▪ Warenästhetik
und Werbung
▪
Überblick
▪ Falsche Bedürfnisse
▪
Diskursive und nichtdiskursive Werbung
Emotion und sachliche Information
stellen für viele Menschen Gegensätze dar. Und es gehört zu den einschlägigen
Themen von Werbekritikern, auf den vermeintlichen Missstand hinzuweisen,
potentielle Kunden würden heute nicht mehr informiert, sondern mehr und
mehr mit der Weckung von Emotionen
manipuliert.
So linear
jedoch wird die Sache heute kaum mehr gesehen und es lohnt sich, die
weitaus komplexeren Beziehungen zwischen ▪
Emotion und Information in
der ▪ Werbung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Werbung kommt heute in einer Zeit übersättigter Märkte und angesichts der
Ähnlichkeit unzähliger Produkte nicht mehr ohne Nutzung von
▪
Emotionen zur
▪
Produktion von Aufmerksamkeit
und Auslösung von▪
Aktivierung aus.
Mag eine
radikale Kritik auch hervorheben, dass genau darin die Ursache zu sehen
und dementsprechend wirtschaftliches und wirtschaftspolitisches Handeln in
eine andere Richtung gefordert sei, kommt man doch an der augenblicklichen
Situation nicht einfach vorbei.
Sollen Produkte und Dienstleistungen
heutzutage von potentiellen Kunden wahrgenommen und nachgefragt werden,
muss eine effiziente Werbung gemacht werden.
Und dafür sind Emotionen und
▪
emotionale Appelle (▪
erotische
Appelle,
▪
Appelle an den Humor,
▪
Appelle an die sozialen Bedürfnisse,
▪
Appelle an Status und Prestige,
▪
Angstappelle ein nicht nur
wirksames, sondern nahezu unverzichtbares Instrument geworden.
Es sind in den westlichen "Wohlstandgesellschaften" im Allgemeinen nicht
mehr die primären Bedürfnisse wie z. B.
Hunger und Durst, die gestillt werden sollen.
Dementsprechend streben ihre
Menschen in großer Zahl "nach der Befriedigung sekundärer und »höherer«
Bedürfnisse, wie z. B. Luxus, sensuale Anregung, Selbstverwirklichung,
Genuss oder verfeinertem emotionalen Erleben", die ihre Sehnsüchte nach
positiven Gefühlen, nach sinnlichen Anregungen und Orientierung
befriedigen können. (Schierl
2001, S. 128)
Potentielle Konsumenten werden heute nicht mehr
ohne weiteres mit reiner sachlicher Information erreicht. Ihnen muss der
emotionaler
Erlebniswert eines Produktes vermittelt werden, ein Erlebnis, das
auch einen realen Beitrag zur subjektiv empfundenen Lebensqualität des
einzelnen leistet.
Das hat zumindest in der TV-Werbung u. a. dazu geführt, dass man den
Rezeptionswünschen der Kunden gemäß, die sich mit Werbung einfach
entspannen und unterhalten wollen, entgegenkommt.
Wer seine Werbebotschaft
unter diesen Bedingungen mit für den Konsumenten oder die Zielgruppe
irrelevanten Sachinformationen - und seien sie nach Ansicht des
Werbetreibenden noch so wichtig - überfrachtet, wird seine Werbeziele kaum
erreichen.
So darf es eigentlich nicht verwundern, wenn in mancher Werbung
- sei es Printwerbung oder Werbung in anderen Medien - das eigentliche
Produkt nur noch am Rande erwähnt wird.
Dies gilt in besonderem Maße
Werbung, die sich an junge Leute richtet. Der Werber Jerry Della Femina
hat dies pointiert ausgedrückt: "Man muss ihnen 25 Sekunden Unterhaltung
geben, wenn man will, dass sie fünf Sekunden Werbung anhören." (zit. n.
Schierl 2001, S.129)
Werbung, die
▪
Emotion nicht als Gegensatz
oder gar als Ersatz von Information versteht (vgl.
▪
Emotion und Kognition),
wird unter den heutigen Marktbedingungen weiter zunehmen. So ist die Werbung
schon seit längerer Zeit immer emotionaler geworden und dieser Trend
wird auch in Zukunft noch anhalten.
Bestimmt liegt das
aber auch daran, dass immer mehr Produkte, die anderen einfach zu sehr
ähneln oder für die es eigentlich keine
"vernünftigen" sachlichen Argumente mehr gibt, auf den
Markt kommen. Einen SUV in Deutschland zu verkaufen, kann sicher
kaum mit sachlicher Information gerechtfertigt werden und der
PS-Wahn in den USA, wo ein Auto mit Vierzylinder und 160 PS als ganz
und gar "untermotorisiert" gilt, auch wenn man kaum über 90 km/h
fahren darf, ist ein anderes Beispiel dafür.
Dessen ungeachtet wird man
allerdings zur Kenntnis nehmen müssen, dass alle Konsumentscheidungen in
gewissem Maße von Emotionen geprägt sind (s. Emotionen in der
Automobilwerbung).
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Diskursive und nichtdiskursive Werbung
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.11.2021