Bildimpulse als Kontextmaterial
Der •
Text-Bild-Vergleich ist ein gängiges •
literaturdidaktisches Verfahren, bei dem
ein literarischer Text
in Beziehung zu einem Bild gebracht wird, um daraus Hinweise für das
individuelle Verstehen des Textes und zur Begründung der jeweiligen
Lesart zu gewinnen.
Das Verfahren kann
auch für die unterrichtliche Behandlung ▪
Parabel
"Auf der
Galerie" von
Franz Kafka genutzt werden. Es kann den als Einstieg oder auch
als Kontextmaterial bei der •
schulischen Analyse und Interpretation in unterschiedlichen
Unterrichtssettings im
Lern-,
Übungs- und
Leistungsraum in dafür
geeigneten
produktorientierten oder
prozessorientierten •
Schreibaufgaben des Literaturunterricht sinnvoll verwendet
werden. Dabei ist davon auszugehen, dass solche Aufgaben die weitere
Arbeit am Text motivieren.
Für die
unterschiedlichen Funktionen präsentieren wir folgende
Möglichkeiten, z. B.
Wenn das Annotieren des Textes als gesonderte Schreibaufgabe geübt
werden soll, kann dies auch im •
Multi-Layer-Verfahren geschehen, das die Texterfassung als mehrstufigen Prozess
mit unterschiedlichen "Folien" für verschiedene Aspekte der Textanalyse
gesondert ermöglicht und dokumentiert. So könnten unterschiedliche
Annotate (Folien) zu den folgenden Aspekten erstellt werden
-
Erstleseeeindrücke (▪
Vorverständnis)
-
Was wird erzählt, z. B. wichtige Textstellen,
Handlungselemente, Personen, •
Raumgestaltung,
•
Figurengestaltung)
-
Wie wird erzählt,
z. B. •
Zeitgestaltung
(Erzählgeschwindigkeit), •
Erzählsituationen /
Erzählperspektiven (Stanzel), •
Darstellung von Rede und
mentalen Vorgängen (Darstellungs-/Darbietungsformen),
-
"Sinnbrücken"
(•
Inferenzbildung auf Textebene: allgemein, aspektorientiert)
-
Sprachliche und
stilistische Gestaltung (z. B. Wortebene, Satzebene, Stil)
-
Textexterne
Bezüge zur
Sinnkonstruktion (z. B. biografische,
literaturgeschichtliche, auf das eigene Weltwissen bezogene)
Um
die Bedeutung des Titels von
• Franz Kafkas Parabel
•"Auf
der Galerie" hervorzuheben, kann man den Text auch ohne Titel und
ohne Angabe des Autors präsentieren und die Tiitelgebung mit der
Schreibaufgabe zur Textinterpretation verknüpfen.
Das Auslassen des Titels folgt dabei dem lese- bzw.
literaturdidaktisches Prinzip des •
verzögerten Lesens (Frommer
1981a), das auf eine "Entautomatisierung" von
Lesegewohnheiten zielt. Dabei geht es darum, den Lesevorgang im
Zusammenhang mit literarischen Texten durch den
Einbau von "Textlücken" oder anderer "Stolperfallen" bewusst
zu verzögern, um den Fokus über
den Inhalt hinaus auf andere Aspekte eines Textes zu lenken.
Wie
bei der obigen Darstellung handelt es sich um eine
Lückentextpräsentation, die hier mit Textvarianten für bestimmte
Textstellen versehen worden sind, um in
•
verzögertem Lesen den Fokus über
den Inhalt hinaus auf bestimmte sprachliche Formulierungen
des Textes zu lenken. Die vorgegebenen
Varianten müssen reflektiert und die Entscheidung für eine der
Varianten begründet werden, ohne dass die Originalfassung als die
"richtige" Lösung betrachtet wird.
Im Plenum oder in
der Kleingruppe werden die von den Schülerinnen und Schülern
präferierten Lösungen miteinander verglichen. Dabei die Entscheidung
für die Textvarianten begründet.
Arbeitsanweisungen und Fragen zur Textanalyse und Interpretation
-
Arbeiten Sie die
antithetische Struktur des Textes heraus, indem sie Textelemente
des ersten denen des zweiten Textabschnitts in einer
tabellarischen Form einander gegenüberstellen, die in einem
inhaltlichen Gegensatz oder Kontrast zu einander stehen.
Überlegen Sie darüber hinaus, worin weitere Gegensätze zwischen
den beiden Versionen der Zirkusnummer bestehen.
-
Was
spricht in ihren Augen dafür, einen der beiden Abschnitte für
die Darstellung der Zirkuswirklichkeit den anderen für die ihren
vordergründigen, fassadenartigen Schein? Was könnte dagegen
sprechen, dass der Text eine Antwort auf die Frage, was wirklich
Realität zu sein beanspruchen kann?
-
Man hat
Kafkas Parabel
▪ "Auf
der Galerie" immer wieder mit einem Vexierbild, auch
▪ Kippbild genannt,
wie der so genannten •
Rubin'schen
Abbildung (s. Abb. rechts) verglichen. Versuchen Sie
herauszufinden, worauf sich dieser Vergleich mit dem Text
zurückführen lässt und welche Konsequenzen sich daraus für die
Deutung des Textes ergeben können.
-
Eine gängige
Interpretationshypothese zur Interpretation geht davon aus, dass
es sich in diesem Text um eine Parabel über Sein und Schein
handelt. Was spricht ihrer Ansicht dafür und auf welche Bereiche
in der außertextlichen Wirklichkeit lässt sich das dargestellte
Geschehen Ihrer Ansicht nach übertragen?
-
Das Prosastück ▪
"Auf
der Galerie" ist mit etlichen verschiedenen •
Interpretationsansätzen gedeutet worden. Verschaffen Sie
sich einen kurzen Überblick darüber und versuchen Sie daraus
Ansatzpunkte zu gewinnen, mit denen Sie Ihr eigenes
Textverständnis erweitern bzw. vertiefen können.
Mehrteilige Arbeitsanweisung zur Textinterpretation
Interpretieren Sie den Text.
Untersuchen Sie dabei u. a. die in den folgenden Fragen
enthaltenen Aspekte.
-
Geben Sie den Inhalt des Textes
wieder.
-
Analysieren Sie den Text. Berücksichtigen Sie dabei u. a.
die in den folgenden Fragen enthaltenen Aspekte.
-
Wie steht der
Galeriebesucher zum Geschehen? Wie nimmt der Galeriebesucher
das Geschehen wahr? In welchem Bezug steht seine
Wahrnehmung zur Wirklichkeit?
-
Welche Rolle
spielt der Direktor bei der Wahrnehmung der Situation durch
den Galeriebesucher? Welche die Reiterin? Wie gestaltet sich
die Beziehung von Direktor und Reiterin?
-
In
welcher Beziehung stehen die beiden unterschiedlichen
Wahrnehmungen des Geschehens durch den Erzähler? Gibt es
eine richtige Wahrnehmung und Deutung der dargestellten
Situation?
-
Welche
Erzählperspektive enthält der Text?
-
Welche
Aussage hat Ihrer Ansicht nach der Text?
-
Wie
unterstützen sprachliche Mittel der Wortwahl (Semantik) und
des Satzbaus (Syntax) die Aussageabsicht des Textes?
-
Fassen Sie
abschließend Ihr Gesamtverständnis des Textes zusammen, indem
Sie Rückschlüsse auf die dem Text zugrunde liegende Weltsicht
Kafkas ziehen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.10.2024
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