Eine der
▪ Regeln für vernünftiges Argumentieren, die von Manfred
Kienpointner (1996, S.54ff.) im Anschluss an
Eemeren und Grootenhorst (1984,
1992) zusammengestellt werden, befasst sich mit der Frage der logischen
Gültigkeit von Argumenten.
Argumentationen, die
vorgebracht werden, müssen logisch gültig sein oder man muss sie zu
logisch gültigen Schlussfolgerungen erweitern können, indem die
nicht ausgesprochenen, impliziten Voraussetzungen (Prämissen)
ausgesprochen, d. h, explizit gemacht werden. |
Gäbe es die Logik nicht, die uns aufzeigt, wie wir einen Standpunkt
rechtfertigen können, indem wir auf eine vollkommen verlässliche Art
und Weise von einer Sache auf eine andere schließen und
Schlussfolgerungen ziehen können, könnte einfach alles mit dem
gleichen Anspruch auf Gültigkeit behauptet werden, ohne dass es als
falsch widerlegt werden könnte.
Aus diesem Grund müssen auch ▪
plausible Argumentationsmuster logisch gültig sein. Gültigkeit
erlangen sie dadurch, dass "aus der Wahrheit der Prämissen
notwendigerweise die Wahrheit der
Konklusion (das
heißt der vertretenen These/des Standpunktes) folgt." (Kienpointner 1996,
S.56)
Logisch gültige Schlussmuster stellen z. B. die folgenden
Argumentationen in den nachfolgenden ▪
konditionalen
Argumenten. Mit ihrem sprachlichen "Wenn-dann-Muster" drückt sie
aus: Wenn die Prämissen
(Vordersätze, Voraussetzungen) wahr sind, dann muss auch die
Konklusion
(Schlussfolgerung) wahr sein.
Ob die Voraussetzungen/Prämissen allerdings tatsächlich wahr sind,
darüber gibt das das logische Schlussmuster keine Auskunft. Ob eine
Aussage als wahr ist, kann die Logik nicht entscheiden. Dazu muss
man andere Informationen und Maßstäbe heranziehen wie z. B.
Weltwissen oder das
Fachwissen, über das man verfügt.
So kann man, logisch korrekt, von falschen Voraussetzungen ausgehen,
und auch die "wahrsten" Voraussetzungen können manchmal nicht
verhindern, dass man eine falsche Schlussfolgerung daraus zieht.
Im Grunde genommen gibt es sogar vier Möglichkeiten, die
Weimer (2005,
S.7) wie folgt darstellt:
"
-
Eine korrekte
Schlussfolgerung aus wahren Voraussetzungen: dann muss das
Ergebnis wahr sein.
-
Eine korrekte
Schlussfolgerung als zweifelhaften oder gar falschen
Voraussetzungen: dann ist das Ergebnis formal richtig gewonnen,
inhaltlich aber zweifelhaft oder falsch (unwahr).
-
Eine nicht korrekte
Schlussfolgerung aus wahren Voraussetzungen: dann kann
das Ergebnis (zufälligerweise) wahr sein, obwohl die
Schlussfolgerung wegen eines formalen Fehlers nicht gültig ist.
-
Eine nicht korrekte
Schlussfolgerung aus falschen Voraussetzungen: dass am Ende ein
wahrer Satz steht, wäre dann purer Zufall."
In die Form des
▪
dreigliedrigen Syllogismus
gebracht, lassen sich grundlegende logische und plausible
Argumentationen wie folgt darstellen:
Modus ponens |
Modus tollens |
Wenn p
wahr ist, dann ist q wahr.
p ist
wahr.
► Also: q
ist wahr |
Wenn p
wahr ist, dann ist q wahr.
q ist
falsch.
► Also: p
ist falsch. |
Beispiele, bei denen die Wahrheit der zweiten Prämisse
vorausgesetzt wird. |
Wenn
Karla Halsschmerzen hat, ist sie krank.
Karla
hat Halsschmerzen.
► Also:
Karla ist krank. |
Wenn
Karla Halsschmerzen hat, ist sie krank.
Karla
ist nicht krank.
► Also:
Karla hat keine Halsschmerzen. |
Disjunktiver
Syllogismus A |
Disjunktiver
Syllogismus B |
Entweder
p oder q sind wahr.
p ist
wahr.
► Also: q
ist falsch. |
Entweder
p oder q sind wahr.
p ist
falsch.
► Also: q
ist wahr. |
Beispiele, bei denen die Wahrheit der zweiten Prämisse
vorausgesetzt wird. |
Entweder
ist Hanna zu Hause oder im Urlaub.
Hanna
ist zu Hause.
► Also:
Karla ist nicht im Urlaub. |
Entweder
ist Hanna zu Hause oder im Urlaub.
Hanna
ist nicht zu Hause.
► Also:
Hanna ist im Urlaub. |
(vgl.
Kienpointner 1996,
S.57f.)
Natürlich ist nicht jede Menge von Behauptungen, die zueinander in der
Form des dreischrittigen Musters (Syllogismus)
zusammengestellt wird, ▪
haltbar und - unter
logischer
Perspektive betrachtet - ▪
relevant. (vgl.
Bayer 1999, S.88)
Alltagsargumentationen sind nicht ohne Weiteres zu
durchschauen. Denn gerade sie erwähnen häufig ihre
Prämissen nicht oder führen sie nur in geringem Maße aus. Dies liegt
wohl vor allem daran, dass solche Prämissen stillschweigend vorausgesetzt
werden.
Insofern ist es in der Alltagsargumentation auch nicht so, dass
"hinter jeder Argumentation, die sich nicht in ▪
syllogistische Form pressen lässt, ein logischer Fehlschluss
vermutet werden" (ebd.,
S. 169) kann und muss. Und das gilt auch für andere Gründe wie die
Tatsache, dass Argumente in der Alltagsargumentation oft wenig
sachlich, nur bedingt zielorientiert oder auf einen Konsens
ausgerichtet, dazu noch häufig sehr lückenhaft, unstrukturiert und
ungeordnet sind (vgl.
Kolmer/Rob-Santer 2002, S.148)
Dies gilt insbesondere in privaten und öffentlichen Diskussionen,
kann aber ebenso gut auch in politischen Reden, Statements sowie in
schriftlichen Formen von Alltagsargumentationen wie z. B. Zeitungsartikel (Kommentare, Glossen)
(vgl.
Bayer
1999, S.93f.) vorkommen.
Gut zu wissen, dass es eine Reihe ▪
sprachlicher Indikatoren gibt, auf die man gegebenenfalls bei
der Rekonstruktion von Prämissen und Konklusionen zurückgreifen
kann.