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Optische Täuschungen
Das Vexierbild von
»Wenzel
Hollar (1607-1677) stellt eine Täuschung unserer ▪
visuellen Wahrnehmung dar, die auf
▪
perzeptuellen Mehrdeutigkeit
beruht.
Der "Landschaftskopf" kann eben als "Landschaft" oder als "Kopf"
gesehen werden. Was man davon zunächst sieht, ist nicht
vorherzusagen, es sei denn man gibt, z. B. durch die Bezeichnung
"Landschaftskopf" oder andere Hinweise zu verstehen, wie das Bild
gesehen werden kann. Normalerweise wird sich die Wahrnehmung zunächst an der einen oder
der anderen Wahrnehmungshypothese (▪
perzeptuelle
Strukturierung) orientieren.
Man kann die Abbildung also so oder so sehen.
Aber, und das ist das Entscheidende: Man kann nur entweder das eine oder
das andere sehen. Beides zugleich zu sehen, funktioniert nicht.
Unsere visuelle Wahrnehmung alterniert stets zwischen diesen
verschiedenen, aber gleich wahrscheinlichen Lösungen. Was am Ende
wahrgenommen wird, hängt davon ab, "wie und nach welchen Kriterien das
Sehsystem die Gruppierung von Merkmalen zu kohärenten Figuren vornimmt und
welche Lösungen dieser vorbewusst ablaufende Gruppierungsprozess
anbietet." (Singer
1997, S.43)
Was
sich hinter dem Phänomen verbirgt ist letzten Endes nichts anderes als das so
genannte
▪Bindungsproblem, die
Frage also, wie wir zu einer kohärenten Repräsentation eines Objektes im
Gehirn gelangen. Damit unser Gehirn dieses Rätsel lösen kann, muss
es zunächst einmal in
der Lage sein, Merkmale, die sehr komplex angeordnet sind, zu von einander
unters cheidbaren perzeptuellen Objekten zu gruppieren. Diese
Gruppierungsaufgabe ist zugleich eine Segmentierungsaufgabe, im visuellen
System Szenensegmetierung genannt. Das bedeutet, dass das Sehsystem bei
der perzeptuellen Strukturierung zunächst alle jene Konturen
zusammensuchen muss, die, als zusammengehörig angesehen, eine bestimmte
Figur ausmachen. Anders ausgedrückt: Unserem kognitiven System muss es
möglich sein, "komplexe Anordnungen von Merkmalen in distinkten, perzeptuellen Objekten zu gruppieren." (Singer
1997, S.42)
Wolf Singer beschreibt die neuronalen Vorgänge, die aus der Wahrnehmung
der Rubin'schen Vase entstehen wie folgt: "Wenn die Gesichter gesehen
werden, muss das Sehsystem jeweils die Antworten von Nervenzellen, die auf
die seitlichen Konturlinien reagieren, mit Antworten von Nervenzellen
verbinden, die von den schwarzen Flächen herrühren. In den nachfolgenden
Verarbeitungsstrukturen müssen diese gebundenen Antworten dann gemeinsam
bearbeitet und als zusammengehörig interpretiert werden. Gänzlich andere
Bindungen müssen realisiert werden, wenn die Vase gesehen werden soll.
Dann müssen die Antworten auf die beiden seitlichen Konturlinien und auf
die weiße Fläche miteinander assoziiert und gemeinsam weiterverarbeitet
werden." (Singer
1997, S.44)
Für größere Ansicht bitte an*klicken*tippen!
*Vexierbild: 1. Suchbild; Bild, auf dem eine oder
mehrere versteckt eingezeichnete Figuren zu suchen sind; 2. bildliche
Darstellung eines Gegenstandes, dessen seitliche Konturen bei genauer
Betrachtung die Umrisse zweier spiegelbildlich gesehener Figuren ergeben.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.03.2024
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