Die
▪
Analyse und Interpretation
traditioneller Parabeln setzt den Erwerb unterschiedlicher
Kompetenzen im •
Handlungsfeld Literatur voraus, die hier im Einzelnen nicht
weiter dargestellt werden können. Die für den besonderen Umgang mit
•
Parabeln nötigen Kenntnisse und Kompetenzen werden dabei
gewöhnlich Ende der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II
erworben.
Auch wenn
▪
traditionelle Parabeln den meisten Schülerinnen und Schülern
wohl nicht besonders fremd, verwirrend oder gar verstörend
erscheinen,
wie
dies bei etlichen der •
modernen
Parabeln der Fall ist, sind sie aber oft längst nicht so einfach
zugänglich, wie man dies vielleicht auf den ersten Blick meint. So
machen Schülerinnen und Schüler auch im Umgang mit den
traditionellen ▪
didaktischen Parabeln immer wieder •
Fremdheitsfahrungen, die im Zuge der Behandlung derartiger Texte
im Unterricht thematisiert werden müssen. Auch wenn es dabei wohl
meist um die Erfahrung •
alltäglicher Fremdheit geht, können auch Erfahrungen •
struktureller Fremdheit unter bestimmten Voraussetzungen
hinzukommen.
Alltägliche Fremdheit erlebt man beim Lesen eines Textes, wenn man spürt,
dass man Wissenslücken hat, von denen man
aber zugleich weiß, wie man sie z.B. durch den Einsatz von Lexika oder mit
Hilfe des Internets schließen kann.
-
In einem literarischen Text
kann es dabei um Dinge gehen wie die Bedeutung und Lokalisierung geografischer Angaben, um
historische Bezüge und Fakten und um die Namen von Figuren u. ä. m., die
allesamt der innertextlichen, fiktionalen Welt angehören.
-
Zugleich werden
durch den Lernzuwachs über die dargebotene fiktionale Wirklichkeit auch neue
Bezüge möglich, die zu einer möglichen Rekontextualisierung des Textes in
seinen "ursprünglichen" Zeitbezügen bzw. Kontexten beitragen kann. (vgl.
Leskovec 2010,
S. 240)
So fällt es
insbesondere Schülerinnen und Schülern von heute oft schwer, die
Rezeption und Wirkung der traditionellen Parabel, die oft auch als •
didaktische Parabel bezeichnet wird, ist aus heutiger SDi
Einer davon ist die
Tatsache, dass sich die Menschen-
und Weltbilder seit der Zeit, in der zahlreiche traditionelle
Parabeln haben sich natürlich immer wieder verändert und
ändern sich fortlaufend. Viele Menschen können mit den religiösen
Bezügen, die z. B.
biblische Parabeln auszeichnen, heute so wenig
anfangen, wie mit denen, die sich in einem anderen ideologischen
System, z. B. der marxistischen Gesellschaftstheorie und ihren
Wahrheiten verpflichtet sehen. Und selbst der besserwissende Ton von
▪
Parabeln aus der Zeit der
Literaturepoche der Aufklärung ist für viele, vor allem
Jüngere, heute nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar. Heutige
Schülerinnen und Schüler sind eben, so könnte man sagen, in der
Regel nicht mehr diejenigen, die sich der Erzähler vorstellt, wenn
er mit seinem Text "eigentlich" etwas sagen will, was seine
Leserinnen und Leser als Sinn herauslesen können.
Der Schlüssel zu
ihrem vertieften Verständnis ist wie eigentlich immer von etlichen Faktoren
abhängig, vor allem von dem
Wissen
unterschiedlichster Art, über das der Leser verfügt, (z. B.
Weltwissen, aktives Wissen,
Erfahrungswissen,
Fachwissen,
Sprachwissen,
Textmusterwissen,
thematisches Wissen), da sich die ▪
Sinnkonstruktion beim Lesen nicht ohne das Zutun des Leser
selbst ergibt.
Wenn sich einem
also auch der Sinn traditioneller Parabeln nicht gleich erschließt,
ist das an sich nichts Besonderes.
Zudem ist es eben auch
bei der Interpretation von traditionellen Parabeln so, dass der
Schlüssel zu ihrem Verständnis nicht oder zumindest nicht nur
auf der Textebene liegt. Das bedeutet, dass man ihn auch nicht
unbedingt findet, wenn man einen Text
besonders genau liest und erfasst. Allerdings darf man auch nicht
unbedingt erwarten, diesen Schlüssel zu finden, wenn man einen Text
einfach überfliegt.
Gute Schreibaufgaben
sind nicht voraussetzungslos
Da die
Interpretation insofern leserseitig nie voraussetzungslos ist,
müssen motivierende Schreibaufgaben zur Textinterpretation stets
auch an diesen Voraussetzungen anknüpfen.
Traditionelle
Parabeln werden dazu, bevor sie Gegenstand von produktorientierten
Leistungsaufgaben (Klassenarbeiten, Klausuren) werden, im
Unterricht behandelt.
-
Wenigsten eine
Parabel, die als
Prototyp
für vergleichbare Texte gelten kann, sollte also im
Literaturunterricht eingehend analysiert worden sein, um
Strukturen und Zugänge zum Verständnis der Textsorte zu
demonstrieren. Dabei sollten die Schülerinnen und Schüler ein
Gefühl dafür bekommen, was die "Uneigentlichkeit" derartiger
Texte ausmacht, die Tatsache also, dass "eigentlich" etwas
anderes gemeint ist als das, was sich einem allein auf der
Textebene erschließt. Dazu sollten wissen, dass traditionelle
Parabeln die von ihnen intendierte Übertragung des Bildbereichs
auf einen außertextlichen Sachbereich gewöhnlich mit so genannten
expliziten Transfersignalen verdeutlichen, die ein wichtiges
Merkmal ihrer "Uneigentlichkeit" darstellen.
-
Mit verschiedenen
Formen des ▪
kooperativen Schreibens wie
prozessorientierten, schrittweise kooperativen Verfahren (z.
B. ▪
Schreibkonferenz)
sollten einzelne Teilschritte der Interpretation als ▪
ausgegliederte Teil-, ▪
Lern- und ▪
Übungsaufgaben durchgeführt worden sein.
-
Das für das
vertiefte Verständnis notwendige
Wissen (z. B.
Weltwissen,
Fachwissen,
Sprachwissen,
Textmusterwissen,
thematisches Wissen)
sollte Gegenstand des Unterrichts gewesen sein oder, wenn dies
ausreicht, als Kontext im Rahmen einer materialgestützten
Textinterpretation Teil der Schreibaufgabe sein.
-
Im Unterricht
sollten geeignete ▪
Schreibstrategien
für die Interpretation erprobt worden sein, um ▪
Schreibschwierigkeiten und Schreibstörungen entgegenwirken
zu können.
-
Und schließlich
sollten die Schreiberinnen und Schreiber den bzw. ihren
persönlichen Schreibprozess für die Interpretation auf der Basis
einer gut eingeübten und ▪
förderlichen Feedbackkultur (▪
Feedback geben und ▪
Feedback nehmen) reflektiert (=
metakognitive Kompetenz) haben.
Wenn man eine
traditionelle Parabel analysieren und interpretieren will, tut
man sich
natürlich leichter, wenn man Grundkenntnisse über die ▪
allgemeinen Merkmale moderner Parabeln besitzt.
Solche
Kenntnisse über Gattungsmerkmale erleichtern einem die Orientierung
und können einem Zugänge zu einem vertiefteren Verständnis der
Parabeln ermöglichen. (vgl.
Ehlers 2016, Kindle-Version)
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Da es aber eine
enorme Vielfalt solcher Parabeln gibt, kommt es immer auf den
Einzelfall an, ob und welche Merkmale und vor allem auch wie stark
bestimmte Merkmale ausgeprägt sind.
Dies wird auch
zusehends bei den ▪ typischen
Schreibaufgaben zur Interpretation von Parabeln berücksichtigt.
Zwar wird man noch oft noch ganz allgemein dazu aufgefordert, die
Textsorte
zu bestimmen, aber immer häufiger soll man sich auch auf andere im
Unterricht behandelte Texte (Prototypen)
beziehen und deren Merkmale mit denen des zu interpretierenden
Textes vergleichen.
Traditionell wird
die Gruppe von Parabeln genannt, die eine Lehre oder Wahrheit
vermitteln wollen. Das nennt man ihre didaktische Funktion.
Ihre Leser sollen im Idealfall, das, worauf sie hinauswill, auf ihr
persönliches Handeln und gesellschaftliches Tun beziehen können.
Gelingt dies, löst der Leser bzw. die Leserin quasi das
Sinnversprechen der Parabel ein. Das funktioniert natürlich nur
dann, wenn ▪
Leser und Erzähler
über ein größeres Maß an
Übereinstimmungen bei Einstellungen und Überzeugungen verfügen, die
ihre Sicht auf den Menschen und die Welt betreffen.
▪
Die didaktische Parabel in der Literaturgeschichte
Solche Menschen-
und Weltbilder haben sich natürlich immer wieder verändert und
ändern sich fortlaufend. Viele Menschen können mit den religiösen
Bezügen, die z. B.
biblische Parabeln auszeichnen, heute so wenig
anfangen, wie mit denen, die sich in einem anderen ideologischen
System, z. B. der marxistischen Gesellschaftstheorie und ihren
Wahrheiten verpflichtet sehen. Und selbst der besserwissende Ton von
▪
Parabeln aus der Zeit der
Literaturepoche der Aufklärung ist für viele, vor allem
Jüngere, heute nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar. Heutige
Schülerinnen und Schüler sind eben, so könnte man sagen, in der
Regel nicht mehr diejenigen, die sich der Erzähler vorstellt, wenn
er mit seinem Text "eigentlich" etwas sagen will, was seine
Leserinnen und Leser als Sinn herauslesen können.