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Textbegleitend interpretieren

Überblick

Schulische Methoden der Textinterpretation

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Schreibformen Schreibformen in der Schule
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Einen literarischen Text untersuchend erschließen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um eine Textinterpretation aufzubauen

Das ▪ produktorientierte Schreiben über literarische Texte in einem individuellen ▪ Schreibprozess kann nach dem Muster des Interpretationsaufsatzes erfolgen, der konzeptionell den Prinzipien der ▪ kontextualisierten werkimmanenten Interpretation folgt.

Wer also eine Schreibaufgabe im offenen Aufgabenformat mit dem Auftrag. "Interpretieren Sie den Text xy." oder eine Schreibaufgabe, die daneben noch bestimmte Relevanzinstruktionen zu bestimmten formalen oder inhaltlichen Aspekten, die dabei besonders berücksichtigt werden sollen, gestellt bekommt, von dem wird bei der Bewältigung der Schreibaufgabe ein Interpretationsaufsatz erwartet, der "analytische, interpretative und argumentative Fähigkeiten des Formulierens, Belegens und Begründens von Deutungshypothesen (integriert)." (Ehlers 2010 , Kap. 8.1.5 Schriftliche Formen der Interpretation)

Die Methode, mit der man einen solchen Interpretationsaufsatz erarbeitet und strukturiert, kann als untersuchendes Erschließen literarischer Texte bezeichnet werden.

Entsprechende Schreibaufgaben verwenden in der Regel die Aufforderung zum Interpretieren als einen übergeordneten Operator, der die Schreibaufgabe insgesamt bezeichnet und gegebenenfalls um bestimmte Teilaufgaben, die im Rahmen des von dem mehr oder weniger klar umrissenen Textmuster Interpretationsaufsatz in jedem Fall zu behandeln sind. In der Regel sollen derartige "Hilfestellungen" den ansonsten sehr umfänglichen Schreibprozess entlasten, indem sie die Aufmerksamkeit auf bestimmte relevante Aspekte der Interpretation lenken.

Eine typische gelenkte Schreibaufgabe im offenen Format könnte z. B. als mehrteilige Arbeitsanweisung wie die folgende zu ▪ Peter Bichsels KurzgeschichteSan Salvador lauten:

Interpretieren Sie den Text.

  1. Untersuchen Sie dabei die Situation, das Verhalten und die Wunschvorstellungen der männlichen Hauptfigur.

  2. Arbeiten Sie heraus, wie die Beziehung der Ehepartner gestaltet ist und stellen Sie deren Wahrnehmung durch Paul in den Zusammenhang seines Denkens und Tuns.

  3. Zeigen Sie, mit welchen erzähltechnischen und sprachlichen Mitteln der Autor seine Geschichte gestaltet. Bestimmen Sie die Textsorte.

Der Aufbau einer Textinterpretation im Rahmen eines Interpretationsaufsatzes sollte im Idealfall den schrittweisen Prozess des Textverstehens (vgl. →Hermeneutischer Zirkel) abzubilden versuchen. Zugleich sollte er in der Gliederung klar sein und offen für Elemente, die sich aus der Einbeziehung von Aspekten aus Literaturgeschichte, Ästhetik, Biographie des Autors oder gesellschaftliche Bezüge (= Kontextualisierung) ergeben.

 

 

Weder textinterne noch textinterne Bedeutungserzeugung allein

Folgerichtig hat natürlich auch die schulische Textinterpretation, selbst in den Prüfungsanforderungen für das schriftliche Abitur, die engen Grenzen einer nur werkimmanenten Betrachtung auch hinter sich gelassen, auch wenn ▪ hermeneutische Modelle im Gegensatz zu ▪ antihermeneutischen Modelle (Dekonstruktion) klar bevorzugt werden.

 folgen und auch etliche produktive und kreativen Möglichkeiten einschließen. wie z. Dennoch spielt die werkimmanente Methode in der Schule aus verschiedenen, vor allem literaturdidaktischen und prüfungsbedingten, Gründen immer noch eine herausragende Rolle.

So ist im schulischen Bereich, insbesondere in Form des so genannten Interpretationsaufsatzes, die werkimmanente Methode noch immer präsent. Denn mit dieser Methode, so wird behauptet, könnten Schülerinnen und Schüler durch Anwendung bestimmter Regeln und Verfahren lernen, wie ein Verstehensprozess nachvollziehbar, Deutungen überprüfbar und kommunizierbar werden.

Dabei ist ohnehin davon auszugehen, dass eine wirklich rein werkimmanente Interpretation im schulischen Literaturunterricht ohnehin wohl kaum betrieben worden ist, zumal selbst ihre renommiertesten Vertreter wie z. B. Emil Staiger und Wolfgang Kayser, zumindest später, dies auch nicht vormachten (vgl. Baasner/Zens 32005, S. 76f.), Allkemper/Eke 22005, S. 165).

So wird auch in den Prüfungsanforderungen für das schriftliche Abitur wird vorausgesetzt, dass eine eine rein immanente Interpretation nicht ausreicht und damit einer Literaturbetrachtung Vorschub leisten könnte, die die historischen Bezüge eines dichterischen Werkes zugunsten einer verfehlten Vorstellung von "zeitloser Dichtung" ausblendet .

Folgerichtig wird ausdrücklich die Kontextualisierung als eine der Operationen bei der Textinterpretation ausgewiesen und damit, zumindest als Teil des Ganzen, eine über die ästhetische Qualität des Werkes hinausgehende, autorbezogene und kontextuelle Aspekte einschließende Analyse bzw. Interpretation eingefordert. Zugleich wird damit auch der Bedeutung entsprechenden Grundlagen- und Orientierungswissens für das literarische Verstehen Rechnung getragen.

Gängige hermeneutische Interpretationsansätze in der Schule

In der Schule erfolgt die Textinterpretation nahezu nur mit hermeneutisch ausgerichteten Interpretationsmethoden.

Im Literaturunterricht der Schule spielen vor allem die drei folgenden - andernorts als Modelle bezeichneten - Interpretationsansätze als Ausgangspunkte des Verstehens literarischer Texte eine Rolle:

  • Biographischer Ansatz

  • Historisch-politischer Ansatz

  • Werkimmanenter Ansatz

Diese drei Grundansätze lassen sich dazu in weitere, spezifischere Interpretationsansätze untergliedern.

Allerdings wird im schulischen Bereich bei der Textinterpretation hierbei nicht unbedingt auf eine stringente Trennung und konsistente Durchführung eines einzelnen Interpretationsansatzes hinzuarbeiten sein.

Eher wird der Begriff des so genannten  "synthetischen Interpretierens" (Jost Hermand), das auf dem Heranziehen verschiedener Interpretationsansätze beruht, beschreiben, was bei einer multiperspektivisch angelegten Analyse und Interpretation literarischer Texte  in der Schule erreicht werden soll.

So wie die moderne Literaturwissenschaft mit dem "Gespenst der sogenannten richtigen Interpretation" aufgeräumt hat, gilt heute auch allgemein, dass ein literarischer Text keine mehr oder weniger fest umrissene Bedeutung besitzt. Denn "welchen Sinn, welche Bedeutung man mit literarischen Texten verbindet, ist ... eine Entscheidung, die der Interpret fällt." (Horst Steinmetz 1995, S.475).

Wenn es in der Schule darum geht, einen (fiktionalen, literarischen) Text zu interpretieren, dann taucht heute wohl nur noch selten das "Gespenst der so genannten richtigen Interpretation" (Hervorh. der Verf.) auf, die man meist dann als erreicht ausgegeben hat, "wenn die Bedeutung im Text und im Text allein, unter Verzicht also auf alle textexternen Faktoren, gewonnen werden konnte". (Horst Steinmetz 1995, S.476).

Auch wenn also "die Zeit der Deuter" schon seit geraumer Zeit schon "vorbei zu" scheint (Fingerhut 1983, S.356), hinterlässt die "Kunst der Interpretation" (Staiger) sicher auch heute noch bei so manchem Schüler, der sich daran versucht hat, mehr als nur ein Unbehagen in der Magengegend.

So mögen die einst von Fingerhut (1983, S.356) zitierten Erfahrungen von Peter O. Chotjewitz auch heute nicht vollständig jenseits einer, zumindest immer noch praktizierten, Realität liegen: "Chotjewitz erinnert sich mit ungutem Gefühl seines Deutschlehrers", schreibt Fingerhut, "der »einer Art Literaturdechiffrier-Club anzugehören« schien, überall in der Literatur »doppelte Böden, Tretminen, Spiegelkabinettstückchen und Sinnestäuschungen gegen den Wind« witterte und am Ende immer beim »Allgemeinmenschlichen« anlangte."
Was den Schülern dabei vorgemacht wurde: Literarische Texte haben offenbar etwas zu verbergen, was sich nicht auf der "Textoberfläche" ergibt.

Ohne die Einnahme einer "Haltung des fragenden Verstehens"  (Reichert 1995, S. 221), so lautet die Botschaft, kann man eigentlich nicht zu jener Bedeutungsschicht eines literarischen Textes vorzudringen, die sich einem literarisch kompetenten Leser beim Textverstehen literarischer Texte erst erschließen sollte. Das Interpretieren (lat.: erklären, auslegen) stellt daher sowohl den Prozess als auch das Ergebnis des Textverstehens dar.

Die Interpretation stützt sich dabei auf verschiedene Methoden, deren Auswahl wiederum von einer Vielzahl von Faktoren abhängt (Erkenntnisinteresse, methodisches Wissen usw.). Zudem können Interpretationsmethoden hermeneutisch oder antihermeneutisch ausgerichtet sein (→ Grundfragen der Textanalyse und Interpretation).  

 

Wer dem Muster des herkömmlichen Interpretationsaufsatzes im Sinne der werkimmanenten Interpretation folgt, wird eher eine textsukzessive Bearbeitungsstrategie mit "Reißverschlussprinzip" wählen, um den hermeneutischen Zirkel des Verstehens in den Vordergrund zu rücken.

Aber neben dem herkömmlichen, werkimmanenten Ansatz des Interpretationsaufsatzes kann eine Textinterpretation auch ohne Darstellung des sukzessiven Verstehensprozesses (vgl. →Hermeneutischer Zirkel) aufgebaut werden. In diesem Fall ist ein aspektorientiertes, systematisch gegliedertes Vorgehen gefordert, das die einzelnen Untersuchungsaspekte in einem übersichtlichen, klaren und verständlichen, sowie sachgemäßen Nacheinander und ihrer Beziehung zueinander präsentiert. Wer dieses Verfahren bevorzugt, wird also eher eine textstrukturierende Vorgehensweise bevorzugen, die in einen Aufbau nach dem Blockprinzip mündet.

Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile, wobei die Durchführung einer textsukzessiven Bearbeitungsstrategie beim Interpretieren die deutlich höheren Anforderungen an die sprachlich-stlistische Gestaltungsfähigkeit eines Textproduzenten stellt. Die allgemeinen, im nachfolgenden Mind Map dargestellten Problembereiche, gelten also auch bei der Textinterpretation.

Einen literarischen Text untersuchend erschließen

Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 28.06.2024

 
 

 
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