Das Schreibprodukt in Einzelteile zerlegen
Das Schreibprodukt in Einzelteile zu zerlegen, die jeder für sich
bearbeitet werden können, ist das Prinzip der
Schreibstrategie
des Textteile-Schreibens.
In einem nicht-linear angelegten Schreiben entstehen so nach
Ortner (2000,
S.540ff.) portionierte Produktsegmente, die als "Inseln"
fungieren, die noch zusammengesetzt werden müssen.
Dafür muss der
Zusammenhang zwischen Teilen wie z. B. Einleitung, Hauptteil oder
Schluss aber erst noch hergestellt werden. Insofern ist dem Schreiber
auch längere Zeit nicht klar, wie die Gesamtgestalt des Textes aussehen
wird.
Vorgefertige Textteile in den Gesamttext einpassen
Im schulischen Kontext ist die Anwendung dieser Schreibstrategie
nicht unbekannt. So hat es sich längere Zeit als eine gängige Praxis bei
Textinterpretationen zu einem literarischen Thema (Ganzschrift) in der
Sekundarstufe II erwiesen, sogar auf schriftlich vor der Klausur
angefertigte Vorfassungen zurückzugreifen, deren Inhalt und Gestalt noch
ganz unabhängig von der jeweiligen konkreten Aufgabenstellung z. B. als
Einleitung entwickelt wurden.
In der Konsequenz führte dies längere Zeit
dazu, dass solche Einleitungen, sprachlich oft sehr geschliffen und
inhaltlich mit Fachwissen zu Autor, Epochen und historisch-sozialem
Kontext "gespickt", nicht nur immer länger wurden, sondern auch immer
häufiger nicht mehr in die Gesamtform des gesamten Aufsatzes eingepasst
werden konnten.
Allerdings schafft genau das Probleme:
-
Die Übergänge zu
den Teilen, die während der Klausur verfasst wurden, wurden
sprachlich, gelinde gesagt, holprig.
-
Oft zeigte sich auch oft kein Zusammenhang zu der eigentlich zu
bewältigenden Schreibaufgabe.
Mittlerweile hat man, zumindest im Bereich schriftlicher
Abiturprüfungen, solche "vorgefertigten", aus dem Gedächtnis
niedergeschriebenen, meist "nur" auswendig gelerntes Wissen reproduzierenden
Textteile entsprechend eingeordnet.
In jedem Fall darf diese Praxis
nicht mit dem Aus-dem
Kopf-Niederschreiben verwechselt werden.
Von Prüfungssituationen mal abgesehen aber durchaus in der Schule
praktikabel
Grundsätzlich ist gegen eine derartige Schreibstrategie jedoch im
schulischen Kontext nichts einzuwenden.
Wenn ein Schüler bzw. eine
Schülerin es versteht, diese Strategie adäquat einzusetzen, gibt es
gegen einen Textproduktionsprozess, der sich beliebig zwischen den
"Inseln" hin- und herbewegt, keine Vorbehalte. Meistens
verbindet sich diese Strategie auch mit anderen Schreibstrategien wie z. B. dem
planenden
Schreiben oder dem
Schritt-für-Schritt-Schreiben.
Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass der Grund, weshalb
sich ein Schüler für das Schreiben auf Inseln entscheidet, auf eine
Überforderung zurückgeht. Das ist
dann so ähnlich wie
beim Working by Chaos.
In einem solchen Fall gelingt den Schreibern oft nicht, den
geforderten Zusammenhang der Textteile herzustellen
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.07.2020
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