzeptionellen Wissens
hat sich eine grundsätzlich andere Sichtweise in Position gebracht,
die in Frage stellt, dass Merkmale einer Kategorie und damit mithin
auch die Kategorie selbst quasi objektiv festgestellt werden können.
Da diese Sichtweise
vor allem darauf beruht, das vorhandene Wissen und intuitiv
"strukturierte Gebilde" (Waldmann
2017, S.391) die ähnlich wie Theorien funktionieren, zur
Erklärung für die Kategorisierung von Objekten (Daten, Merkmalen) und ihre relationalen Beziehungen heranzuziehen, kann man sie im
Gegensatz zu den ähnlichkeitsbezogenen Ansätzen als "Theoriensicht
"(Webd. S.372)
bzw. als wissensbasierten Theorienansatz bezeichnen.
Nur damit keine
Missverständnisse entstehen: Auch die Theoriensicht hat in der
empirisch ausgerichteten ▪
Kognitionspsychologie, selbst wenn
hier noch immer qualitative Beschreibungen und Überlegungen
dominieren, den Anspruch, ihre Sichtweise empirisch zu beweisen, und
hat dies auch zum Teil mit bemerkenswerten Experimenten getan, die das
überwiegend auf die Arbeit mit artifiziellem Lernmaterial gestützte
Vorgehen der ähnlichkeitsbasierten Experimente zu überwinden suchte.
Was diesen Ansatz
von den ähnlichkeitsbasierten Ansätzen grundlegend unterscheidet,
ist die Auffassung, "dass Merkmale nicht objektiv vorfindliche
Eigenschaften der Daten sind, sondern eine Konstruktion, die aus der
Interaktion von Theorie (top-down) und Daten (bottom-up)
resultiert." (Waldmann
2017, S.373)
Merkmale von Kategorien stehen in einer Beziehung zueinander
Insbesondere am
Beispiel der ▪ natürlichen Kategorien
(Obst, Gebäude, Fahrzeug, Lebewesen, Stuhl etc.) konnte gezeigt
werden, dass ihre Repräsentation nicht einfach über ein Aufsummieren
von einander unabhängigen Merkmalen funktioniert oder als ein Bündel von
Merkmalen verstanden werden kann, sondern ihrer Repräsentation auch
relationale Beziehungen zwischen den Kategorien zugrunde liegen.
Solche Beziehungen zwischen den Merkmalen sind meistens funktionaler
oder kausaler Art, das zu unserem Konzeptwissen zählt. Beim Konzept
"Blaumeise" stehen die Merkmale "hat Flügel" und "kann fliegen" in
einem solchen relationalen Zusammenhang.
Intuitive Theorien interagieren mit den Daten
Wenn Merkmale keine
objektiv vorzufindenden Eigenschaften von Objekten (Daten)
darstellen, dann rückt, wie schon erwähnt, in den Fokus, wie
Kategorien unter Beteiligung des Wissens gebildet werden und wie die
Kategorisierung von Objekten erfolgt. Hier geht der wissensbasierte
Theorienansatz davon aus, dass unsere Kategorien wie intuitive
Theorien funktionieren, und die Objekte, die mit ihrer Hilfe
kategorisiert werden, die Rolle von Daten übernehmen. Intuitive
Theorien und Daten agieren dabei stets zusammen, was auch bedeutet,
dass die Art und Weise, wie die Daten beschrieben werden, zum Teil
jedenfalls auch von unseren gespeicherten Theorien abhängt.
Dieser Zusammenhang
lässt sich an verschiedenen Beispielen demonstrieren.
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So hat man
zeigen können, dass sich das Konzept BETRUNKENER auf jemanden
anwenden lässt, der während einer Party in einen Swimmingpool
springt. Und das geschieht nicht etwa deshalb, weil ein solches
Verhalten ein charakteristisches Merkmal von BETRUNKENEN
darstellt. Erklärbar ist es aber, weil wir offenbar über eine
Theorie verfügen, die ein solches Verhalten einem BETRUNKENEN
als Konsequenz von übermäßigem Alkoholkonsum zuschreibt. (vgl.
Medin et al. 2005, vgl.
Waldmann
2017, S.373)
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Ähnlich lässt
sich natürlich mit ähnlichen Beispielen argumentieren.
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Wenn eine
Person bei einem Treffen auf eine besondere Art und Weise
ständig lächelt und sich über alles Mögliche amüsiert,
könnten wir dieses Verhalten zunächst einmal mit unserem
Konzept "BEKIFFT" erklären.
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Das Konzept
RASER lässt sich z. B. verwenden, wenn man sich erklären
will, warum ein/e Autofahrerin* hinter uns mehrfach die
Lichthupe bedient.
Die Beispiele
zeigen aber auch, dass man in einer bestimmten Situation entscheiden
muss, ob die intuitive Theorie und die Daten für einen auch wirklich
zueinander passen. Ein Anspruch auf logische Wahrheit begründet sich
dadurch allerdings nicht.
Wissensbasierte Theorienansätze erklären die Kohärenz von Kategorien
Die
Kohärenz von Kategorien, also ihre Fähigkeit bestimmte Exemplare
(Daten) zu repräsentieren, lässt sich mit dem wissensbasierten
Theorienansatz gut erklären. So konnte man zeigen, "dass man durch
die Aktivierung von Vorwissen Lernende dazu bringen kann, eine
kohärente Kategorie zu sehen, die sie ohne dieses Wissen eher nicht
wahrgenommen hätten." (Waldmann
2017, S.373)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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