• Surfbrett
Kreatives Schreiben
•
Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
▪
So interpretiert man einen literarischen Text
(Schulische
Interpretationsmethoden)
▪
Gestaltend
interpretieren
▪
Förderliche
Begleitung von Schreibprozessen
▪
Überblick
▪
Lehrer-Schüler-Schreibkonferenz
▪
Kriterienkataloge zur Erfassung von
Textqualität
▪
Überblick
▪
Zürcher
Textanalyseraster (1992)
▪
Basisdimensionen und Kriterien
▪
Basiskriterien
- Allgemeiner Katalog
Beurteilung, Bewertung und Benotung von produktiv-kreativen
Schreibprodukten stehen immer wieder im Fokus der
literaturdidaktischen Diskussion über das ▪ gestaltende Interpretieren.
Dabei sind es nicht nur die Lehrkräfte, die "oft unsicher
(sind), ob und wie sie bewerten sollen" (Abraham
2010, S.93), sondern vor allem Schülerinnen* haben oft keine
rechte Vorstellung davon, nach welchen Kriterien solcherart
gestaltete Texte beurteilt werden können.
Anlage 1
zur Richtlinie für die Aufgabenstellung und Bewertung der
Leistungen in der Abiturprüfung
Deutsch
Abiturrichtlinie i.d.F. 2012 (hrsgg. v. d. Behörde für für
Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg
2012
https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2014/27170/pdf/ar_deutsch.pdf
Gestaltungsaufgabe (literarische und pragmatische Textvorlagen)
Die Anforderungen an eine Gestaltungsaufgabe sind in Bezug auf
die Verstehens-, Argu- mentations- und Darstellungsleistung gut
erfüllt, wenn
die Vorlage differenziert erfasst und das Textverständnis
entsprechend deutlich wird,
die Möglichkeiten der Vorlage erkannt und für die Erarbeitung
der eigenen Gestal-
tungen sensibel genutzt werden,
die eigene Gestaltung auch in Bezug auf mögliche Erfordernisse
der Vorlage über- zeugend strukturiert wird,
literarische Muster und poetische Repertoires sicher erkannt
und adäquat angewendet werden,
eine eigenständige und einfallsreiche Gestaltung erkennbar
wird,
die Gestaltung in Stil und Struktur mit der Vorlage
nuancenreich korrespondiert,
eine eigenständige Argumentation entwickelt wird,
je nach Aufgabenstellung die eigene Gestaltung überzeugend
reflektiert wird.
Die Anforderungen an eine Gestaltungsaufgabe sind in Bezug auf
die Verstehens-, Argu- mentations- und Darstellungsleistung
ausreichend erfüllt, wenn
die Vorlage im Ganzen erfasst und ein hinreichendes
Textverständnis erkennbar ist,
die Möglichkeiten der Vorlage in Grundzügen zutreffend erkannt
und für die Gestal-
tung genutzt werden,
literarische Muster und poetische Repertoires erkennbar
verwendet werden,
die Gestaltung in Stil und Struktur mit der Vorlage
korrespondiert,
je nach Aufgabenstellung die eigene Gestaltung in Ansätzen
reflektiert wird.
Nicht zuletzt aus diesem
Grunde hat auch das Land Baden-Württemberg den Aufgabentyp
der Gestaltenden Interpretation ab 2014 in allen Formen des
Gymnasiums durch den ▪ Essay als
▪
Aufgabentyp IV ersetzt. Ob diese Maßnahme kritisch als "eine restaurative Wende"
des Deutschunterrichts in der Oberstufe betrachtet werden kann, weil
damit "der neue Schwerpunkt im
Deutschabitur wieder die klassische, regelgeleitete Interpretation
literarischer Werke im textübergreifenden Kontext darstellt." (Ulmer 2012,
S.12), ist zumindest eine Frage, die sich aufdrängen kann.
Schülerinnen*, die im Umgang mit ▪ textproduktiven Umgangsweise
dieser Art wenig Schreiberfahrung haben, glauben oft, dass alles, was einem
einfällt und wie man es gestaltet, nicht nur zulässig, sondern
auch als ideeninduzierte Gestaltung im Sinne des freien
assoziativen und
expressiven Schreibens eine quasi
schöpferisch-geniale Immunität vor Kritik genießt. Hauptsache
authentisch, Hauptsache einfallsreich, in jedem Falle eine rein
subjektive Angelegenheit. Dass sie dabei die grundsätzliche
Gebundenheit des produktiv-kreativen Schreibprodukts verfehlen
können, ist ihnen dabei oft nicht bewusst.
Das kann dann schon so weit gehen, dass mangelndes sprachliches
Ausdrucksvermögen, sprachliche und orthografische Fehler als
künstlerische Gestaltungsfreiheit ihres Schreibers bzw. ihrer
Schreiberin durchgehen soll. Wessen Gestaltung, selbst im Rahmen
einer sachlich gut begründeten Argumentation, nicht als
zulässige "gute" kreative Lösung wie alle anderen angesehen
wird, begreift die Kritik am eigenen Werk oft als Angriff auf
die eigene Person. Wer so reagiert, der versteht nicht, dass es
nicht "um die pauschale Würdigung von Originalität" gehen kann,
sondern "um die differenzierende Wahrnehmung von Textqualitäten"
(ebd.),
über die man sich verständigen kann und die für "die oft
sinnvolle und mögliche Verbesserung" (ebd.)
des Schreibprodukts unter bestimmten Voraussetzungen genutzt
werden kann.
Hinter solchen Vorstellungen seitens der Schülerinnen* stecken
häufig auch unangebrachte ▪
Alltagshypothesen über das
Schreiben im Allgemeinen, die sich besonders stark mit ▪
kreativem Schreiben
verknüpfen (Genie-Hypothese). Die
gestaltende Interpretation wird damit zu einer Schreibform nur
für sog. "kreative Köpfe" stilisiert. Daher machen viele
potentielle Schreiberinnen* ihre Entscheidung, wenn sie zwischen
kognitiv-analytischen und produktiv-kreativen Umgangsweisen
mit literarischen Texten wählen können, oft von ihrer
diesbezüglichen Selbsteinschätzung abhängig. Und die, dies
muss eigentlich kaum weiter betont werden, ist von vielen
verschiedenen Faktoren abhängig, die schulisches Lernen nur
bedingt beeinflussen kann.
Verständigung über Textqualitäten produktiv-kreativer
Schreibprodukte anstreben
Solche Vorstellungen der Schreiberinnen* bedeuten indessen nicht, dass schulisches Lernen und
insbesondere
literarisches Lernen angesichts solcher Probleme auf
grundsätzlich verlorenem Posten stehen. Zum Erwerb
entsprechender ▪
literarästhetischer Rezeptions- und ▪
literarästhetischer Produktionskompetenzen gibt es eine
ausreichende Zahl von Methoden und Modellen, die hier von
Bedeutung sind. Und auch "aus Respekt vor dem 'persönlichen
Ausdruck' jede Bewertung zu unterlassen, ist praktisch keine
Lösung und überzeugt auch theoretisch nicht." (Abraham
2010, S.93) Schließlich geht es auch "um die
differenzierende Wahrnehmung von Textqualitäten, nicht um die
pauschale Würdigung von Originalität." (ebd.)
Eines aber wirkt sich meistens sehr schlecht auf Schülerinnen*
aus, die beim gestaltenden Interpretieren geglaubt haben, das
Wagnis kreativen Schreibens einzugehen: Wenn sie merken, dass
ihr notwendigerweise subjektiver Zugang zu einer literarischen
Textvorlage Opfer von "Geschmacksurteilen" beurteilender
Lehrkräfte wird, die nicht hinreichend berücksichtigen, dass
vor allem leistungsschwächere und mit dem kreativen Schreiben
nicht so vertraute und weniger "selbstvertraute" Schülerinnen*
gerne
auf "auf
episodisch gespeicherte Wissensbestände und Muster
(...) (z. B. Versatzstücke aus Büchern und Filmen" (Fix
2006/2008, S.117) aus ihren eigenen Lebenswelten zurückgreifen. Unter
einer
funktionalen Perspektive bei der Beurteilung von
Schülerinnenleistungen* können aber gerade solche
Gestaltungen für die
Anschlusskommunikation in der Lerngruppe sehr förderlich
sein.
Zudem sollte auch nicht verkannt werden, dass gerade solche
Bezüge, wenn sie von einer entsprechend in der Jugendkultur
bewanderten Lehrperson gezielt genutzt werden, effektive
volitionale
und
motivationale Impulse für
kreatives bzw.
gestaltendes Schreiben setzen können.
Soll die Verständigung über die produktiv-kreativen Texte und
die literarische Textvorlage gelingen, muss man sich über
Kriterien zur Beschreibung der anzustrebenden ▪
Textqualitäten
verständigen. In der Regel macht man das mit entsprechenden
▪
Kriterienkatalogen, die am besten ▪
gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern im Rahmen
vielfältiger Schreiberfahrungen entwickelt werden. Allerdings
sollten sie auch dann didaktisch reflektiert und ▪
ohne vordergründigen Schematismus (vgl.
Fritzsche
1994, S.199;
2005,
S.30) dazu beitragen, den Schreibprozess der Schülerinnen*
anzuleiten, Hilfen zur Überarbeitung bieten und insgesamt dazu
beitragen, den Schreibprozess zu strukturieren.
Grundsätzlich sollte man Kriterienkataloge dementsprechend auch nicht so
anlegen, dass damit alle erdenklichen Aspekte der Textqualität
vollständig abgedeckt sind. Sie sollen vor allem ein
Hilfsmittel sehen für die
fördernde
Beurteilung sein, sei es durch Mitschülerinnen und Mitschüler im Rahmen
kooperativer
oder
schrittweise kooperativer Schreibprozesse
oder durch die als Lernberaterin* agierende Lehrperson. Stets
sollten sie vor allem "ein Leitfaden sein für das Sprechen über
den eigenen Text, über den Text der Mitschülerinnen und
Mitschüler" (Portmann
1996, S.105f.) sein.
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Die allgemeinen Dimensionen ( ▪
sprachliche Richtigkeit ▪
sprachliche
Angemessenheit, ▪
Aufbau,
▪ Inhalt,
▪
Schreibprozess und
ggf. ▪
Textverständlichkeit
als übergreifendes Kriterium) sind, wo es geht, im Hinblick auf
das gestaltende Interpretieren zu konkretisieren. Das kann auch
bedeuten, dass das ▪
weiche Kriterium der ▪
Wagnis in Bezug auf inhaltliche und ▪
sprachlich-formale Textqualitäten durchaus Gewicht bekommt,
auch wenn es letzten Endes auf sehr subjektiven
Eindrucksurteilen beruht und damit auch "Verhandlungssache"
ist (vgl. Baurmann
2002/2008, S.140).
Basiskataloge entwickeln
Bei der Entwicklung geeigneter Kriterien oder von
Kriterienkatalogen kann zunächst auf einen ▪
allgemeinen
Katalog von Basiskriterien zur Beurteilung der Textqualität
zurückgegriffen werden, der im Kern auf das sogenannte
▪
Zürcher
Textanalyseraster (1992)
zurückgeht.
Allerdings sind dessen Kriterien insgesamt für
unterrichtliche Zwecke zu komplex. Zudem müssen sie an die gestaltenden
Schreibaufgaben so angepasst werden, dass Kriterien im
Mittelpunkt stehen, welche die jeweilige Schreibform besonders
kennzeichnen. So kann es z. B.
beim
kreativen Schreiben nicht unbedingt darauf ankommen, einen Text auf
seine Textverständlichkeit hin zu optimieren oder in jedem Falle die
orthographische Richtigkeit zu beachten (vgl.
Becker-Mrotzek/Böttcher (2006/2011, S.94).
Dabei muss man sich auch bei der ▪
Dimension
der ▪
sprachlichen Richtigkeit
und ihren Kriterien beim gestaltenden Interpretieren auch nicht
vollständig "wegducken": Stets lässt sich ja auch fragen, ob die
in einem Schülerinnentext* vorkommenden Verstöße gegen
sprachliche und stilistische Normen funktional begründet sind.
Daher ist ein solcher Basiskatalog also nur unter gewissen Vorbehalten von
Nutzen. Für unterschiedliche
Textmuster
bzw. Textsorten muss
er angepasst werden, und auch zu den methodisch-didaktischen Zielen, die
im Unterricht erreicht werden sollen, muss er passen.
Erst wenn diese
Voraussetzungen reflektiert und zu entsprechenden Änderungen oder
Anpassungen geführt hat, können Kriterienkataloge der
fördernden
und bewertend-prüfenden Beurteilung dienen (vgl. zu den Begriffen:
Bewertung,
Beurteilung).
Lernberatung und Coaching durch die Lehrkraft
Der Umgang mit solchen Sichtweisen von Schülerinnen* auf die
Schreibprodukte, die sie im Rahmen der ▪
gestaltenden Interpretation
verfasst haben, hat für das Lehrerinnenverhalten* und die
Gestaltung der Lehrerrolle in solchen Schreibprozessen eine
Reihe von Konsequenzen. Dazu zählen u. a.
-
Die
Lehrkräfte müssen den Schülerinnen an geeigneten ▪
Lern- und
Übungsaufgaben
ausreichend Gelegenheit geben, die Besonderheiten der
Schreibform, insbesondere den Spagat zwischen Textbindung
und kreativer Problemlösung auszuhalten, und ihre Lösungen
in einem förderlichen Lernklima in zahlreichen ▪
Feedbackprozessen (▪
Scaffolding,
Peer-Feedback) intersubjektiv zu erproben.
-
Ihre ▪
Lernberatung muss zum kreativen Schreiben ermutigen (encouragement)
und helfen, auch aus verschiedenen Gründen ins Stocken
geratene Schreibprozesse aufrechtzuerhalten.
-
Sie müssen
geeignete ▪
Schreibaufgaben
konzipieren und dabei das Gestaltungspotential der
literarischen Textvorlage adäquat unter Berücksichtung von ▪
Kompetenzstufen
▪
didaktisch reflektieren und dabei ihren Fokus auch auf
die Frage richten: Welche Arten des Verstehens eignen sich
bei welchen Formen produktiver Textbehandlung?" (Zabka
1995, S. 132)
-
Sie müssen
ihr Augenmerk vor allem auf ▪
prozessorientierte Schreibprozesse richten, die auf
teilweise bzw. schrittweise kooperativem Schreiben
beruhen, bei denen sich die jeweiligen Schreiberinnen* mit anderen
über textkompatible und plausible und doch
gleichermaßen kreative Problemlösungen verständigen können.
Was zur Beurteilung, Bewertung oder Benotung ansteht, ist ein
komplexes Ganzes
Die eingangs
schon erwähnten Probleme im Zusammenhang mit der
Beurteilung, der Bewertung oder der Benotung von produktiv-kreativen
Schreibprodukten zeigen, dass es wirklich nicht leicht ist,
geeignete Kriterien zu finden und anzuwenden, mit denen Leistung
im Zusammenhang mit dem gestaltenden Schreiben und
Interpretieren gemessen werden kann. Das liegt natürlich auch
daran, dass diese Leistung deshalb sehr komplex ist, weil
"Textverstehen in Bezug auf den Ausgangstext und eigene
Schreibkompetenz, besonders stilistisches Können und
Gestaltungswille, zusammenkommen müssen." (Abraham
2010, S.92)
Der Sache des
kreativen Schreibens in der Schule, wie es im Rahmen des
Gestaltenden Schreibens erfolgen soll, tut es indessen nicht
gut, wenn man nicht auf brauchbare Kriterien zur Beurteilung und
Bewertung der Schreibprodukte zurückgreifen kann.
Auch
produktiv-kreative Schreibprodukte dieser Art können kaum anders
als im Kunstunterricht als "Werk-Stücke,
in die Erfahrung, Findigkeit und handwerkliches Geschick
eingegangen sind" (ebd.,
S.94) auch im Hinblick auf einen vollzogenen Lernprozess
beurteilt und bewertet werden.
Solange für die
Schülerinnen* und die Lehrpersonen transparent und klar ist,
welche Gütekriterien dabei herangezogen werden, ist dagegen,
sieht man einmal von den prinzipiellen Einwänden ab, die
Leistungsmessung und Kreativität als unvereinbar ansehen, nicht
viel einzuwenden.
Wenn dies
zugleich mit einem "interpretierenden Blick" (ebd.)
auf das entstandene Schreibprodukt und der Einsicht verbunden
ist, dass Scheiberinnen* bei einer gestaltenden Interpretation
"ein höheres individuelles Wagnis" (ebd.)
eingehen, kann der berechtigten Erwartung ihrer Schreiberinnen*,
dass auch ihr Gestaltungswille und die von ihnen geschaffene
Gestalt gewürdigt wird, selbst wenn das Ganze nicht rundum
geglückt ist, durch die beurteilende Lehrkraft Rechnung getragen
werden.
Wenn das, was
geschrieben wurde, "an Erwartungen und Normen der Leser/-innen"
(ebd.)
gemessen wird, stehen bei seiner Bewertung durch die Lehrperson
oder die Mitschülerinnen* weder die jeweilige Person des/der
Schreiberin*, ihr kreatives "Genie" und die Originalität ihrer
Schöpfungen im Fokus "und auch nicht Gefühle oder Gedanken als
solche (....), sondern die Art und Weisem wie dies alles sich
zu Wort meldet." (ebd.,
S.95)
Nach
Abraham
(2001) kann man drei Perspektiven zur Beurteilung, Bewertung
und Benotung von produktiv-kreativen Schreibprodukten
unterscheiden (vgl.
Abraham
2010, S.103):
die produktorientierte
Perspektive mit philologischen Gütekriterien, die
prozessorientierte Perspektive, die den Fokus auf die Texte als
Entwürfe und den Schreibprozess als solches richtet und
die funktionale Perspektive, die die Funktion des jeweiligen
Textes im Rahmen des Lehr-/Lernprozesses und in der
Anschlusskommunikation über die literarische Vorlage und die
gestaltenden Interpretationen in den Mittelpunkt stellt.
Produktorientierte Perspektive mit philologischen Kriterien
Hier geht es um die Frage: Welche philologischen
(gattungspoetischen, literaturgeschichtlichen,
textsortenspezifischen, adressatenorientierten und sonstigen
strukturellen Merkmale literarischen Gestaltens werden unter
plausibler Bezugnahme auf den Ausgangstext umgesetzt?
Hier lassen sich für unterschiedliche Formen produktiv-kreativen
literarischen Schreibens Kriterien entwickeln, die sich am
Vorwissen der Schreiberinnen* zu bestimmten Textsortenmerkmalen,
ihren strukturellen Eigenschaften oder sprachlich-stilistischen
Eigenheiten orientieren und natürlich auch nach ▪
Kompetenzstufen
differenziert zu betrachten sind. Am besten nimmt man als
Lehrkraft bei der Beurteilung entsprechender Leistungen die
Rolle einer Lektorin ein, "die das Manuskript auf Brauchbarkeit
prüft." (vgl.
Abraham
2010, S.104)
-
Beim
lyrischen Schreiben
(Verfassen oder Transformieren von Gedichten) könnte das
Augenmerk neben der auch hier zu beachtenden (funktionale)
Sparsamkeit der verwendeten sprachlichen und gestalterischen
Mitteln, die funktionale Bildhaftigkeit der Sprache zur
Gestaltung der Aussage (z. B Symbole und der Einsatz von ▪
rhetorischen Mitteln
unter dem Blickwinkel ihrer ▪
Wirkungsbereiche
und ▪
Wirkungsakzente
bei ▪
Metaphern,
▪
Symbolen,
▪
Vergleichen
etc.). Ebenso könnte der Akzent, je nach literarischer Vorlage
aber auch auf Aspekte der Formtreue (z. B. Beibehaltung der
Reimstruktur der literarischen Vorlage gelegt werden oder die
sprachspielerische Qualität verwendeter
▪ Klangfiguren etc. liegen.
-
Beim
dramatischen Schreiben
von Dialogen und/oder Passagen des ▪
Nebentextes könnten die Lebendigkeit, Konflikthaftigkeit und
Glaubhaftigkeit, Symmetrie und/oder Komplementarität, in den
gestalteten Dialoge, der funktionale, auch epochentypische
Einsatz von ▪
Bühnenanweisungen
(▪
explizite Bühnenanweisung und/oder ▪
implizite Bühnenanweisung (z. B. im ▪
naturalistischem
Drama) oder auch die ▪
Charakterisierung der Figuren mit geeigneten ▪
auktorialen und ▪
figuralen Techniken von Belang sein.
-
Beim
filmischen Schreiben eines
Drehbuchs bzw. von Drehbuchpassagen oder der Gestaltung
eines
Filmexposés,
Treatments, eines ▪
Storyboards,
einer ▪
Shot List
oder einem ▪
Sequenzprotokoll
etc. könnten je nach Vorlage ähnliche Aspekte wie beim
dramatischen Schreiben bei gestalteten Dialogen gelten. Dazu
kommen aber noch Merkmale des Textmuster des jeweiligen Textes
(Drehbuch, Treatment, Storyboard etc.), sowie die Berücksichtung
von ▪
Strukturen der Filmsprache
und der besonderen ▪
Gestaltungselemente des Films
(z. B. ▪
Einstellung
mit ▪
Einstellungsgröße
und ▪
Einstellungsperspektive
oder auch der Einsatz von Geräuschen und Musik).
Prozessorientierte Perspektive: Produktiv-kreative Texte als
Dokumente eines ergebnisoffenen literarischen Lernens
Die prozessorientierte Perspektive des Beurteilungs- und
Bewertungshandelns stellt den Schreibprozess, seine
unterschiedlichen Phasen und Zwischenergebnisse, die
Kommunikation und Verständigung von Teammitgliedern einer
Schreibgruppe während des Arbeitens an einer Schreibaufgabe ohne
den Druck, am Ende ein bestimmtes Schreibprodukt abliefern zu
müssen (Output-Orientierung) in den Mittelpunkt.
Im Zusammenhang mit geeigneten ▪
Lern- und
Übungsaufgaben,
die entsprechend didaktisch zu reflektieren und zu konzipieren
sind, dürfen die Schülerinnen* dabei unterschiedliche
produktiv-kreative Zugänge zu einem literarischen Text erproben.
In einem insgesamt förderlichen Lernklima, die auch an die
Lehrerrolle bei der ▪
Lernberatung (Scaffolding) besondere Anforderungen stellt,
können die Schreiberinnen, unterstützt durch förderliche
▪
Feedbackprozessen,
die auch den anderen Mitgliedern einer Schreibgruppe im Rahmen
des ▪
Peer-Feedbacks
Verantwortung dafür geben, dass selbstverantwortete Lernprozesse
ihrer Mitglieder in Gang kommen und aufrechterhalten werden
können. Dies kann z. B. im Rahmen von ▪
Schreibkonferenzen beim
gestaltenden Interpretieren erfolgen.
Dabei ist es oft sinnvoll, wenn den Schülerinnen* für das
Peer-Feedback entsprechende Beobachtungskriterien an die Hand
gegeben sind, die sie am besten gemeinsam mit der Lehrkraft
vorher selbst festgelegt haben. Dabei können allgemein die
nachfolgenden Aspekte berücksichtigt bzw. angepasst werden.
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Auch mit einer entsprechend angelegten
▪
Portfolioarbeit
zum gestaltenden Interpretieren ist die prozessorientierte
Perspektive natürlich besonders eng verbunden.
Funktionale Perspektive: Der Beitrag produktiv-kreativer Texte
für die Anschlusskommunikation
Neben der
produktorientierten
und prozessorientierten Perspektive bei der Beurteilung
produktiv-kreativen Schreibens kommt eine dritte Perspektive in
Betracht. Dabei geht es um die Frage, was ein bestimmter
produktiv-kreativer Text für die
literarische Kommunikation
bzw. die
Anschlusskommunikation über die literarische Textvorlage und die
produktiv-kreativen Gestaltungen der Schreiberinnen* im
Unterricht leistet. Damit gerät die soziale Komponente der
gestaltenden Interpretation in den Blick.
Die funktionale
Perspektive wertet damit auch die eingangs schon erwähnten
Textprodukte von Schülerinnen* auf, deren Gestaltungen dadurch
einen größeren Bezug auf ihre eigenen Lebenswelten haben, weil
sie dabei "auf
episodisch gespeicherte Wissensbestände und Muster
(...) (z. B. Versatzstücke aus Büchern und Filmen" (Fix
2006/2008, S.117) zurückgreifen. Sie können oft besonders gut zum
"Medium des literarischen Gesprächs" (Merkelbach
1993a, S.157.f., zit. n.
Abraham
2010, S.107) werden, wenn sie nicht als unkreativ und wenig
einfallsreich abgetan werden, sondern für ihren Beitrag zur
Verständigung über die literarische Vorlage und verschiedene
textproduktive Gestaltung wertgeschätzt werden (dürfen).
▪
Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
▪
So interpretiert man einen literarischen Text
(Schulische
Interpretationsmethoden)
▪
Gestaltend
interpretieren
●
Förderliche
Begleitung von Schreibprozessen
▪
Überblick
▪
Lehrer-Schüler-Schreibkonferenz
▪
Kriterienkataloge zur Erfassung von
Textqualität
▪
Überblick
▪
Zürcher
Textanalyseraster (1992)
▪
Basisdimensionen und Kriterien
▪
Basiskriterien
- Allgemeiner Katalog
• Surfbrett
Kreatives Schreiben Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
02.07.2024
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