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Die Karlsschule - Textauswahl

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Gustav Hauber (1907)

 
GESCHICHTE
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Die Karlsschule
Überblick
Kurzer Abriss der Geschichte
Die Schüler der Karlsschule
Erziehung und militärischer Drill
Lehr- und Unterrichtspraxis
Privatleben - Fehlanzeige
Ständische Ungleichheit
Umzug nach Stuttgart 1775
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"Das Haupt- und Zentralfach für die fünf bis sechs ersten Jahrgänge in der Karlsschule, die seit 1783 sogenannten 'philologischen Abteilungen', war das Lateinische. Die Lebenszeit der Karlsschule war in bezug auf dessen Geltung und Stellung in der allgemeinen Kultur eine Zeit der Umwertung. Die Tradition der Humanistenzeit, wonach das Latein das unentbehrliche Organ und Voraussetzung aller höheren Bildung und Wissenschaft war und daher in den höhern Schulen alle anderen Fächer an Umfang und Nachdruck des Betriebs weit überragte, war noch in weitem Kreise lebendig und herrschend, namentlich in den württembergischen höheren Schulen und dem Tübinger Stift war sie noch ungebrochen. Ein korrektes, gewandtes und zierliches Latein zu schreiben war das weitaus wichtigste Ziel des auf die Universität vorbereitenden Unterrichts, auf der Universität war ein Teil der Vorlesungen und die meisten gelehrten Schriften in lateinischer Sprache gehalten. Diese Geltung des Lateinischen hatte aber doch durch die begonnene deutsche Literaturbewegung schon schwere Stöße erhalten, und andererseits war durch die Philologen Gesner, Ernesti und Henne eine Auffassung des klassischen Altertums (die jetzt sog. neuhumanistische) in den Vordergrund getreten, welche das klassische Altertum nicht sowohl nach seiner verbalen und formalen, als nach seiner realen und ästhetischen Seite, nach seinem gesamten geistigen Inhalt würdigen und zum Gegenstand des Studiums wie der Jugendbildung machen wollte. [...]

Der lateinische Unterricht hat an der Karlsschule mit dem Eintreten des Professors Jahn im Juni 1771 begonnen, und es wurde nach Aufhören der 'teutschen Klasse' von 1774 an in allen Klassen außer den Bestimmungsabteilungen Latein unterrichtet, und zwar in den philologischen Abteilungen mit (von unten nach oben) abnehmender Stundenzahl, in anfangs 25, später 14 bis zu 12, später 8 und 6, in den philosophischen Abteilungen in 9 bis 6, später 6 bis 4, schließlich 2 Wochenstunden, je mit der entsprechenden Zahl von Arbeitsstunden; [...]

Wie weiterhin die Stunden auf Komposition und Exposition verteilt gewesen seien, ist nicht zu ersehen, jedenfalls wurde beides mit Eifer und Nachdruck betrieben. Wöchentlich wurde ein 'Argument' diktiert, das in 1 1/2 Stunden ausgearbeitet und  in weiteren 1 1/2 Stunden sofort korrigiert und besprochen wurde. Bei den öffentlichen Jahresprüfungen wurden bis 1781 regelmäßig von dem Rektor des Gymnasiums (Volz), später von Lehrern der Anstalt selbst ein 'Aufsatz' diktiert, der von den unteren Abteilungen ins Lateinische übersetzt wurde, und zwar meist so, dass die älteren Schüler zu exzipieren (d. h. die Übersetzung sofort niederzuschreiben), die jüngeren zu komponieren ( d. h. in längerer Zeit auszuarbeiten) hatten; teilweise wurde auch exzipiert und dann noch eine variatio dazu geliefert, zuweilen auch in lateinischen Versen exzipiert, von manchen auch derselbe Text ins Griechische und Französische, vereinzelt sogar ins Englische und Italienische übersetzt. Auf diese Übersetzungsleistung gründete sich dann die Erteilung der Preise (meist zwei) in der lateinischen Sprache. Auch im griechischen Unterricht musste häufig der griechische Text nicht ins Deutsche, sondern ins Lateinische übersetzt werden.

Bei diesem ganzen Betrieb ist wesentlich, dass das Lateinische, wenn es auch mit dem Griechischen in den Akten der Karlsschule gewöhnlich als tote Sprache gegenüber den lebenden bezeichnet wird, doch als Gelehrtensprache tatsächlich eine lebende Sprache war, sofern Schriften wissenschaftlichen Inhalts fast ausschließlich lateinisch geschrieben und die akademischen Vorlesungen wenigstens teilweise in lateinischer Sprache gehalten wurden. [...] Die feierlichen Reden bei den Jahresfesten und die Disputationen wurden wenigstens vereinzelt lateinisch gehalten; die der Einladung zu den Prüfungen regelmäßig beigegebenen kürzeren populärwissenschaftlichen Abhandlungen von dem professor eloquentiae über Gegenstände philologischen Inhalts waren ganz überwiegend lateinisch, auch die Probeschriften der Zöglinge aus der juridischen und medizinischen Fakultät waren ganz überwiegend lateinisch, doch so, dass mehr und mehr auch deutsche eindrangen; in den anderen Fakultäten wurden ausschließlich deutsche verfasst, ohne Zweifel, weil man bei den drei alten Fakultäten dem allgemeinen Universitätsbrauch folgte, bei den neuen aber die moderne Sprache zu gebrauchen sich nicht zu scheuen hatte. Indem so das Latein auch auf dem wissenschaftlichen Gebiet allmählich, in den Vorlesungen fast durchaus von der Muttersprache verdrängt wurde, zeigt sich die Karlsschule, wie in vielen andern Dingen, als ein Spiegel der Kulturentwicklung des ausgehenden 18. Jahrhunderts. [...]

Dass man Lateinisch lernen muss, gilt immer als selbstverständlich, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der formalen Geistesbildung, sondern das Lateinschreiben ist Selbstzweck. In den Instruktionen aus den ersteren Jahren wird wiederholt 'Zierlichkeit und Fertigkeit' des lateinischen Stils verlangt, und auch bei der Beurteilung der Prüfungsaufgaben für Lehrer und für Schüler und bei den Probeschriften wird außer auf elementare Korrektheit - gegen die freilich nicht selten gesündigt wird - auf fließenden, zierlichen, deutlichen Stil gesehen. [...]

Vom Anfertigen lateinischer Werke, das in den damaligen württembergischen Schulen eine so große Rolle spielte, findet man wenig Spuren in der Karlsschule; in den ersteren Jahren wurde es, im Zusammenhang mit der Tradition, getrieben, aber schon in der Mitte der 70er Jahre finden sich nur noch ganz vereinzelt Beispiele davon: man ließ es, wie es scheint, stillschweigend einschlafen.

Dagegen nimmt die Schriftstellerlektüre eine bedeutsame Stelle ein und es treten darüber sehr erleuchtete Anschauungen in neuhumanistischem und modernem Sinn zutag [...] Die Bildung des literarischen Geschmacks durch Kennenlernen der antiken Muster Terenz, Vergil, Horaz (mit Hinweis auf ihre Schönheiten), und des eigenen Stils durch Übersetzung ins Deutsche, dabei sachliche Belehrung für die Kriegswissenschaften aus Caesar, für die Geschichte und Geschichtsschreibung aus Livius, Justinus, Eutropius, Florus, für die Ästhetik aus Horaz' ars poetica und besonders für die philosophische Ausbildung aus den philosophischen Schriften Ciceros wird wiederholt als Zweck des lateinischen Unterrichts bezeichnet. [...]
Als Ergänzung des lateinischen Unterrichts traten bald an dieser, bald an jener der höheren philologischen und der philosophischen Abteilungen Römische Altertümer hinzu, auch 'Antiquitäten', seit 1788 'Archäologie' genannt [...]

Das Griechische stand zu der Zeit, da die Karlsschule gegründet wurde, auf einer niedrigen Stufe der allgemeinen schulischen Wertschätzung. Es wurde zwar als nötig für die künftigen Theologen, als nützlich für die Juristen und Mediziner angesehen, aber wesentlich nur wegen des Verständnisse der aus dem Griechischen stammenden technischen Ausdrücke und Schriften; unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Bildung, der Einführung in das griechische Geistesleben wurde es nicht betrachtet. Demgemäß beschränkte sich der Unterricht im Allgemeinen wesentlich auf elementare Sprachkenntnis und auf das Neue Testament. [...]

Eine griechische Grammatik findet sich nirgends genannt; es ist anzunehmen, dass in induktivem Verfahren gleich mit Lesen und Übersetzen eines griechischen Textes begonnen und im Anschluss daran Grammatik und Wortkunde, wohl mit Diktieren, von Lehrern eingeübt wurde. Dem Anfangsunterricht dienten die Äsopischen Fabeln in der Ausgabe von Hamberger, dann die Chrestomathie von Geßner und Gedike, welche Stücke aus Herodot, Thukydides, Xenophon, Aristoteles, Theophrast, Plutarch enthielt; daneben wurden bis in die obersten philosophischen Klassen Übungen im Komponieren und Exzipieren angestellt [...]
In den Jahren 1777 und 1778 wurde auch in Hebräisch und Chaldäisch Unterricht erteilt, und zwar [...] dem für den Bibiothekarberuf bestimmten Eleven Reichenbach in 2 Wochenstunden."

(aus: Hauber 1907/1909, S.56-62, gekürzt}

(im Fettdruck hervorgehobene Wörter und Textpassagen im Original gesperrt)

Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Die Karlsschule
Überblick
Kurzer Abriss der Geschichte
Die Schüler der Karlsschule
Erziehung und militärischer Drill
Lehr- und Unterrichtspraxis
Privatleben - Fehlanzeige
Ständische Ungleichheit
Umzug nach Stuttgart 1775
Textauswahl

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.09.2023

   
   Arbeitsanregungen
  1. Arbeiten Sie heraus, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen der Unterricht in den alten Sprachen, besonders der Lateinunterricht, an der Karlsschule stattgefunden hat.

  2. Informieren Sie sich in Wikipedia über die im Text genannten Schriftsteller und erstellen Sie ein Handout mit knappen Informationen über die folgenden Autoren: Terenz, Vergil, Horaz, Caesar, Livius, Cicero, Äsop, Herodot, Thukydides, Xenophon, Aristoteles, Plutarch.

  3. Welche Ziele verfolgt der Unterricht in lateinischer Sprache? - Wie beurteilen Sie diese?

  4. Vergleichen Sie die Ziele und Unterrichtspraxis mit heute.

   
 

 
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