»Studentenlied
(Wikipedia)
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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
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Studentenleben in der frühen Neuzeit
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Trinkgelage in Pluderhosen - Studentisches "Feiern" als öffentliches
Ärgernis
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Studentensprache
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Textauswahl
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Bausteine
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Als Studentenlieder
bezeichnet man gemeinhin die früher von nahezu allen Studenten gesungenen
Lieder. Später wurden sie allerdings vor allem noch von den in
Burschenschaften organisierten Korporationsstudenten gesungen.
Besonders beliebt waren
unter den Studenten Trink-, Scherz- und Liebeslieder, die besonders gerne
bei gemeinsamen Trinkgelagen gesungen wurden. Dabei wurden von ihnen auch
andere "Volkslieder studentisch umgesungen" und auch ihrem Ursprung nach
Studentenlieder gingen in den allgemeinen Volksgesang ein, so dass "der
Studentengesang zwischen Grund- und Oberschichten (vermittelte)." (Richter
2010, S.13)
Studentenlieder gab es wohl
schon seit es überhaupt Studenten gegeben hat. Sie waren dabei wohl stets
eine Form, in der sich ihre besondere Sicht auf Welt und Leben ausdrückte
und mit der sie als Jugendliche ein Wir-Gefühl schufen und kultivierten, das
ihnen bei der Identitätsbildung ebenso wie bei der sozialen Integration in
ihrer geistig-sozialen Gemeinschaft von großem Nutzen war. Ihre Themen waren
die Dinge, die sie in ihrem jungen Alter umtrieben, gemeinsam feiern und
trinken, Liebe und Sexualität, Wanderlust und immer wieder auch der
Abschiedsschmerz, wenn sie aus verschiedenen Gründen, z, B. im
Spätmittelalter bis ins 15. Jahrhundert hinein als "fahrende Schüler" von
einem Ort zum anderen zogen.
Studentenlieder gehören zu
den deutschen Volksliedern, die als Gruppe sehr uneinheitlich waren und sich
in Themen, Repertoire und Ausführung sehr unterschieden. Das, was in
Handschriften und Drucken überliefert ist, orientierte sich, sieht man vom
geistlichen Lied ab, daran, was den schreibkundigen Städtern gefiel. Träger
der schriftlich überlieferten Lieder waren zunächst einmal die Musiker und
Sänger, die von ihrer Sangeskunst lebten. Daneben spielten aber auch
Vertreter "bestimmter Berufsstände wie Bergleute und Landsknechte vor allem
Handwerker und Wanderburschen, Schüler, Studenten und Kleriker, dazu
Patriziersöhne und junge Adlige" (Richter
2010, S.11)
Von
ständischen Trägern der Volkslieder abgeleitet, können Studentenlieder als
Gattung des ▪
Ständelieds angesehen werden, "gemäß seinem Inhalt und seiner
sozialen Adressierung auf einen bestimmten Stand oder Berufszweig (krieger-, bürgerl. oder bäuerl. Tätigkeit ausgerichtet ist." (Metzler-Lexikon
Literatur. 2. Aufl. 1990, S. 444)
Auch die Studenten prägten
in den Universitätsstädten die städtisch-bürgerliche Kultur maßgeblich mit,
nachdem es ihnen im 16. Jahrhundert gelang, sich ihrer "klerikalen
Zwangsorganisation" (Richter
2010, S.11) mit ▪
Bursenzwang und mönchischem Habitus und Kleidung zu entledigen und mit
dem Erringen der "Burschenfreiheit", auch wenn dies mit ▪
Pennalismus
und ▪
Saufexzessen immer wieder zu Konflikten mit anderen Gruppen der
städtischen Gesellschaft und der Obrigkeit führte. Dabei konnte das ▪
Absingen obszöner Lieder aus Sicht der Studenten durchaus ein passables
Mittel sein, die städtischen "Philister". d. h. eigentlich alle
Nicht-Studenten, zu provozieren.
Das
Studentenlied geht auf die »Vagantendichtung
bzw. »Goliardendichtung
»fahrender
Schüler (Scholaren) im Spätmittelalter zurück. Die Scholaren bzw.
Goliarden waren gewöhnlich männliche Schüler, Studenten oder auch akademisch
gebildete Kleriker ohne Amt und feste Stellung, von denen
Bauer (1926,
S.25) sagt, dass es sich um "die verlotterten und verbummelten Gesellen"
gehandelt habe, "die freiheitsfroh von Schule zu Schule zogen und trotz
aller Not um die einfachsten Bedürfnisse des Lebens ihre Liebeslieder
hinausjubelten." Mit Attributen wie "lustig, verschwenderisch,
ausschweifend, lumpig, bettelhaft" hat schon
Jacob
Grimm (1785-1863) (1848) die sogenannte Vagantenpoesie charakterisiert.
Von einem ebenso lustigen oder gar ausschweifenden Lebensstil der Scholaren
kann indessen keine Rede sein. Sie konnten von Glück sagen, wenn sie sich
auf ihrer Wanderschaft, da sie ja lesen und schreiben konnten, bei Bauern,
auf Märkten und Jahrmärkten als Schreiber etwas verdienen konnten oder bei
einem Pfarrer zeitweise die Küsterdienste in der Kirche übernehmen durften.
Und es kam auch vor, dass sie an einem Hof, auf einer Burg eine Weile lang
mit ihrem Gesang unterhalten durften. Die meiste Zeit waren sie aber wohl
weitgehend mittellos, mussten sich ihr täglich Brot und Dach überm Kopf
erbetteln und waren auch für ihren "Mundraub" bekannt, vor allem wenn sie in
größeren Gruppen übers Land zogen und sich bei Bauern schadlos hielten. In
vielen Städten waren sie aus diesen und anderen Gründen auch keine gern
gesehenen Gäste und als Landstreicher angesehen, denen weder Unterstützung
noch Unterkunft gewährt werden durften. (vgl.
ebd., S.31
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Was die Scholaren gesungen
haben, sie inszenierten sich selbst gerne als Inbegriff des Verführers und
standen wohl auch oft in diesem Ruf, waren ihre Lieder,
die von ihrem ersten
Herausgeber »Johannes
Andreas Schmeller (1785-1852) "Carmina burana"
(1847) genannt wurden, waren wohl
Liebeslieder, die aber, das sie meisten in Latein verfasst waren, nicht für
die Ohren von Menschen gedacht waren, die diese Sprache der Gelehrten und
der Kleriker nicht verstanden. So adressierten diese wie auch den Vortrag
derselben auch an diese, in der Hoffnung, dass diese ihnen unter die Arme
griffen, um ihren Lebensunterhalt fristen zu können. Was sie sangen, diente
offenbar zur Unterhaltung dieser Zielgruppe, die eine offenbar besondere
Freude "an den leichten, frischen und lebensvollen Rhythmen, in denen das
alterwürdige Latein der entgleisten Theologen über die jugendlichen Lippen
tanzte, und nicht minder an dem oft leichtfertigen, ja obszönen Inhalt ihrer
Lieder." (Buchwald
1914, S.31f, zit. n.
Bauer 1926, S.26)
Neben Liebesliedern mit
ihren "zarte(n), graziöse(n) Tändeleien und grobsinnliche(n) Erotica.' (Meyer
1897, S.4ff., zit. n.
Bauer 1926,
S.26)", aber auch eindeutigen Zoten, gehörten auch Spiellieder und
Bettellieder und vor allem unzählige Trink- und Kneiplieder zum Repertoire
der Scholaren. Man mokierte sich in den Liedern aber auch gerne über die
Käuflichkeit der Liebe und die ansonsten immer wieder feststellbare
Überschwänglichkeit, mit der das Glück der Liebe und die Schönheit der
Geliebten besungen wird, ist offenbar mehr als ambivalent gewesen. Immer
steht dabei ein Frauenbild Pate, das die Frau als "Inbegriff von Trug und
Treulosigkeit" (Bauer
1926, S.27) hinstellt. Nicht selten schlagen Vagantenlieder aber auch
satirische Töne an und prangern Missstände der Zeit an, wie z. B. die
Habgier und Sittenlosigkeit des höheren Klerus.
Mit der ▪
Gründung der ersten
Universitäten im deutschsprachigen Raum (Prag 1348, Wien 1365, Heidelberg
13866, Köln 1389, Leipzig 1409 hing auch die Zeit der Vaganten allmählich zu
Ende.
Statt dauernd umherzuziehen, nutzten die Scholaren mehr und mehr die
in den Universitätsstädten eingerichteten ▪
Bursen als
Gemeinschaftsunterkünfte. Statt des freien und wilden Wanderlebens, das sie
bis dahin führten, unterwarfen sie sich für die ihnen dort gebotene Kost und
Logis und der Möglichkeit, Unterrichtsräume zu nutzen, dem strengen Regiment
des Bursenrektors, der für eine mönchisch strenge Zucht unter den Bewohnern
dieser Studentenwohnheime sorgte.
Aber schon um 1600 herum wurden die Bursen
wieder geschlossen, da sich die Studenten ihrem repressiven System nicht
mehr unterwerfen wollten und nach Möglichkeiten einer selbstbestimmteren
Lebensform suchten.
Das bedeutete indessen
nicht, dass die Gesangskultur der nachfolgenden Studenten nach der
Vagantenzeit eine geringere Bedeutung besessen hat. Im Gegenteil die
studentische Gesangskultur entwickelte sich kontinuierlich weiter, diente
der Integration und Separation von anderen Bevölkerungsgruppen, den so
genannten Philistern, und ordnete sich in die in zahlreichen Orten, nicht
nur Universitätsstädten entstehenden ▪
Jugendkulturen ein, die mit gemeinsamen Singen und Tanzen neue Formen
der Annäherung der Geschlechter ausbildeten.
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Die in
studentischen Kreisen zu dieser Zeit angelegten und kursierenden,
handschriftlichen Liederbücher sind indessen nur für privaten
Gebrauch geschrieben worden und sind Notizbüchern vergleichbar (vgl.
Richter
2010, S. 19). Sie waren wohl auch nie Werkanthologien bestimmter
Autoren, sondern orientierten sich am Geschmack des jeweiligen
Schreibers oder Eigentümers solcher Liedersammlungen und an dem, was
eben gerade in studentischen Kreisen angesagt war.
Die wohl älteste
studentische Liedersammlung dürfte das zwischen 1603 und 1608 angelegte,
handschriftliche »Liederbuch
der beiden Rostocker Studenten »Petrus
Fabricius (1581–1651) und
Peter Lauremberg (1585–1639) sein, das ein buntes Sammelsurium
unterschiedlicher Gesellschafts- und Volkslieder enthält.
Keine
Sammlung eines Studenten das "Studentengärtlein" des deutschen
Organisten, Kapellmeisters und Liederkomponisten.»Johann
Jeep (1582-1644). Sein »"Studentengärtlein,
eine Sammlung "neuer lustiger weltlicher Liedlein mit 3. 4. vnd 5
Stimmen, welche nicht allein lieblich zu singen / sondern auch auff aller
hand Instrumenten zu gebrauchen / Allen der löblichen Music Kunst
liebhabern/ Besonders aber Den Edlen Studenten / vnd Züchtigen Jungfrauen zu
sondern annemblichen Ehren vnd wolgefallen .... Nürnberg (Auflagen 1
bis 3: 1605–1610, verschollen), Auflagen 4 bis 7: 1614, 1618, 1622 und 1626
und "Studentengärtleins Ander Theil, neuer lustiger Weltlicher Liedlein“
zu vier bis 5 Stimmen, Nürnberg 1614, 1619 und 1622 ist eine Sammlung
verschiedener Texte von Johann Jeep selbst, der darin immer wieder auch die
Situation der Studenten thematisierte. So ist davon auszugehen, dass viele
seiner Lieder auch von den Studenten gesungen wurden. (Beispiel: ▪
Ach Mutter liebe Mutter mein)
Nach dem
Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) entstand die wohl bekannteste studentische
Liedersammlung des Jahrhunderts, das Liederbuch des Studenten
»Christian Clodius (1647-1717) mit dem Titel »Hymnorum
Studiosorum Pars Prima (1669). Die Liederhandschrift mit ihren 109
Liedern ist im Vergleich zu anderen besonders reich mit Musik ausgestattet,
weist aber keine systematische Anordnung auf. In dieser Gebrauchssammlung
von Texten zahlreicher Autoren der Zeit dominieren Texte über die Liebe "von
zarter Tändelei bis zur derben Zote". An zweiter Stelle kommen Zech- und
Trinklieder, in denen so etwas wie studentisches Standesbewusstsein
erkennbar ist. Weiter sind darin auch Gelegenheitslieder enthalten (z. B.
Hochzeitslieder) oder auch das eine oder andere Soldatenlied. (vgl.
ebd., S. 119)
Regelrechte Sammlungen von
Studentenliedern gibt es aber wohl erst seit 1781, als
»Christian Wilhelm
Kindleben (1748-1785) sein Buch Studentenlieder – Aus den hinterlassenen
Papieren eines unglücklichen Philosophen, Florido genannt, gesammlet
und verbessert von C. W. K. (»google
books) herausgegeben hat. Es enthält 64 Lieder, von denen die
meisten heute vergessen sind. Sie bilden trotz Zahl aber wohl kaum
alles ab, was die Studenten gesungen haben und seine Bearbeitung hat
bei den Liedern auch alles Anstößige eliminiert, wie er selbst in
der Vorrede zum Ausdruck bringt. "Alles, was den Wohlstand und die
guten Sitten, oder auch nur eine reine fliessende Poesie gewöhntes
Ohr beleidigt", so fährt er fort, "hab ich daraus zu entfernen
gesucht" (evd. IVf.). Die Sammlung umfasst sogenannte "Trink- und
Kommerschlieder", "Allgemeine Lieder vermischten Inhalts", "Kreutz-
und Trostlieder" sowie "Abschiedslieder".
»Studentenlied
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