teachSam- Arbeitsbereiche:
Arbeitstechniken - Deutsch - Geschichte - Politik - Pädagogik - PsychologieMedien - Methodik und Didaktik - Projekte - So navigiert man auf teachSam - So sucht man auf teachSam - teachSam braucht Werbung


deu.jpg (1524 Byte)

 

Didaktische und methodische Aspekte

Traditionelle Epochenkonstrukte oder Random Access?

Literaturgeschichte


FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Autorinnen und Autoren Literarische Gattungen ▪ Literaturgeschichte [ Didaktische und methodische Aspekte Überblick Orientierungswissen und Überblickswissen Wege zu literaturgeschichtlicher Kompetenz Epochenkonstrukte reflektieren Querschnitte und Epochenumbrüche Traditionelle Epochenkonstrukte oder Random Access? ◄ • Erinnerungsarbeit mit Schneisen und Erkundungsrouten Der biografische Ansatz im Wandel Historisches Erzählen Literaturgeschichte in gängigen schulischen Lehrwerken Didaktik der Literaturgeschichte und "wehrhafte" Demokratie ] Überblick Von der Nationalliteratur zum modernen Pluralismus Literatur auf dem Weg in die Moderne Zwischen Mono- und Multiperspektivismus Literaturepochen  Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen  Operatoren im Fach Deutsch
  

 

Die Einteilung der ▪ Literaturgeschichte in mehr oder weniger klar voneinander abgrenzbare Epochen, wie sie vor allem die ältere Literaturgeschichtsschreibung vorgenommen hat, ist in der Literaturwissenschaft schon seit langem problematisiert worden und hat zum Teil dazu geführt, dass der Ordnungscharakter von Epochenbegriffen zur Beschreibung der literarischen Entwicklung aufgegeben, zumindest aber grundlegend relativiert worden ist.

So begründet der US-amerikanische Mitherausgeber »David Wellbery (geb. 1947) in der Einleitung des Sammelwerks unterschiedlicher Verfasserinnen* "Eine neue Geschichte der deutschen Literatur" (2007, S.15), dass die "traditionelle Literaturgeschichte (...) einzelne Texte und Darstellungen nicht als einzigartige Ereignisse, sondern als Veranschaulichungen einer Macht, einer Neigung oder einer Norm – als Geist eines Zeitalters oder einer Nation, als Klassenvorliebe oder ästhetisches Ideal (behandelt)."

Statt das Augenmerk darauf zu richten, wie man einen "individuellen Fall als typisch für etwas anderes" betrachten könne, komme es im Umgang mit Literatur darauf an, "die »datierbare« Einzigartigkeit und Zufälligkeit von Literatur" in einer erregenden Leseerfahrung zu ermöglichen, die den Charakter einer wirklichen »Begegnung« (hat). 

Literaturgeschichte soll über exemplarische Begegnungen mit Autorinnen* und ihren ausgewählten Werken, die im Einzelfall wie ein Zusehen beim jeweiligen Schaffensprozess ausfällt. ("Goethe, dem Titan der deutschen Literatur, begegnet man auf diesen Seiten nicht in seiner ganzen Monumentalität, sondern während drei oder vier aufschlussreichen Augenblicken seiner Laufbahn. Wir sehen ihm zu, wie er seinen »Werther schreibt, seine »Römischen Elegien zensiert und seinen »Faust für abgeschlossen erklärt;" (ebd.))

Immer geht es eher darum zu erkunden, statt zu katalogisieren. Die Literaturgeschichte wird damit zu einem Raum der Spurensuche, in dem angestrebt wird, "die Möglichkeiten des Anekdotischen und des nicht Kontinuierlichen" (ebd.,S.16) für eine "plötzliche Erhellung" (ebd.) zu nutzen.

Zugleich soll Literaturgeschichte damit "eine lebendige Quelle" (ebd.,S.20) werden, mit deren Hilfe sich die "vom menschlichen Denken geschaffenen Komplexitäten unserer Welt (...) erkunden" (ebd.) lassen.

Dieses Konzept vertraut auf neugierige Leserinnen* mit ganz unterschiedlichen Interessen, die sich motiviert und mit der nötigen volitionalen Bereitschaft auf eine solche Spurensuche in einer Art »wahlfreiem Zugriff (random acess) begeben wollen, der "an vielen, nach Belieben gewählten Orten Zugang gestattet und unterschiedliche Lektüren ermöglicht" (ebd., S.21).

Eine solche Literaturgeschichte, die sich auf die Chronologie statt auf Epochenkonstrukte bei ihrer Darstellung stützt, will

  • bewusst "eine Geschichte (...) erzählen (...)"

  • "viele Geschichten" in - einen intertextuellen - Bezug zueinander setzen und damit

  • "unterschiedlichen Typen von Neugierde, voneinander abweichenden Mustern Raum (...) geben" sowie

  •  "unterschiedliche – und oft dissonante – Resonanzen vernehmbar (...) machen. (ebd.)

Zugleich, und dies gelte selbstredend auch für einen solchen Ansatz, solle sie selbstreflexiv vermitteln, dass es sich hierbei auch nur "um eine Geschichte der deutschen Literatur" handle, die aber ihrem Gegenstand nicht eine einzige Ordnung aufzwinge, sondern Spuren vieler Stränge aufnehme, die ihren Leserinnnen* auch das Setzen eigener Wegmarken und Konfigurationen durch die Literaturgeschichte ermögliche. (vgl. ebd., S.24)

Schönert (2014) zählt bei seiner Unterscheidung verschiedener "Lebensformen" diese Literaturgeschichte zu den zahlreich nebeneinander existierenden Literaturgeschichten, die allerdings nicht für die akademische Öffentlichkeit gedacht seien. Vor allem der präsentische Literaturbegriff, der dieser Literaturgeschichte zugrunde liegt, hat den Anstoß zur Kritik gegeben. Dieser behandelt die Literatur nämlich nicht als "Ansammlung von Texten in in chronologischer Reihe (...), die Aussagen zur geschichtlichen Welt erlauben, sondern um dem geschichtlichen Strom enthobene Objekte, die in der Rezeption eine unmittelbare Gegenwart" (Buschmeier 2014, S17f.) erzeugen. Genau darüber schlägt der Ansatz aber die Brücke zu • poststrukturalistischen Konzepten von Intertextualität.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 29.12.2024

 
 

 
ARBEITSTECHNIKEN und mehr
Arbeits- und Zeitmanagement Kreative Arbeitstechniken Teamarbeit ▪ Portfolio ● Arbeit mit Bildern  Arbeit mit Texten Arbeit mit Film und VideoMündliche Kommunikation Visualisieren PräsentationArbeitstechniken für das Internet Sonstige digitale Arbeitstechniken 

 
  Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA)
Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von
externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de
-
CC-Lizenz