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Schreibstrategien

Was man über Arbeitsschrittmodelle wissen muss

 
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Die Art und Weise, wie jemand eine bestimmte ▪ Schreibaufgabe bewältigt, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, wie  z. B. der Person, ihren Schreiberfahrungen und -routinen (Schreibentwicklung), ihrer Motivation beim Schreiben, der Schreibaufgabe, dem Setting, in dem diese angegangen wird, und schließlich dem Texttyp selbst. (vgl. Becker-Mrotzek/Böttcher 2011, S.39). Das alles kann und soll hier nicht im im Einzelnen erörtert werden können.

Ehe wir uns allerdings mit der Frage von Sinn und Unsinn von Arbeitsschrittmodellen befassen, müssen wir uns ein paar Gedanken über das Schreiben im Allgemeinen machen.

Schreiben ist immer ein vielschichtiger Prozess und keine "Naturgewalt"

Manche folgen beim Schreiben einfach ihrem "Gefühl", andere mühen sich von Satz zu Satz, schreiben Konzepte und versuchen, das, was sich in ihren Augen bzw. ihrer bisherigen Schreibpraxis als tauglich und mehr oder weniger gut erwiesen hat, zur Bewältigung einer bestimmten Schreibaufgabe einzusetzen. Manch einer macht sich schon einmal Gedanken über sein Schreiben (metakognitive Kompetenz), andere machen es "halt wie immer". Wiederum andere versuchen sich genau an vorgeschlagene Arbeitsschritte für eine bestimmte Schreibaufgabe zu halten. Den einen hilft das weiter, andere tun sich auch dann noch mit dem Schreiben schwer.

Kommt es zu Problemen beim Schreiben bleiben viele einigermaßen ratlos. Das Schlimmste daran: Wer ratlos ist, verliert schnell jede "Lust am Schreiben", quält sich oft lange vor einem leeren Blatt, weiß weder wie anfangen noch wie weitermachen.

Was am wenigstens hilft: Ganz simple Antworten, auf ein meistens ziemlich komplexes Problem, die einen davon abhalten, sich mit sich und seinem Schreiben ernsthaft auseinanderzusetzen. Wer das aber tut, muss vielleicht erst einmal mit seine Vorstellungen vom eigenen Schreiben hinterfragen. Gängige ▪ Alltagshypothesen über das Schreiben führen allerdings kaum weiter, auch wenn sie einen manchmal irgendwie entlasten. Verwunderlich ist hingegen nicht, dass wir gerne auf solche Konzepte des vermeintlich "gesunden Menschenverstandes" zurückgreifen: Ist uns doch unsere eigene ▪ Schreibentwicklung, der Prozess also, in dem wir zu dem Schreiber oder der Schreiberin geworden sind, die wir sind, oft ▪ rätselhaft.

Jedenfalls kann man nicht einfach schreiben, oder kann es eben nicht (▪ Genie-Hypothese) oder Schreiben lernt man nicht unbedingt durch Lesen (▪ Dornröschen-Hypothese) und auch nicht durch Nachmachen, also indem man so schreibt, wie man es vorgemacht bekommt (▪ Nachahmungshypothese). Als ob das mit dem Schreiben so einfach wäre! Schreiben ist jedenfalls viel komplexer als solche simplen Antworten vorgaukeln.

Dass Schreiben eine Tätigkeit ist, die einen komplexen kognitiven und psychomotorischen Hintergrund hat, muss einen deshalb aber nicht abschrecken. Im Gegenteil: Wer das einmal verstanden hat, tut sich bei seiner weiteren Schreibentwicklung sogar leichter, weil sich das Schreiben in etliche Teilprozesse zerlegen lässt, an deren Stellschrauben man drehen kann, um sein Schreiben zu verbessern. 

Schreiben kann man nämlich lernen, vorausgesetzt, man bringt die Bereitschaft dazu auf und weiß, wie man das tun kann. Die Kompetenzen, die zum Schreiben gehören, werden zwar, vom Schriftsprachenerwerb als Kind angefangen, über einen langen Zeitraum hinweg entwickelt, können aber, ohne an bestimmte Altersstufen gebunden zu sein, neu erworben, erweitert und gefestigt werden. "Geborene Schreiber" gibt es jedenfalls nicht, und wir alle haben das Schreiben gelernt.

Planen - Formulieren - Überarbeiten

Wie man auch immer bei der Bewältigung einer Schreibaufgabe vorgeht, immer spielen drei Prozesse beim Schreibprozess eine Rolle, nämlich Planen, Formulieren und Überarbeiten (Hayes/Flower 1980).

Dabei muss das nicht hintereinander passieren, sondern es bedeutet nur, dass Planen, Formulieren und Überarbeiten beim Schreiben immer irgendwie aufeinander bezogen werden (Rekursivität), sich dabei vermischen und beliebig oft wiederholt werden können. Es kommt auch vor, dass alle drei Prozesse gleichzeitig miteinander verlaufen.

Das alles gilt auch, wenn für bestimmte Schreibaufgaben Arbeitsschritte vorgeschlagen werden. Solche Arbeitsschrittmodell schlagen zwar in der Regel vor, die jeweiligen Arbeitschritte einer nach dem anderen auszuführen, zugleich können sie aber eigentlich den Anspruch gar nicht erheben, dass bestimmte Schreibaufgaben nur so erfolgreich bewältigt werden können.

Arbeitsschritte, Lese-  und Schreibstrategien

Arbeitsschrittmodelle beziehen sich, je nach Schreibaufgabe, stets auf bestimmte ▪ Lesestrategien (wenn zu Texten geschrieben werden soll) und bestimmte ▪ Schreibstrategien, denen sie mehr oder weniger folgen. Oft verbinden sie auch mehrere Strategien als "Vorgehenspläne beim Schreiben" (Becker-Mrotzek/Böttcher 2011, S. 30) miteinander. Das entspricht ohnehin eher dem, wie man gewöhnlich in der Praxis schreibt.

Das Wichtigste also vorweg: Arbeitsschrittmodelle sind immer nur Vorschläge dafür, wie man bestimmte Schreibaufgaben bewältigen kann.

Wer sich also dafür entscheidet, die vorgestellten Wege zu gehen, entscheidet sich zunächst einmal dafür, einen solchen Weg zu erproben. Am Ende muss der Schreiber bzw. die Schreiberin selbst darüber entscheiden, ob er/sie damit klarkommt und die gesetzten Schreibziele erreicht. Und natürlich kann man immer auch nur einzelnen Arbeitsschritten folgen und sich sein eigenes Arbeitsschrittemodell "zimmern".

Schritt-für-Schritt-Schreiben

Arbeitsschrittmodelle haben es gewöhnlich an sich, dass sie die Schreibaufgabe in Teilaufgaben zerlegen. Dabei sollen diese Teilaufgaben im Allgemeinen im Schritt-für-Schritt-Schreiben bewältigt werden.

Diese Arbeitsschritte können dabei größer oder kleiner, umfangreicher oder weniger umfangreich, selbst komplex oder weniger komplex ausfallen. Je klarer ein Teilschritt mit einer bestimmten Teilschreibaufgabe im Rahmen des Ganzen verbunden werden kann, desto präziser lässt sich auch an dieser oder jener Stellschraube beim Schreiben drehen, wenn es zu Schreibhemmungen kommt, die oft schnell zu einer verminderten Schreibmotivation führen.

Grundlegend für Arbeitsschrittmodelle auf der Basis des Schritt-für-Schritt-Schreibens ist die Vorstellung, dass sich der zur Bewältigung einer bestimmten Schreibaufgabe erforderliche Schreibprozess in klare Einzelschritte zerlegt besonders gut organisieren lässt und das Strukturieren und Formulieren Textes, auf den die Schreibaufgabe hinausläuft, dadurch erleichtert wird.

Das deckt sich durchaus auch mit den Erfahrungen vieler Schülerinnen und Schüler, die auf ihre je eigene Weise, solchen Arbeitsschrittmodellen vollständig oder nur zum Teil folgen. Sie lernen ihr Schreiben auf diesem Wege gewöhnlich auch besser einzuschätzen, wissen, woran sie noch arbeiten müssen und so können sie auch ▪ Schreibstörungen und -blockaden, die einem ganz schön zu schaffen machen können, leichter überwinden.

Allgemeiner Fragebogen zur Selbsterkundung des eigenen Schreibens

Die Probleme beim Schritt-für-Schritt-Schreiben mit Arbeitsschrittmodellen sollen allerdings nicht verschwiegen werden.

  • Wie bei allen Schreibstrategien gilt auch hier: Nicht für jeden Schreiber / jede Schreiberin ist ein solches Vorgehen geeignet, entspricht ihren gemachten Schreiberfahrungen und Ansprüchen und Zielen, die sie mit ihrem Schreiben verbinden.

  • Schritt-für-Schritt-Schreiben ist zeitaufwändig und verlangt unabhängig davon, ob einen das Thema interessiert oder ob im Rahmen einer ▪ Lern-, Übungs- und Leistungsaufgabe durchgeführt wird, eine hinreichende Schreibmotivation.

  • Ohne Erfahrung, eine adäquate Selbsteinschätzung und ein ausgeklügeltes Zeitmanagement lässt sich das zeitaufwändige Schritt-für-Schritt-Schreiben im engen Zeitfenster von Klassenarbeiten und Klausuren (Leistungsaufgaben) nicht ohne Weiteres durchführen.

  • Es kann leicht dazu kommen, dass man sich bei den Vorarbeiten verzettelt und in einem Gestrüpp von Vorarbeiten hängenbleibt. Daher kommt es auch oft zu einem "planlosen" Wechsel der Schreibstrategie und zum Verzicht auf die Durchführung der noch ausstehenden Arbeitsschritte. Ob und wie sich dieses notgedrungene "Überspringen" von Arbeitsschritten auf das angestrebte Schreibziel auswirkt, dürfte allerdings von Schreiber/-in zu Schreiber/-in unterschiedlich sein. In den meisten Fällen aber führt ein solcher Wechsel von Schreibstrategien im Rahmen eines laufenden Schreibprozesses zu Bruchlinien bei der thematischen Entfaltung und bei der Ausformulierung des Textes. So ist dann deutlich zu erkennen, dass z. B. der erste Teil Schritt für Schritt geschrieben und der letzte Teil ▪ fast aus dem Bauch, oft ▪ planend, aber auch ebenso häufig nach der Strategie ▪ Einen-Text-zu-einer-Idee-Schreiben abgefasst wurde. Und: Unter Zeitdruck schaffen es auch begabtere Schülerinnen und Schüler kaum, einen solchen Rest ihres Aufsatzes in Form des Aus-dem-Kopf-Niederschreibens abzufassen.

  • Wird das Schritt-für-Schreiben ohne die oben gemachten Einschränkungen als Patentrezept für das bestimmte Schreibaufgaben z. B. auch von einer Lehrkraft "verkauft", werden Schülerinnen und Schüler dabei gehindert, ihren eigenen Weg beim Schreiben zu finden und Schreibaufgaben mit anderen Schreibstrategien zu bewältigen. Zudem fördert dies eine problematische ▪ lernstrategische Orientierung auf Seiten der Schülerinnen und Schüler, wenn sie, um es der Lehrkraft, von deren Zuwendung sie sich abhängig sehen, recht zu machen, von einer aufgaben- und problemorientierten Herangehensweise an das Schreiben abgebracht werden.

 

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 11.01.2024

     
 

 
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