▪
Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse
▪
Überblick ▪
Auswahl (Zusammenstellungen
wichtiger Strukturbegriffe) ▪
Wer erzählt die Geschichte? (Aspekte
zur Gestaltung der Erzählinstanz) ▪
Wie wird erzählt? (Zeit,
Modus, Stimme) ▪
Was wird erzählt? (Handlung,
erzählte Welt, Figur, Raum)
Analyse erzähltechnischer Mittel in der Schule: Auswahl
Baustein: Erzähltechnische Mittel herausarbeiten und beschreiben
Die folgende ▪
Analyse der
erzähltechnischen (narrativen) Mittel, die in
▪
Franz Kafkas ▪
Parabel ▪
»Der
Aufbruch«
vorkommen, folgt den ▪
Strukturbegriffen
der älteren Erzähltheorie, die bei der
schulischen Interpretation erzählender Texte überwiegend
verwendet werden.
▪
Strukturbegriffe der älteren
Erzähltheorie
▪
ABC der schulischen
Erzähltextanalyse
Erzähltechnische Mittel im Überblick
Die wichtigsten
▪
erzähltechnischen
Mittel in ▪
»Der
Aufbruch« werden nachfolgend auf der Grundlage der
traditionellen Erzähltheorie
in
einer Übersicht dargestellt.
Darbietungsformen:
Zeitgestaltung
Raumgestaltung
-
Handlungsraum:
zwei Orte werden genannt: Stall und am Tor, von dem der Aufbruch zur Reise ausgeht
-
Stimmungsraum:
aus der Begründung des Erzähler-Ichs in negativem Licht ("nur weg von
hier")
Figurengestaltung
Erzählperspektive
Textsorte
-
Parabel:
-
Die Annahme, dass es sich
bei dem Kurzprosatext um eine Parabel handelt, gründet bei einem Leser,
der schon über einschlägige Erfahrungen mit solchen Texten von Franz
Kafka hat, in der Regel darauf, dass solche Texte relativ vereinfachend
einem allgemeinen Parabelbegriff
zugeordnet werden können, der allerdings ziemlich ungenau ist.
-
Merkmale jedenfalls wie
die im obigen Mind Map aufgelisteten können die Textsorte als Ganzes
kaum eindeutig beschreiben und können bestenfalls zur Textbeschreibung
eines parabolischen Textes mit herangezogen werden, dessen grundlegendes
Merkmal die sogenannte "Uneigentlichkeit"
in ihren vielgestaltigen Erscheinungsformen darstellt. (s. u.)
-
Für schulische Zwecke ist
zur Beschreibung der Textsorte aber stets die Unterscheidung zwischen der ▪
traditionellen und der ▪
modernen
Parabel hilfreich. Sie liefert Hinweise für das Textverständnis, die
man ansonsten vielleicht leicht übersehen kann. Am besten ist natürlich,
wenn man die Unterschiede an Beispielen kennengelernt hat.
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-
Um einen Text wie ▪
Franz Kafkas ▪
»Der
Aufbruch«
als parabolischen Text einordnen zu können, der im Analogieschluss
auf etwas anderes übertragen werden kann, ist es zunächst wichtig,
die sogenannte "Uneigentlichkeit" des Textes plausibel festzustellen. Das geschieht
unter literaturdidaktischem Vorzeichen dadurch, dass man es versteht, am
Text plausibel zu machen, woraus man schließt, "dass der Text eine
'andere' Bedeutung hat" (Zymner
1991, S.88). Dabei kommt es in der Schule nicht so sehr auf die
eindeutige Identifizierung von (impliziten) Transfersignalen an,
aber zumindest darauf, aufzuzeigen, was sich einem am rein
Buchstäblichen des Textes orientierten Textverständnis auf der
Bedeutungsebene des Textes entgegenstellt.
-
Da die moderne
Parabel im Allgemeinen keine expliziten Transfersignale enthält, die
auf einen mehr oder weniger bestimmten Bildbereich verweisen, muss
man dafür den Sachbereich genau analysieren. Im Verlauf
fortschreitenden Textverstehens stößt man dann oft auf
"Ungereimtheiten", die wie absichtlich aufgestellte "Stolpersteine"
der Vorstellung entgegenstehen, die man sich möglicherweise schon vom Text als Ganzem und
seiner Bedeutung gemacht hat. Jede neue Information, die man dem
Text oder einem Kontext entnimmt, kann dabei so geartet sein, dass
sie ein rein wörtliches Textverständnis sprengt und in eine andere
Richtung bewegt.
-
Allerdings kann auch nicht übersehen werden, dass es immer wieder
vorkommt, dass das gedankliche Konzept, mit dem ein Text zunächst
einmal verstanden wird, auch verhindern kann, dass implizite
Transfersignale, die der Text enthält, überhaupt noch erkannt werden
können. Die Brille des eigenen Textverstehens lässt dann semantische
"Ungereimtheiten" nicht mehr durch. Was eigentlich als "Stolperstein" gedacht war,
wird "eingeebnet" und vordergründig "geglättet". Anders ausgedrückt:
Diese Textstellen werden dann
einfach assimlierend in vorhandene
Wissensschemata (z.
B. Alltagswissen, allgemeines
Weltwissen,▪
Handlungsschemata, ▪
emotionale
Schemata etc.) "eingelesen", ohne
dass sich das Textverstehen durch ▪
Anpassung des
Schemas selbst weiterentwickelt.
-
Textstellen,
die darauf hinweisen, dass
der Text von Franz Kafka als Ganzes oder zumindest in Teilen über
das unmittelbar Dargebotene (Sachhälfte) auf eine andere Bedeutung
verweist, lassen sich auch mit herkömmlichen allgemeinen ▪
Strukturschemata
als ▪
Organisationsstrategien
beim Lesen nicht oder jedenfalls nicht besonders überzeugend
auflösen.
Textstellen, die in Kafkas Text signalisieren, dass der Text
übertragen werden "will", sind z. B.:
-
Der kurze Bericht
des Ich-Erzählers zu Beginn, als er erzählt, dass der Diener
seinen Befehl nicht verstanden hat. Für seinen Aufbruch ist es
eigentlich unerheblich, dass er selbst in den Stall geht und
sein Pferd selbst sattelt, um es dann zu besteigen. Der
"Stolperstein": Warum versteht der Diener den Befehl eigentlich
nicht?"
-
Das Blasen der
Trompete in der Ferne, das der Ich-Erzähler hört, ist ein
Geräusch, das in keinen Zusammenhang mit dem Aufbruch des
Ich-Erzählers auf der Textebene gebracht werden kann, und auch
die Fragen, die der Ich-Erzähler an den Diener richtet, geben
darüber keinen Aufschluss, zumal dieser das Geräusch nach
eigenen Angaben überhaupt nicht gehört hat und sich auch nicht
vorstellen kann, was es es, sofern es überhaupt dagewesen ist,
für eine Bewandtnis haben könnte.
-
Insbesondere die
Schlussbemerkungen des Ich-Erzählers "Kein Essvorrat kann mich
retten. Es ist ja zum Glück eine
wahrhaft ungeheure Reise." (Hervorh. d. Verf.), die
ohne Übertragung kaum in einen Bedeutungszusammenhang auf der
Textebene gebracht werden können, können als implizites
Transfersignal aufgefasst werden, dem Text eine über die
wörtliche Bedeutung hinweggehenden Sinn zuzuschreiben.
Allerdings müssen sich nicht wie bei einer traditionellen
Parabel mehr oder weniger sämtliche Elemente der Sachhälfte
(Herr, Diener, Pferd, Sattel, Pferd, Essvorrat ...) bei der
Übertragung in eine intersubjektiv plausible Bildhälfte als
Teile eines stimmigen Analogieschlusses fungieren können. (vgl.
▪
Bild- und Sachbereich in Auflösung)
Sprachlich-stilistische
Gestaltung
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
13.03.2024
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