▪
Zahlen,
Werte, Daten in einem Text visualisieren
Die ▪
Analyse und Beschreibung von
Bildstatistiken bzw. Diagrammen verlangt – je nach ▪
Schwierigkeitsgrad
der ▪ Schreibaufgabe
– unterschiedliche Kompetenzen auf verschiedenen ▪
Kompetenzniveaus.
Mit ihrer Hilfe lassen
sich unter dem Aspekt der erforderlichen ▪
Schreibkompetenz
auch geeignete kompetenzorientierte ▪
Schreibaufgaben zur
Analyse und Beschreibung von Bildstatistiken auf den ▪
Ebenen des Wissens (▪
inhaltliche Kompetenz), der ▪
Strukturierung (▪
Strukturierungskompetenz) und
der ▪
Formulierung
(▪ Formulierungskompetenz)
entwickeln, die in die drei unterschiedlichen Niveaus ▪
einfach,
▪
schwierig,
▪
komplex eingeteilt
werden können. (vgl.
Becker-Mrotzek/Böttcher
2006/2011, S.60).

Bei der Rezeption von Bildstatistiken/Diagrammen benötigt man
Lesekompetenz, weil Bildstatistiken/Diagramme im Allgemeinen einen
Diagrammtitel haben und ihre Achsen und Datenreihen beschriftet sind.
Das gilt um so mehr, wenn die Diagramme in einen
kontinuierlichen Text
eingebunden sind und zwischen dessen
Fließtext und dem Diagramm
explizite oder implizite Bezüge hergestellt werden. Bei
aspektorientierten Schreibaufgaben, die Vorgaben zur Entnahme relevanter
Informationen aus einer derartigen Bildstatistik machen, gilt dies in
gleicher Weise,
Wer anspruchsvolle ▪
Schreibaufgaben zur
▪
Analyse und Beschreibung von
Bildstatistiken bewältigen will, muss darüber hinaus über die dafür
nötige ▪
Schreibkompetenz
verfügen. Fix (2008,
S.33) spricht in diesem Zusammenhang von
▪
Zielsetzungskompetenz,
▪
inhaltlicher Kompetenz,
▪
Strukturierungskompetenz
und ▪
Formulierungskompetenz.
Die besonderen
Kompetenzen, die bei der ▪
Analyse und Beschreibung von
Bildstatistiken bzw. Diagrammen benötigt werden, lassen sich unter
dem Begriff der
Diagrammkompetenz bzw. Bildstatistikkompetenz zusammenfassen, zu
der verschiedene Fähigkeiten bei der Rezeption
(Diagrammrezeptionskompetenz) und Produktion von Diagrammen
(Diagrammproduktionskompetenz) zählen.
Zur Diagrammrezeptionskompetenz
zählen dabei die allgemeine Diagrammkompetenz sowie die
Diagrammbeschreibungskompetenz als Teilkompetenz der Schreibkompetenz
mit besonderen Ausprägungen in allen vier Teilbereichen, nämlich bei der
▪ inhaltlichen Kompetenz,
der ▪ Zielsetzungs–,
der Strukturierungs–
und der Formulierungskompetenz.
So muss man z. B.
inhaltliches
Wissen haben, um auf sein Vorwissen zurückgreifen zu können. Dieses
deklarative
und
prozedurale Wissen
(Weltwissen,
Sprachwissen,
Textmuster–,
und
Textstrukturwissen)
muss, am besten verbunden mit vorhandenem bereichsspezifischen
thematischem
Wissen, aktiviert werden, um zu einem ▪
vertieften Verständnis der ▪
depiktionalen Darstellung einer Bildstatistik/eines Diagramms als ▪
logisches Bild zu
gelangen.
Ein entscheidender
Faktor bei der Informationsentnahme aus einem Diagramm und seiner
Interpretation spielt wie im Grunde bei jeder Art von Texten das
Vorwissen der Schülerinnen und Schüler über das Thema der Bildstatistik.
Damit beeinflusst dieses Vorwissen aber auch die Informationsentnahme,
insbesondere dann, wenn sie auf Vorurteilen beruhen ("je mehr
betrunkene Fahrer, desto mehr Unfälle“). Daher werden bei der
Informationsentnahme vorrangig Trends abgelesen, die mit den eigenen
Vorstellungen überstimmen und das sogar selbst dann, wenn die Daten gar
nicht wirklich zu dem generellen Trend passen.
Im Grunde handelt es sich
bei diesem Phänomen um eine ▪
kognitive Verzerrung,
namentlich den ▪
Confirmation Bias (»Bestätigungsfehler),
der dazu führt, dass Ergebnisse, die eigene Hypothesen bestätigen,
bevorzugt werden. Dementsprechend "(kann) ein korrektes oder inkorrektes
Ablesen von bestimmten Inhalten beispielsweise (...) unter Umständen gar
nicht auf höhere oder geringere Fähigkeiten zum Umgang mit Diagrammen
zurückzuführen sein, sondern auf ein höheres oder niedrigeres
inhaltliches Vorwissen sowie darauf, dass sich die Vorstellungen und
Erwartungen von Lernenden mehr oder minder mit den im Diagramm
dargestellten Informationen decken." (Lachmayer 2008,
S.50)
Da das Verstehen logischer
Bilder im Unterschied zum ▪
Verstehen von
realistischen Bildern nicht auf kognitiven Schemata der
Alltagswahrnehmung beruht, sondern auf besonderen
▪
grafischen Schemata (graphic schemata), mit deren Hilfe
Informationen aus der visuell-räumlichen Konfiguration des logischen
Bildes abgelesen werden können, müssen diese Schemata zur Bewältigung
der Schreibaufgabe zuvor mit den mit ihnen verbundenen Kompetenzen (z.
B. Kenntnisse über die verschiedenen Diagrammarten und ihrer Funktion,
Wissen über die aufgrund von Strukturanalogien ausgedrückten Relationen)
erworben worden sein.
Allerdings muss auch
eingeräumt werden, dass die Mechanismen, die bei der
wahrnehmungsbezogenen und kognitiven Verarbeitung von Bildstatistiken
und Diagrammen wissenschaftlich offenbar noch nicht vollständig geklärt
werden konnten.
Wahrnehmungspsychologisch
hat man diesen Prozess der Text-Bild-Auswertung auf der Basis der
Blickbewegungen bzw. Bewegungsrichtungen beim Betrachten von ▪
Text-Bild-Kombinationen in drei
größere Bereiche eingeteilt. (vgl.
Ballstaedt (2005, S.62):
globale inhaltliche Orientierung,
Detailauswertung und
begriffliche (konzeptuelle) Verarbeitung.
Die Abfolge dieser Schritte erfolgt indessen
nicht stets linear, also einfach eins nach dem anderen, denn die Gestalter
von Text-Bild-Kombination bzw.
Sehflächen verfügen über ein großes Know-how,
wie der Blick eines Betrachters gelenkt werden kann. (vgl. auch:
Lebek
2006)
Globale inhaltliche Orientierung |
Detailauswertung
|
Konzeptuelle
Verarbeitung |
-
Der Betrachter/die
Betrachterin gewinnt durch
das Erkennen grober Strukturen in wenigen Sekundenbruchteilen einen
Überblick.
-
Visuelle Reize, die
von der Sehfläche ausgehen, werden aufgenommen und ästhetische Erfahrungen
ermöglicht
-
Die Perspektive bzw. der
Blickwinkel, unter dem die Sehfläche betrachtet wird, wird durch Erwartungen
und Motive, Gefühle und persönliche Interessen gesteuert.
-
Der Blick geht im Allgemeinen
von dem Bild weiter zu Überschriften (Headline,
Subheadline) und kurzen
(Fließ-)Texten-
-
Es findet keine
(kognitive) Auswertung bzw.
Analyse von Details statt.
|
-
Einzelne Elemente der
Text-Bild-Komposition werden ausgewertet.
-
Eine ins Einzelne
gehende Betrachtung der Bildelemente wird durchgeführt und längere
Textteile werden analysiert
-
Der Prozess der
Detailauswertung ist davon beeinflusst, ob
die wahrgenommenen Aspekte und Elemente mit unseren Erwartungen
übereinstimmen oder nicht und in unsere Rezeptionsschemata passen oder
nicht (Schlüsselreize).
|
-
Die begrifflich
(konzeptuelle) Verarbeitung erfolgt parallel zur Detailauswertung.
-
Die Informationen werden
kognitiv verarbeitet und in ein Netz von
Assoziationen eingefügt. (vgl. auch
semantische Netzwerke)
-
Die textliche Aktivierung von Begriffen
fällt leichter, weil
Textbegriffe von ihrer Bedeutung eindeutiger sind (Monosemie)
als die grundsätzlich vieldeutigeren Bilder (Polysemie).
|
Das ▪
Zwei-Schritte-Modell des Diagrammverstehens (Schnotz 2002,
Schnotz/Bannert 2003)
kombiniert wahrnehmungsbezogene und
konzeptuelle Aspekte auf der Basis eines ▪
integrativen Modells des Text- und Bildverstehens.
Angelehnt
an dieses Modell hat (Lachmayer 2008,
S.43) ein
Kompetenzstrukturmodell des Diagrammverstehens entwickelt, das
"die Fähigkeiten zum Umgang mit Diagrammen auf die drei Bereiche
Informationsentnahme, Konstruktion und Integration aufteilt". (ebd.)
Für die ▪
Analyse und Beschreibung von
Bildstatistiken bzw. Diagrammen sind die Unterkompetenzen der
Diagrammkompetenz von Bedeutung, die im Zusammenhang mit den Kompetenzen
zur Informationsentnahme aus Diagrammen stehen.
Bei der
Informationsentnahme aus
Bildstatistiken bzw. Diagrammen geht es um "die Identifizierung der
dargestellten Variablen und deren Verknüpfung mit Diagrammstrukturen wie
beispielweise einem Linienverlauf." (ebd.,
S.42) Dies geschieht, schematheoretisch betrachtet, wohl mit Hilfe
spezieller kognitiver Schemata, die diesen Prozess steuern. Die
Informationsentnahme umfasst dabei Prozesse der
Identifizierung und des Ablesens von
Daten.
Bei
der Identifizierung muss, ohne
dass dem ein Stufenmodell zugrunde liegt,
-
die dargestellte Relation erkannt,
-
die
dargestellten Variablen der jeweiligen Achse zugeordnet,
-
die
einzelnen Datenreihen den verwendeten Symbolen zugeordnet werden, wenn
z. B. mehrere Variablen oder Datenreihen vorhanden sind und
-
die
Reichweite der Skalen beachtet werden.
Die Anforderungen beim
Ablesen der Daten ist in erheblichem Maße von den Datenpunkten eines
Diagramms und den Verlauf einer Linie in einem Liniendiagramm oder der Höhe
der Säulen bzw. Länge der Balken in einem Säulen- oder Balkendiagramm
abhängig. Das Ablesen der Informationen einer Bildstatistik bzw. eines
Diagramms kann dabei in vier Ordnungen erfolgen, die von Ordnung zu Ordnung
höhere Anforderungen an die Ablesekompetenz stellt. (s. Abb.)
Aus empirischen Studien
weiß man, dass die Qualität der Informationsentnahme aus ▪ Säulen-,
▪ Balken- oder ▪
Liniendiagrammen nicht oder nur in geringem Maße vom
Diagrammtyp anhängt. Offenbar gelingt den meisten Rezipienten die
Identifizierung der dargestellten Variablen und deren Verknüpfung mit
den Diagrammstrukturen (vgl.
Lachmayer 2008,
S.42). Sie erkennen die dargestellte Relation, die Zuordnung der
dargestellten Variablen zur jeweiligen Achse, die Zuordnung der
einzelnen Datenreihen zu den Symbolen (beim Vorhandensein mehrerer
abhängiger Variablen oder Datenreihen) sowie die Beachtung der
Skalenreichweiten.
Der Umgang mit
Bildstatistiken in der
Schule zieht sich durch alle Jahrgänge der Sekundarstufen I und II.
Schülerinnen und Schüler erwerben dabei Wissen über die grundlegenden
Formtypen von Bildstatistiken bzw. Diagrammen und erwerben in
unterschiedlichen Fächern prozessbezogene Kompetenzen im Umgang mit
ihnen.
So
lernen sie mit zunehmendem Schwierigkeits- bzw. Komplexitätsgrad
