Was • Wissen
darstellt, was es von Können oder auch anderen Kenntnissen
unterscheidet, ist immer wieder verschieden definiert und dabei aus
unterschiedlichen Perspektiven betrachtet worden. Dieser
umfangreiche Diskurs kann und soll hier natürlich nicht
nachgezeichnet werden.
Nähern wir uns daher dem ganzen mit einer allgemeinen Definition von
Wissen:
"Wissen ist ganz allgemein formuliert ein subjektives Modell der
Wirklichkeit. Es dient der Deutung, Bewertung, Antizipation und
Gestaltung von Realität. Wissen ist eng an innere Überzeugungen und
an subjektiv praktische Brauchbarkeit gebunden. Es entsteht in der
Wechselwirkung zwischen praktischer Erfahrung und reflexiver
Deutung." (Dick/Wehner
2002, S.8)
Indem diese Definition Wissen an das Subjekt bindet, das über das
Wissen verfügt, betont sie auch die Abhängigkeit von den inneren Überzeugungen und seine handlungspraktische Relevanz.
Dass Wissen aber auch auf bestimmten Strukturen beruht, geht aus der
Definition von
Wolters (1997, S.34) hervor, für den "»Wissen« (...) jene Art
von Kenntnis (bedeutet), die auf für jeden Menschen zugänglichen und
nachvollziehbaren Gründen beruht." (Wolters
1997, S.34) Wer wisse, dass Tübingen am Neckar liege, z. B. weil
er selbst in Tübingen an einem Fluss namens Neckar gestanden habe, oder
weil er im Atlas nachgeschaut habe, beanspruche, dass jeder
Normalsinnige und Normalintelligente aus den gleichen Gründen zum
gleichen Ergebnis kommen müsse.
Wolters unterscheidet drei Arten von Wissen:
Sachwissen stellt dabei Wissen dar,
das sich auf mehr oder weniger komplexe oder auch theoretische
Sachverhalte (Naturgesetze) beziehen. Es stellt sich sowohl in
der Wissenschaft wie auch im Alltagsleben h?fig als Kausalwissen
dar. Dabei ist das lebensweltliche und das wissenschaftliche
Sachwissen häufig miteinander verknüpft.
Verfügungswissen ist dagegen
Wissen, "das Sachwissen, insbesondere Kausalwissen, für die
Realisierung menschlicher Ziele fruchtbar macht." (ebd.,
S.35) Insofern wird es auch als anwendungsbezogenes Sachwissen
bezeichnet.
Orientierungswissen besteht
aus zwei Komponenten. Es stellt erstens Wissen dar, mit dem man
bestimmte Ziele dadurch erreichen will, dass man auf
wissenschaftliches und/oder lebensweltliches
Verfügungswissen zurückreift.
Zweitens ist es auch das Wissen um
Werte. Wer Orientierungswissen besitzt, verfüge auch über Gründe für deren Verwirklichung und nehme an, dass diese Gründe von
allen geteilt werden. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet,
unterschieden sich Sach-, Verfügungs- und Orientierungswissen nicht
voneinander. (vgl.
ebd.,
S.35ff.)
Orientierungswissen stelle wie alles Wissen eine
begründete
Kenntnis von Werten und Zielen dar. Daher reiche es auch für
Orientierungswissen nicht aus, dass man irgendeinen Wert oder ein
Ziel und damit eine Orientierung nur besitze. Damit bloße Kenntnisse
zu Wissen würden, sei es daher erforderlich, dass ihre Behauptung
auf Gründen beruht, die jeder nachvollziehen und akzeptieren können
sollte. Entsprechend solle jede Orientierung, selbst wenn sie dem
Einzelnen nicht einleuchtet bzw. als gerechtfertig erscheint, eben
doch prinzipiell rechtfertigbar sei. (vgl.
ebd., S.36
Rost (2003)
gründet seine Unterscheidung verschiedener Wissensarten auf die vier
unterschiedlichen Funktionen von Wissen: Orientierungsfunktionen,
handlungssteuernde Funktionen, Erklärens- und Deutungsfunktionen
sowie Quellenfindungsfunktionen.
Auf der Grundlage dieser Funktionen unterscheidet er die vier
folgenden Wissensarten voneinander:
Orientierungswissen
("know that") sei Wissen, das sich jemand erwerbe, um sich
in der Welt bzw. auf einem Gebiet zurechtzufinden, ohne schon in
spezifischer Weise tätig zu werden. Wer Orientierungswissen habe,
wisse, dass es den betreffenden Sachverhalt gebe, könne aber mit
diesem Wissen nicht unbedingt, etwas anzufangen .
Erklärungs-
und Deutungswissen ("know why"), das auch in ganzheitliche
Muster wie z. B. Weltbilder oder Weltanschauungen eingebettet sein
könne, gebe darüber Auskunft, warum etwas ist, wie es ist. Es kenne
die Bedingungen für die Existenz und Eigenschaften von
Sachverhalten.
Handlungswissen ("know
how") beziehe sich auf reales Handeln von Menschen
(Praktiken, Techniken, Methoden und Strategien). Diese Art von
Wissen werden gelegentlich auch als "Können", "Fertigkeiten"
oder mit dem englischen Begriff "skills" bezeichnet. Dabei könne das
Handlungswissen verschiedenes Wissen beinhalten.
Quellenwissen ("know where")
drehe sich um das Wissen über Fundstellen, Standorte, Zugänge zu
Wissen. In der Praxis sei es oft ebenso wichtig, wie die anderen
Arten des Wissen.