Einen Plan für sein Schreiben machen
Um ihren Schreibprozess in Gang zu bringen und in Gang zu halten, nutzen
viele Menschen die Schreibstrategie
des "Planenden Schreibens". Diese Strategie zählt zu
den
Strategien, die mit wenigen großen Schritten zum Ziel kommen
wollen.
Das Prinzip dieser Strategie besteht
darin, sich vor dem Niederschreiben einen Plan für das zu erstellende
Textprodukt zu machen. Häufig kommt die Strategie bei Klassenarbeiten
und Klausuren zum Einsatz, bei dem der individuelle
produktorientierte Schreibprozess nicht so aufwändig und mehr Zeit
beanspruchend organisiert werden kann, wie beim
Schritt-für-Schritt-Schreiben.
Planen heißt: Ein Schreibkonzept bilden
Die Vorzüge planenden Schreibens liegen zunächst einmal auf der
Hand. Planungen sind nämlich stets eine Art Konzeptbildung, eine
Vorstellung über den zu schreibenden Text also, noch ehe dieser
geschrieben ist.
Keseling (2004),
für den die Art der
Schreibkonzeptbildung im Mittelpunkt steht, unterscheidet,
anders als Ortner (2000),
in diesem Zusammenhang drei Arten:
(vgl. auch: Bottom-up-
und Top-down-Schreiben)
Das sind die Vorteile planenden Schreibens mit Konzeptbildung
-
Wer seinen
Schreibprozess
plant, also ein Konzept bildet, kann leichter den Überblick über den
zu schreibenden Text bewahren.
-
Dadurch verringert sich
die Gefahr, den roten Faden zu verlieren und vom Schreibkonzept
abzuweichen.
-
Planungsüberlegungen
erleichtern auch das Arbeits-
und Zeitmanagement beim Schreiben und helfen einem u. U.
dabei, die
Schreibaufgabe im Rahmen der verfügbaren Zeit erfolgreich zu
bewältigen.
Das Konzept ist ein Entwurf für die schriftliche Ausarbeitung
Ein solcher Plan ist allerdings kein Zeitplan oder eine
Übersicht über die Abfolge bestimmter Arbeitsschritte, sondern ein
Konzept und hat als solches stets den Charakter eines Entwurf für die
darauf aufbauende schriftliche Ausarbeitung.
Dabei richtet sich der
Fokus auf die gesamte Struktur des zu schreibenden Textes (vgl.
Mrotzek/Böttcher
2011, S. 36)
Ein solches Konzept stellt eine Vorstrukturierung des späteren
Textprodukts dar, dessen Gerüst bzw. Skelett es darstellt. So verstanden
hat dieses Konzept einen protextuellen Charakter.
Insofern passt das planende Schreiben auch gut zum Typ des
Top-down-Schreibers
(vgl.
Molitor-Lübbert (1985-2002),
vgl.
Mrotzek/Böttcher
2011, S.32).
Dieser Schreibtyp folgt seiner schemageleiteten Strategie mit einer vorstrukturierenden
Verschriftlichung seines verfügbaren inhaltlichen, sprachlichen
und kommunikativen Wissen im Rahmen eines bestimmten Textmusters
und gibt ihm
eine protextuelle Form.
Gibt es den Schreibtyp Planer?
Auch wenn der Linguist Hanspeter
Ortner (2000)
in seinen Untersuchungen bestimmte Schreibtypen identifiziert und auch
als solche bezeichnet hat, sieht er darin eigentlich
Verhaltensstrategien,
die von vielen Menschen häufig zur Bewältigung von Schreibaufgaben verwendet
werden. (vgl.
Girgensohn/Sennewald
2012, S. 39)
In der Wirklichkeit gibt es diese Typen wohl so nicht, denn die
meisten Menschen folgen keineswegs nur einer einzigen Strategie.
Täten sie das, und dazu noch
starr
und schematisch liefen sie Gefahr, bei Schreibschwierigkeiten
relativ schnell Schreibblockaden
zu entwickeln.
So macht es auch wenig Sinn, ohne Berücksichtung der
personenbezogenen
und aufgabenbezogenen Aspekte der Schreibaufgabe und der Schreibsituation mit ein paar Fragen zum
Selbsttest den Schreibtyp Planer bestimmen zu wollen (z. B.
Scheuermann 2011,
S. 16, 2012,
S.52f.). Allerdings können solche Fragen zur Selbsterkundung des eigenen
Schreibens, das eigene Wissen über das eigene Schreiben verbessern.
Grundsätzlich führt die von
Keseling (2004,
S. 170) vorgenommene Unterscheidung in
Strategien und
Strategietypen sicher weiter.
Planendes Schreiben und schulische Schreibformen/Schreibaufgaben
Im schreibdidaktischen Kontext der
schulischen
Schreibformen ist die planende Schreibstrategie vor allem im
Zusammenhang mit dem
erörternden und
argumentativen Schreiben von Bedeutung, weil dabei häufig das
Erfassen, die Einnahme und das In-Beziehung-Setzen unterschiedlicher
Perspektiven und Standpunkte umgesetzt wird (vgl.
Ortner 2000,
S.448ff.f.).
Die konzeptuelle Perspektivenkoordination,
die sich beim planenden Schreiben offenbar besonders gut bewerkstelligen
lässt, macht diese Schreibstrategie für die
freie
Problem- und Sacherörterung,
Texterörterung
und Textanalyse
in besonderem Maße geeignet.
Wie sieht die schriftliche Planung aus?
Der Form nach betrachtet können
verschriftlichte Planungshandlungen zur Konzeptbildung ganz unterschiedlich aussehen.
Der Schreibprozess beim planenden Schreiben muss zwei Phasen haben
Wenn man von planendem Schreiben sprechen will, muss der
Schreibprozess eindeutig beide Phasen aufweisen: Die Phase des Planens
und die Phase des endgültigen Formulierens.
Dabei geht die
Schreibstrategie des planenden Schreibens noch nicht so weit wie die des
Schritt-für-Schritt-Schreibens.
Über den Umgang mit Schreibschwierigkeiten beim planenden
Schreiben
Natürlich kann es auch vorkommen, dass man es einfach nicht schafft,
ein Schreibkonzept vorab, während oder nach dem Schreiben zu entwickeln.
Das kann daran liegen, dass man einfach keine guten Ideen hat bzw. das
verfügbare Wissen einem das Gefühl gibt, man könne damit die
inhaltlichen Anforderungen einer Schreibaufgabe nicht in befriedigender
Weise erfüllen.
Solche Schreibschwierigkeiten sind zunächst einmal ganz
normal und müssen sich nicht zu Schreibstörungen
oder Schreibblockaden auswachsen.
Zunächst gilt es dann, wie bei allen Schreibschwierigkeiten,
einen klaren Kopf zu bewahren, um keine Versagensängste oder
ähnliches aufkommen zu lassen. Ob man das schafft und dann auch
weiterkommt, hängt, wenn man so will, von der vorhandenen
Schreibkompetenz
des jeweiligen Schreibers ab.
-
Ganz entscheidend
ist, wie er mit solchen Schreibschwierigkeiten
umzugehen gelernt hat und wie flexibel er unterschiedliche
Schreibstrategien folgen kann (z.B.
Andere Schreibstrategien
ausprobieren).
-
Ebenso wichtig
ist, welche Möglichkeiten die Schreibsituation zur
Behebung der Schreibschwierigkeiten lässt, z. B. durch weitere
Recherchen oder durch Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Schreiberinnen und
Schreibern.
Was beim Auftreten einer Schreibschwierigkeit das Richtige ist, lässt
sich somit nicht generell sagen. Hier muss jeder Schreiber, wenn möglich
mit Hilfe eines Schreibberaters, herausfinden, was der Grund dafür ist.
Und dementsprechend flexibel ist dann vorzugehen.
So viel nur:
-
Hängt das Ganze
an mangelnden Ideen, kann man versuchen, diesen Ideenfluss mit
kreativen
Methoden wieder in Gang zu bekommen (Brainstorming,
Clustering,
Freewriting/automatisches
Schreiben, etc.)
-
Gelingt es einem
die Erstellung einer Arbeitsgliederung nicht, weil sie spürbare
logische Brüche bei der Über- und Unterordnung von Begriffen
aufweist, dann könnte u. U. helfen, sich noch einmal mit der
Mind-Map-Methode
an die hierarchisierende Begriffsbildung zu machen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024
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