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Didaktische und methodische Aspekte

Wege zu literaturgeschichtlicher Kompetenz

Literaturgeschichte


FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Autorinnen und Autoren Literarische Gattungen ▪ Literaturgeschichte [ Didaktische und methodische Aspekte Überblick Orientierungswissen und Überblickswissen Wege zu literaturgeschichtlicher Kompetenz  Epochenkonstrukte reflektieren Querschnitte und EpochenumbrücheTraditionelle Epochenkonstrukte oder Random Access? "Erinnerungsarbeit" mit Schneisen und Erkundungsrouten Der biografische Ansatz im Wandel Historisches Erzählen Literaturgeschichte in gängigen schulischen Lehrwerken Didaktik der Literaturgeschichte und "wehrhafte" Demokratie ] Überblick Von der Nationalliteratur zum modernen Pluralismus Literatur auf dem Weg in die Moderne Zwischen Mono- und Multiperspektivismus  ▪ Literaturepochen  Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen  Operatoren im Fach Deutsch
  

 

Die Behandlung von ▪ Literaturgeschichte im Unterricht steckt in einem Dilemma. Auf der einen Seite wird das literaturgeschichtliche Wissen, ähnlich wie das Gattungswissen zum • Orientierungs- bzw. Überblickswissen gezählt, über das die Schülerinnen und Schüler verfügen sollen oder das sie im Rahmen von Kontextarbeit erwerben sollen. Auf der anderen Seite sind wesentliche Orientierungen und Strukturen, mit denen man im epochenzentrierten Literaturunterricht vergangener Tage Ordnung in das System brachte, wenn nicht völlig weggebrochen, so doch "marginalisiert" (Wichert 22013, S.43) worden. Insbesondere das Epochenparadigma hat, endgültig zum Konstrukt erklärt, den Rang eines "hegemonialen Deutungsrahmens" (Kepser/Abraham 42016, S.58) verloren.

Dennoch: Die Bedeutung literaturgeschichtlichen Wissens für das Verstehen literarischer Texte steht im Prinzip damit nicht in Frage. Allerdings ist die Frage, was genau literaturgeschichtliche Kompetenz ist, auf welchen Fähigkeiten und Kenntnissen sie beruht, nicht abschließend geklärt. Ob dazu ein deklaratives Wissen über alle traditionellen Epochen oder nur ausgewählter gehört, das in Interpretationsprozesse von Schülerinnen und Schülern eigenständig eingebracht werden muss und welche Wissensbestandteile dafür in Frage kommen, wird sehr unterschiedlich gesehen und bewertet.

Der instruktionistische Ansatz in den 1970er Jahren

Ein Blick auf die didaktischen Vorgaben, die in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts galten, zeigt, wie sehr sich u. a. durch die Kompetenzorientierung die Verhältnisse heute geändert haben. So betont Weber (1975, S.333), dass im Laufe der Schulzeit ein "Grundriß von Literatur" aufgebaut werden sollte. Den Weg dahin sieht er vor allem in dem Verfahren, zu literarischen "Texten frühzeitig chronologische Grobraster, dann biographische und epochengeschichtliche Hinweise zu geben." Entsprechend dieses instruktionistischen Ansatzes im Rahmen eines lehrerzentrierten Unterrichts fallen auch seine methodischen Vorschläge aus. So sollen

  • "schriftliche Fixierungen (zu Werken, Autoren, Epochen) in einer Literaturmappe gesammelt und durchgehend systematisch erweitert" werden

  • "Zusammenhänge vom Lehrer durch Überblicke hergestellt" werden

  • "das historische Verständnis durch begleitendes Mitlesen in einer Literatur- und einer allgemeinen Geschichte untermauert" werden

  • Querschnitte (mittels Texten) durch Ausblicke (Lehrer, Schülerreferate usw.) auf das Vorhergehende und Nachfolgende in den geschichtlichen Zusammenhängen einbezogen" werden

  • "Längsschnitte (mittels Texten) ebenso auf der synchronen Ebene des Zeitgenössischen gesichert werden"

Kompetenzorientierung seit der Jahrhundertwende

Rein instruktionistische Konzepte sind heutzutage überwunden. Trotzdem sind auch heute in Zeiten des • kompetenzorientierten Unterrichts noch viele Fragen nicht hinreichend beantwortet.

Korte (2003/2012, S.312) betont, dass es unter den Bedingungen des Literaturunterrichts um die Jahrtausendwende herum, "keinen Königsweg zu einem neuen Umgang mit der Literaturgeschichte in der Schule" gebe. Was sich aber angesichts der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Entwicklungen eröffnet hätte, seien neue "Praxisperspektiven", die "Umorientierungen, Akzentverschiebungen und Experimente auf begrenzten Feldern" möglich machten. Dazu zählt er einige Möglichkeiten auf:

Merkmale der literargeschichtlichen Kompetenz als Teil der literarischen Kompetenz

Auch heute steht die Frage wohl immer noch Raum, "ob und wie ein kompetenzorientierter Unterricht einen selbständigen und forschenden Umgang mit Literaturgeschichte fördern und dabei die Gefahr »einer stillschweigenden Rekanonisierung« sowie einer Normierung von literarischer Bildung vermeiden kann" (Abraham/Rauch 2011, S.348).  Dies gilt auch literarische Bildung weit entfernt von einem "auf Ganzheitlichkeit abzielenden Bildungskonzept" konzeptionalisiert wird und eine "ganzheitliche subjektbezogene Lerndimension, die das affektive, imaginative, ästhetische und historische Potential von Literatur" (ebd., S.333) ein gewichtiges Wort mitsprechen lässt.

In der Literaturdidaktik gibt es durchaus Zweifel, ob sich die mit dem • allgemeinen Kompetenzbegriff zusammenhängen Könnenserwartungen bei der Beschäftigung mit Literaturgeschichte überhaupt abbilden lassen. (vgl. Abraham/Rauch 2011, S.340), auch wenn sie sich damit literaturgeschichtliche Kompetenz theoretisch plausibel machen lässt. (vgl. ebd., S.346)

Wer sich also literaturgeschichtliche Kompetenz auf die Fahnen schreibt, darf auch die Augen vor der Komplexität nicht verschließen. Wer nämlich "vom literaturgeschichtlichen Wissen zur literaturgeschichtlichen Kompetenz im Umgang mit historischen Texten oder ganzen Kulturen" (ebd.) gelangen will, braucht dazu nicht nur eine gut ausgeprägte Lesekompetenz und kulturgeschichtliches Kontextwissens. Dazu kommen muss auch die volitionale Bereitschaft, sich in "einer Haltung der Neugier und Toleranz, zu deren Aufbau der Literaturgeschichtsunterricht beitragen kann", auf Sprache und Form älterer und strukturell fremd wirkender Texte überhaupt einzulassen, "und das, was sie zu sagen haben, als ihrerseits zeitgebundene Botschaften zu Problemen der (Jetzt)Zeit (zu) lesen." (ebd.)

Abraham/Rauch (2011, S.345f.) gehören die nach folgenden Merkmale zu einer literaturgeschichtlichen Kompetenz, die als Teil einer umfassenden literarischen Kompetenz anzusehen ist. Dazu zählen

Wege zu literaturgeschichtlicher Kompetenz

Kepser/Abraham (42016, S.59-61) haben 5 verschiedene Wege zusammengestellt, mit denen literaturgeschichtliche Fragestellungen sinnvoll zum Gegenstand des Literaturunterrichts werden können:

Ebenso sinnvoll könne es auch sein, biografische Hintergründe im Lehrervortrag als "human interest stories" zu präsentieren, zumal Literaturgeschichte ja ohnehin immer Narration sei.

Auch der Zugang über das zeitgenössische Epochenbewusstsein, das Wichert (22013, S.44) als "methodisch machbarste Praxis der Hinführung von Schülern zu literaturgeschichtlichen Perspektiven" erscheint, ist in der Sekundarstufe II interessant. So kann mit diesem Ansatz die zeitgenössische Wahrnehmung von Epochenzäsuren thematisiert werden, wenn z. B. autobiografische Texte von Autoren oder programmatische Texte einbezogen werden. Allerdings ist dies offenbar noch immer selten der Fall und das "obwohl sie doch auch im gegenwärtigen Alltag von Schüler/innen, etwa in den Medien oder in der heutigen Geschichtskultur, eine immense Rolle spielen." (Pauldrach 2020, S.1) Vielleicht, so vermutet Matthias Pauldrach (2020), liegt dies daran, dass die Schule der immer wieder kritisierten Personalisierung komplexer und gesellschaftlicher Zusammenhänge im Sinne "der Schilderung der Taten »großer Menschen« entgegenwirken will.

Zeitgemäße Literaturgeschichte befasst sich daher mit vielfältigen Aspekten der literarischen Entwicklung: In ihr kommt die diachrone Rezeptionsgeschichte mit allem zu Wort, was dazugehört, wenn von literarischen Texten Gebrauch gemacht wird. Dazu sollte sie sich nach Ansicht von Matthis Kepser und Ulf Abraham  (42016) am "Leitbild literarischer Kommunikation" orientieren, "die nicht auf einen Sprach- und Kulturraum, schon gar nicht auf eine bestimmte Nation beschränkt ist und in vielen Medien stattfindet." (ebd., Hervorh. d. verf.)

Die literarhistorische Globalgeschichtsschreibung steht dabei noch in den Anfängen und muss ihre • Position zwischen Mono- und Multiperspektivismus erst noch finden.

Ob, und wenn ja, welche Darstellung der Literaturgeschichte im Unterricht herangezogen werden sollte, wird didaktisch kontrovers gesehen. Ob ihre Verwendung für den kompetenzorientierten Unterricht Sinn macht, hängt wie in so vielen Fällen davon ab, wie und unter welchen Prämissen davon Gebrauch gemacht wird. Sofern den Schülerinnen und Schülern ihr Konstruktcharakter klar ist, können sie auch eigenverantwortlich auf solche Informationsquellen zurückgreifen. Auch die auszugsweise Präsentation verschiedener gängiger Literaturgeschichten kann den Konstruktcharakter gut verdeutlichen.

Die in den Schulen oft noch vorhandenen, meist für • den Schulgebrauch verfassten Literaturgeschichten können dabei auszugsweise zum Vergleich herangezogen werden. Aus der Vielzahl der dafür in Frage kommenden Lehrwerke, deren Zahl noch beliebig durch Themenhefte zu einzelnen Literaturepochen erweitert werden können.

Natürlich können, insbesondere für den Vergleich, auch wissenschaftliche Literaturgeschichten wie z. B. die 12bändige "Geschichte der deutschen Literatur, von den Anfängen bis zur Gegenwart"; 1949 begr. v. Helmut de Boor und Richard Neewald" oder Gottfried Willems (2012f.) Geschichte der deutschen Literatur oder etliche andere auszugsweise herangezogen werden.

Auf der Webseite des Projekts »LiGeDi der Universitäten Bielefeld und Paderborn sowie der Bergischen Universität Wuppertal werden die Vielzahl der wissenschaftlichen Literaturgeschichten unter den nachfolgenden Kategorien zusammengestellt.

Eine »Bibliothek mit OER-lizenzenzierten Studieneinführungen zu verschiedenen Zeiträumen bietet dazu ein ausgezeichnetes Angebot von Texten.

Auf der Grundlage dieser Einteilung kann man verschiedene literaturgeschichtliche Deutungsansätze in ihrem Konstruktcharakter miteinander vergleichen und geeignete Textauswahlen zusammenstellen.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 18.08.2024

 
 

 
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