Im ▪
Literaturunterricht der Schulen
kommen bei der Beschäftigung mit literarischen Texten aller Art
unterschiedliche ▪
Methoden und Verfahren als "theoretisch fundierte Herangehensweisen"
(Kepser/Abraham
42016, S. 63) zum Einsatz, die unter didaktischer
Perspektive im ▪
Handlungsfeld Literatur schulischen Lernens reflektiert und im Zuge
didaktischer Reduktionsprozesse an die Erfordernisse und Ziele
literarischen Lernens in der Schule angepasst werden.
Dementsprechend ist der Literaturunterricht nicht nur an seiner
wichtigsten Bezugswissenschaft der Literaturwissenschaft
orientiert, sondern muss, da er es mit heranwachsenden und
heranreifenden Schülerinnen und Schülern zu tun hat, auch
die Pädagogik als "Referenzdisziplin" (Ehlers
2016, 2.1.1 Gegenstandsbereich der Literaturdidaktik,
kindle-Version) und Konzepten aus den Bereichen der •
Entwicklungspsychologie und der •
Kognitionspsychologie mitreflektieren und berücksichtigen.
Wenn es also
darum geht, welche Methoden im Literaturunterricht im Umgang mit
einem Text oder einer Gattung unter didaktischer Perspektive
geeignet ist, dann ist stets zu beachten, dass dabei das
interdependente Verhältnis von Zielen, Lerngruppe und Gegenstand
zu berücksichtigen ist (vgl.
ebd.).
In
literaturdidaktischer Perspektive geht es also nicht primär
darum, einem bestimmten, mehr oder weniger
literaturwissenschaftlich kanonisierten Interpretationsansatz zu
folgen, sondern die im
Setting des
Literaturunterrichts vorhandenen Möglichkeiten so zu nutzen,
dass Schülerinnen und Schüler entwicklungsgemäß im ▪
Handlungsfeld Literatur agieren und vor allem interagieren können.
Denn "das im Unterricht zu Vermittelnde ist auch nicht allein
Literatur (bzw. ein literarischer Text als jeweiliger
'Gegenstand'), sondern es ist die kulturelle Praxis Literatur
und die Fähigkeit zur Teilhabe an ihr." (Kepser/Abraham
42016, S. 67)
Aus diesem Grund
ist der Literaturunterricht auch weder auf die "lupenreine"
Lehre eines bestimmten Theorieansatzes festgelegt, noch erheben
die methodischen Instrumente, die er in seinem Werkzeugkasten
mit sich führt, den Anspruch auf kategorial immer trennscharfe
Begriffsnutzung. Was zum Einsatz kommt, kann "daher aus
verschiedenen Quellen oder wissenschaftlichen Schulen stammen"
(Vogt
2011, S.10f). Dieses durchaus eklektische Vorgehen passt dabei, da
ist Vogt
voll und ganz zuzustimmen, in die "innerhalb der deutschen
Literaturwissenschaft [...] in den letzten Jahren doch immer stärker in
diese vernünftige Richtung eines entspannten Methodenpluralismus"
gegangene Entwicklung. Hier geht es um
Strategien und Unterrichtsziele, die mit entsprechenden Inhalten und
Methoden erreicht werden sollen. In der Schule gefragt ist ein "pragmatische(r).
instrumentalisierende(r) Umgang mit Theorien", der weder bei
einem "subjektiven Erlebnisausdruck" stehen bleibt, noch in
"postmoderner Beliebigkeit" (Kammler 2005, S.198)
aufgeht.
Es geht dabei gerade bei der Interpretation von literarischen Texten,
und das natürlich in besonderem bei der • schulischen Textinterpretation
darum, einen geeigneten "begrifflichen Werkzeugkasten"
Köppe/Kindt
2014, S.33) zusammenzustellen oder von den Schülerinnen und Schülern
im Zuge eines entsprechenden Kompentenzerwerbs zusammenstellen zu lassen
, der für die angestrebten ▪ Umgangsweisen mit literarischen Texten
taugt und Schülerinnen und Schülern eine möglichst große Vielfalt an
Zugängen zu literarischen Texten ermöglicht, damit sie ihre eigene
Lesart des Textes in
möglichen
Anschlusskommunikationen darlegen und plausibel begründen können.
(vgl. Andringa
2000, S. 9, vgl.
Kepser/Abraham
42016, S. 120ff., vgl.
Trolley 2020)
Die
▪ Umgangsweisen mit literarischen Texten, die Verfahren und
Methoden, mit denen sie ▪ erschlossen
und interpretiert werden, zeigen dabei eine große Vielfalt. Dabei tun dies
▪
kognitiv-analytische Methoden eben anders als
handlungs- oder produktionsorientierte Verfahren der ▪
gestaltenden Interpretation (z. B. Methoden
der ▪
szenischen
Interpretation) Und: Durch die literaturdidaktisch immer wieder gebotene
Kombination verschiedener Methoden in unterschiedlichen
Sozialformen des Unterrichts (z. B. »Frontalunterricht,
•
Gruppenunterricht, Partner- oder Einzelarbeit) können
unterschiedliche ▪
Leseweisen (Lesetechniken und ▪
Lesearten (Lesemodi)
ebenso eingeübt werden, wie unterschiedliche
Rezeptionsweisen literarischer Texte sowie das Sprechen über
Literatur.
Die
unterschiedlichen ▪ Umgangsweisen mit literarischen Texten
fördern auch, dass Schülerinnen und Schüler zusehends verstehen
lernen, was in ihrem Kopf bei der Textrezeption und beim
Textverstehen passiert. So erfahren sie nämlich immer wieder,
dass sie bei ihrer individuellen ▪
Sinnkonstruktion auf ihr eigenes
deklaratives und
prozedurales
(Vor-)Wissen (Weltwissen,
Fachwissen,
Sprachwissen
und
thematisches Wissen) zurückgreifen. Dabei machen sie die
Erfahrung, dass dieser Prozess oft mehr von diesem textexternen Wissen
abhängt als den Fähigkeiten zur Textanalyse. In
unterschiedlichen Zugängen zu literarischen Texten erleben sie
so auch, dass ein großes und breitgefächertes Vorwissen hilft, den ▪
Motor der Inferenzbildung über ▪
enge und ▪
Brücken-Interenzen hinweg mit ▪
elaborativen Inferenzen richtig auf Touren zu bringen.
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Grundlegend für
die im Literaturunterricht zum Einsatz kommenden Methoden ist
stets ihr Praxisbezug, den herauszuarbeiten die zentrale
literaturdidaktische Aufgabe ist. Die literaturdidaktische
Perspektive richtet ihren Fokus darauf, "durch welche Methoden
die Ausbildung von literar-ästhetischen und hermeneutischen
Kompetenzen effektiv erfolgen kann und welche Lernwege geeignet
sind, um Schüler an Texte und Medien heranzuführen und Neugierde
und Interesse zu wecken." (Ehlers
2016, 2.1.1 Gegenstandsbereich der Literaturdidaktik,
kindle-Version)
Von dem, was die
Fachwissenschaft an Literaturtheorien und unterschiedlichen
Ansätzen
entwickelt, erreicht den schulischen
Literaturunterricht aus verschiedenen Gründen nur recht wenig.
Vor allem neuere Literaturtheorien
haben es infolge ihrer mitunter kaum erreichbaren "Verwertbarkeit" im
Literaturunterricht schwer, neue Akzente zu setzen. Sie tragen nämlich, wie
Clemens Kammler
(2005, S.188) im Anschluss an
Spinner (1987,
S.18) betont, "ihre Deutungen oft 'monologisch-autoritativ' vor" und können
in der Regel nur von der "wissenschaftlichen Interpretationsgemeinschaft"
entsprechend eingeordnet werden. Dazu kommt noch, dass "sie (...) sich zunehmend auf einem
gedanklichen und begrifflichen Abstraktionsniveau (bewegen), das jeglicher
unterrichtlichen Vermittlung, auch der universitären,
abträglich" ist.
In besonderem
Maße dürften die folgenden, in aller Kürze dargestellten Interpretationsansätze
für die kognitiv-analytisch orientierte schulische Textinterpretation relevant sein.
Was von diesen
und anderen neueren Ansätzen (z. B. strukturalistischen oder
poststrukturalistischen Ansätzen, von Postcolonial Studies, der
Intertextualitäts- und Intermedialitätsforschung etc.) in der
Schule ankommt, wird, wenn überhaupt, gewöhnlich sehr
pragmatisch in unterrichtliche Lehr- und Lernprozesse
integriert, um Schülerinnen und Schülern möglichst vielfältige
Zugänge zum Erleben und Verstehen literarischer Texte zu ermöglichen. Allerdings wird
im schulischen Bereich bei der
Textinterpretation hierbei nicht unbedingt auf eine stringente Trennung und
konsistente Durchführung eines einzelnen Interpretationsansatzes
hinzuarbeiten sein.
Lehrkräfte
versuchen jedenfalls ihre jeweils besonderen Umgangsweisen für
den Literaturunterricht, z. B. bei Verfahren der
Texterschließung, zu adaptieren und/oder ziehen sie heran, um
ihre literaturdidaktischen Positionen zu legitimieren. (vgl.
ebd. S. 65)
Einen -
allerdings keineswegs vollständigen - Überblick kann die
nachfolgende Abbildung geben.
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