Um den Schülerinnen und Schülern unmittelbar vor einem szenischen Spiel
die
▪ Einfühlung in
ihre
Rollen zu erleichtern, können so genannte Einfühlungsgespräche
zwischen dem Spielleiter und dem betreffenden Spieler einer Figur geführt werden.
Der
Spielleiter wird bei dieser Technik des
▪ Rollengesprächs
nach
Scheller (22008, S.69) "innerer Dialogpartner" der Figur.
Dafür muss sich der Spielleiter natürlich selbst in die entsprechende Figur
einfühlen. Der Spieler soll im weiteren Fortgang des Einfühlungsgesprächs
vom Spielleiter durch Fragen dazu angeregt werden, "in seiner Rolle auch
widersprüchliche und asoziale Gedanken und Gefühle zu artikulieren." (ebd.)
So kann diese
▪ Technik der
szenischen Interpretation zur
▪ Einfühlung in die
Rollen beitragen.
Einfühlungsgespräch zwischen Spielleiter und Spieler
Der Ablauf eines Einfühlungsgesprächs, das zwischen dem Spielleiter und
einem Spieler stattfindet, kann in der folgenden Art und Weise geschehen.
-
An irgendeiner Stelle des hergerichteten Spielraumes beginnen die
Schülerinnen und Schüler, die eine Figur übernommen haben, in dieser
Rolle zu improvisieren.
-
Der Spielleiter beobachtet das Ganze, wählt dann einen der Spieler
aus und tritt seitlich hinter diesen, um das Geschehen aus dessen
Perspektive zu beobachten.
-
Nach einer Weile nimmt er, z. B. durch Auflegen der Hand auf die
Schulter des Spielers, Körperkontakt mit diesem auf.
-
Dies ist das Zeichen für das beginnende Einfühlungsgespräch, bei dem
der Spielleiter sich behutsam an das herantastet, was die Figur tut oder
was sie innerlich beschäftigt. Dabei richtet er entsprechende Fragen an
den Spieler.
-
Im Anschluss des Gesprächs sucht sich der Spielleiter eine weitere
Figur aus und führt ein Einfühlungsgespräch mit dieser ein weiteres
Einfühlungsgespräch. Dies geschieht so lange, bis mit möglichst allen
Figuren/Rollen ein solches Gespräch stattgefunden hat.
-
Wenn die Gespräche mit allen Spielerinnen und Spielern geführt sind,
kann das eigentliche szenische Spiel beginnen.
(vgl.
Scheller
22008, S.69, 131)
Einfühlungsgespräch zwischen Spieler und ihrem inneren Dialogpartner
Die Technik des Einfühlungsgesprächs kann u. U. auch zum Einsatz kommen,
wenn jeweils andere Schülerinnen und Schüler die Rolle des inneren
Dialogpartners der verschiedenen Figuren einnehmen. Sie können dann zu
"ihrer" Figur hinzutreten und mit ihr ein Einfühlungsgespräch führen.
Dabei
sollte aber wohl, um das Ganze erfolgreich zu gestalten, vorher von den
Beobachtern ein gewisser Katalog von Fragen erarbeitet werden, die sich,
ohne eine Verhörsituation zu begründen, auf Tätigkeiten, Gedanken und
Gefühle beziehen. Sinnvoll wäre es in diesem Zusammenhang sicher auch, wenn
die Schülerinnen und Schüler, ehe sie die Rolle des inneren Dialogpartners
übernehmen, sich vorher, am besten mit entsprechenden Übungen, über die
verschiedenen ▪
Arten des Zuhörens und unterschiedliche
▪
Arten von Fragen und ggf. in einem anderen Zusammenhang auch über
▪
Fragetechniken informieren könnten.
Einfühlungsgespräch mit den "inneren Stimmen"
Gut geeignet für das Verständnis der vom Spielleiter oder einem
Beobachter des szenischen Spiels einzunehmenden Rolle als innerer
Dialogpartner ist
auch das aus der ▪
Kommunikationspsychologie stammende
Modell der
▪
inneren Pluralität des Menschen,
wie es von Friedemann
Schulz v. Thun (1998)
entwickelt worden ist.
Der Spielleiter hat dann die Aufgabe, den
jeweiligen Spieler dazu zu bewegen, die Vielfalt der inneren Stimmen im "inneren
Team" der Figur zu artikulieren.
Damit soll deren innere Dynamik im
häufigen Gegeneinander (Rivalität,
Feindseligkeit), Durcheinander (Mangel an Struktur) und Nebeneinanderher (Mangel an Kontakt und Koordination) zum Ausdruck
gebracht werden. (vgl.
Schulz v. Thun 1998, S.65) Auf diese Weise sollen diese "inneren
Stimmen" als Metaphern für "energiegeladene seelische Einheiten" (Schulz
v. Thun 1998, S.31), die "ein seelisches Anliegen vertreten", ohne
dabei zugleich Verhaltensweisen und Gefühle darzustellen (ebd.,
S.31), in das Spiel mit einbezogen werden.
Als Variante wäre natürlich auch möglich, dass mehrere innere
Dialogpartner zum Einsatz kommen. Dann übernimmt jeder Dialogpartner eine
der inneren Stimmen und versucht den Spieler dazu zu bewegen, diese mit
Gedanken, Gefühlen und ggf. auch Körperhaltungen zu artikulieren.
Dieses
Verfahren eignet sich sicher besonders gut, wenn eine bestimmte Figur in
einer konflikthaften Situation handeln und bestehen muss.
Vgl. zu den o. g. "inneren Stimmen" auch die folgenden Bausteine zu
▪
Friedrich Schillers Drama
▪ "Maria
Stuart"
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023
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