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Erzählerbericht i. w. S.

Showing und Telling

 
FAChbereich Deutsch
 ● Glossar
Literatur:▪ Autorinnen und Autoren Gattungen Erzählende Texte Überblick Lesen erzählender Texte (Inferenzbildung und Situationsmodelle) Strukturen von Erzähltexten Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse Überblick Auswahl (Zusammenstellungen wichtiger Strukturbegriffe) Darstellungsebene und Ebene des Dargestellten WIE WIRD ERZÄHLT? (Zeitgestaltung, Perspektiven, Darbietungsformen ...) ÜberblickModell der narrativen KommunikationZeitgestaltung Perspektiven beim Erzählen ▪ Darstellung von Ereignissen Darstellung von Rede und mentalen Vorgängen Überblick Darstellung gesprochener Worte Darstellung von Gedanken Erzählerbericht und Figurenrede (ältere Erzähltheorie) Überblick Kurzinfo [ Erzählerbericht i. w. S. Überblick Formen des Erzählerberichts (=Erzählweisen, Lämmert, 1955) Showing und Telling Psycho-narration ] Figuren-/Personenrede Wissensvermittlung und InformationsvergabeErzählen über das Erzählen Zuverlässigkeit und Unzuverlässigkeit des ErzählensStilmerkmale der Erzählung Bausteine WAS WIRD ERZÄHLT? (Handlung, erzählte Welt, Figur, Raum) Bausteine Formen erzählender Texte Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen  ▪ Literaturgeschichte Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen ▪ Analyse und Interpretation von Erzähltexten in der Schule Operatoren im Fach Deutsch
    

Zwei Formen des Erzählerberichts: Showing und telling

Um herauszuarbeiten, wie mittelbar das Erzählte präsentiert wird, hat die Erzählforschung auf der Grundlage verschiedener theoretischer Ansätze immer wieder Konzepte entwickelt, die mit ihren jeweiligen Begriffsbildungen oft sehr verschieden ausfallen. Dabei werden immer wieder Begriffspaare gebildet, die "sich im Ansatz jeweils das gleiche Phänomen beziehen, nämlich einen verschiedenen Grad der Mittelbarkeit oder – anders gewendet – an mimetischer Illusion im Rahmen der Erzählung." (Martínez/Scheffel 112019, S.52) In dem Kategorien der älteren Erzähltheorie kann in diesem Zusammenhang von Erzählerbericht im engeren und weiteren Sinne gesprochen werden. In der strukturalistischen Erzähltheorie von »Gérard Genette (1930-2018) (1972, dt. 1994, 32010) wird das Phänomen, ob beim Erzählen die Illusion einer unmittelbaren Nähe des Erzählers zum Erzählten entsteht oder der Leser den Eindruck gewinnt, er stelle das Ganze aus größerer Distanz dar, als Teil des Modus beim Erzählen mit der Kategorie der Distanz erfasst.

In der angelsächsischen Erzählforschung wird das Phänomen als Showing und Telling beschrieben (vgl. Lubbock 1921, Friedman 1955, 1975).

Showing

Telling

Wiedergabe zeitlicher Vorgänge

Wiedergabe zuständlicher Gegebenheiten

  • fiktionaler Bericht über Vorgänge

  • szenische Darstellung

  • Beschreibung

  • Schilderung

  • Charakterisierung

  • Kommentare

  • Erörterung allgemeiner Probleme

  • Exkurse

Erzählerbericht i. e. S. Erzählerkommentar
Zurücktreten des Erzählers und die Einschränkung des Wahrnehmungsfeldes beim Erzählen

Jochen Vogt (1990) weist unter Hinweis auf Stanzel auf die Besonderheiten hin:

»Im Zusammenspiel der typisch "personalen" Erzähltechniken - Stanzel nennt das "Zurücktreten des Erzählers ..., das Vorherrschen szenischer Gestaltung, des Dialogs, der erlebten Rede und der Bewusstseinsspiegelung, und nicht zuletzt die Fixierung des point of view der Darstellung im Bewusstsein der Romangestalt" (S. 42f.) - wird die Forderung einer möglichst intensiven Illusion von "Wirklichkeit" weitgehend erfüllt. Die angelsächsische Erzähltheorie hat diese Forderung unter das Schlagwort showing (im Gegensatz zu telling) gestellt. Der Verzicht auf Erzählereinmischungen sowie die Fixierung eines Blickpunktes (oder mehrerer Blickpunkte) im Figurenbewusstsein bewirkt für die Erzählung grundsätzlich eine Einschränkung des Wahrmehmungsfeldes (und damit des Erzählbaren) nach den Gesetzen subjektiv-psychologischer Perspektivik." (Jochen Vogt (1990), S.54)

Beispiel

Fricke/Zymner (1993) haben in der Ringparabel von Gotthold Ephraim Lessings (1729-1781) Drama Nathan der Weise den Wechsel von telling und showing und seine Funktion herausgearbeitet und kommen zum Ergebnis:

"Nach einem kurzen Dialog-Einschub zwischen Nathan und Saladin wird die Erzählung berichtend und raffend, mit kurzen einmischenden Erzählerkommentaren ("Wie auch wahr!", "Wie nicht minder wahr!") wieder aufgenommen. Der Richter ist die erste Figur der Erzählung, der die direkte Rede zugestanden wird. Das dominante telling der ersten Hälfte der Erzählung wird somit abgelöst  durch ein neutral gestaltetes showing. Zuvor wird eine vorbereitende Motivation ihrer erzählerischen Gestaltung szenisch präsentiert. Saladin sagt nämlich: Mich verlangt zu hören,  Was du den Richter sagen lässest. Sprich!" [...] Der Wechsel von zeitraffendem Erzählerbericht zu zeitdeckender direkter Rede, der Wechsel im Erzähltempo entspricht einem erzähl- und gleichzeitig bühnentechnischen Kalkül. Der Zweck dieses Wechsels ist es vor allem, sowohl den epischen als auch den dramatischen Fiktionsrahmen punktuell zu durchbrechen. In der Richterrede kann Lessing nämlich seine sentenzartigen Appelle unterbringen, Appelle, die weder durch die Dramenfiktion noch durch die Erzählfiktion relativiert werden, weil sie durch ihre Allgemeinheit die ästhetische Distanz zu Zuschauer und Leser aufheben. »Es eifre ein jeder seiner unbestochnen / Von Vorurteilen freien Liebe nach!« (Verse 2041f.) - das ist so ein Appell, der als doppeltes Rollensprechen, als direkte Rede des Richters in der Erzählfiktion und als Ausruf Nathans im dramatischen Haupttext rampenüberschreitend Nathans früher geäußertem Wunsch entspricht: »Möcht auch doch / Die ganze Welt uns hören.«."

(Fricke/Zymner 1993,  S.271f.)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 19.12.2023

   
 

 
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