Die Kompetenzen, die zur
Bewältigung von Schreibaufgaben zur ▪
materialgestützten Erörterung erforderlich sind, unterscheiden sich im
Wesentlichen nicht von den ▪
Kompetenzen,
die für das gesamte schriftliche Erörtern bzw. das
▪
erörternde
Erschließen (EPA 2002)
insgesamt von Bedeutung sind.
Allerdings kommen wegen der erforderlichen besonderen Textarbeit mit dem
dargebotenen Material Anforderungen hinzu, über die man sich im Klaren sein
muss. Diese liegen, vom gesamten Schreibprozess her betrachtet, bei den
Vorarbeiten in der Planungsphase des Schreibens.
Hier ist anders als bei der
freien Erörterung ohne
Textgrundlage und anders als bei der
Texterörterung bzw.
einer
literarischen Erörterung mit einer bestimmten Textgrundlage
Lesekompetenz
erforderlich, deren konkretes Niveau der Schreibaufgabe angepasst sein muss.
( ▪ Kompetenzstufen
von Lesekompetenz (Pisa-Studien), ▪
KMK-Bildungsstandards
für den Mittleren Bildungsabschluss im Fach Deutsch (Jahrgangsstufe 10):
▪
Lesen - mit Texten
und Medien umgehen)
Die ▪
Schreibaufgabe zum
materialgestützten Erörtern kann dabei in einem unterschiedlichen Bezug
zu den Materialien des Dossiers bzw. Kompendiums stehen und damit auch auf
unterschiedliche Art und Weise und auf verschiedenen Kompetenzniveaus
Lesekompetenz einfordern. Dabei ist sie stets mit einer entsprechenden
Schreibkompetenz bei der Zusammenfassung und der Untersuchung von Texten
verbunden.
-
So kann die
▪ Arbeit
mit dem Dossier, also der Auswahl von Materialien, schon ganz
unterschiedlich konzipiert sein.
-
Insbesondere im Zusammenhang mit freieren Formen der Erörterung wie
z. B. Essay,
Kommentar,
Glosse,
Rede bzw.
Redebeitrag werden
nicht selten ▪
mehrteilige Arbeitsanweisungen gestellt. Dann wird in einer
Schreibaufgabe, die dem erörternden Schreiben in aller Regel
vorangestellt wird, z. B. verlangt,
Textzusammenfassungen (Abstracts,
Inhaltsangabe,
strukturierte Textwiedergabe) zu schreiben. Dabei müssen solche
Schreibformen, welche die ▪ inhaltliche
Erfassung der Texte und/oder die
▪ Herausarbeitung
des Gedankenganges mit seinen argumentativen Strukturen
dokumentieren sollen, nicht immer alle Texte des Dossiers umfassen.
Bestimmte Akzentsetzungen sind dabei immer möglich. Sie werden auch zur
Differenzierung von Kompetenzniveaus verwendet.
Wer einen Sachverhalt bzw.
ein Problem materialgestützt erörtern will, hat eine komplexe
▪
Schreibaufgabe
vor sich. Sie verlangt je nach Thema und Komplexitätsgrad der in der
Materialauswahl dargebotenen
kontinuierlichen
und
diskontinuierlichen Texte nicht nur eine bestimmtes Lesekompetenzniveau,
sondern auch
▪
Schreibkompetenz
in verschiedenen Bereichen.
Fix (2008,
S.33) spricht in diesem Zusammenhang von
▪ Zielsetzungskompetenz,
▪ inhaltlicher Kompetenz,
▪
Strukturierungskompetenz und
▪ Formulierungskompetenz.
(vgl. auch: ▪
KMK-Bildungsstandards
für den Mittleren Bildungsabschluss im Fach Deutsch (Jahrgangsstufe 10):
▪
Schreiben)
Im Bereich der
▪Zielsetzungskompetenz
und der
▪ inhaltlichen Kompetenz
hat das Konzept der materialgestützten Erörterung Konsequenzen aus den
vielfach beklagten Schwächen des herkömmlichen freien Erörterungsaufsatzes
ohne Textgrundlage gezogen.
In der klassischen Aufsatzsituation fehlen dem Schreiber
schlichtweg die notwendigen Sachinformationen. Ebenso wenig hat er/sie die
Möglichkeit, im Rahmen der Lösung der Schreibaufgabe eine
Informationsrecherche durchzuführen, um sich das für eine fundierte
Auseinandersetzung nötige Wissen zu verschaffen. (vgl.
Fix 2008,
S.104f.). So hat man die Schreibaufgabe
folgerichtig in
einen erweiterten thematischen Kontext integriert. Damit soll die dem traditionellen schulischen Schreibsetting
angelastete Förderung von "Oberflächlichkeit, Leichtfertigkeit und phrasenhafte(r)
Geschwätzigkeit" (Fritzsche 1994,
S.116) überwunden werden.
Auch damit wird die beim schriftlichen Erörtern übliche
"Textmusterbezogenheit" zugunsten einer inhaltlichen Auseinandersetzung
überwunden, bei der "auch Fähigkeiten zur Textauswertung und
Arbeitstechniken des
▪ Exzerpierens, Zusammenfassens
usw. relevant (werden), indem sie für den
▪ Schreibprozess
nutzbar gemacht werden. (Fix 2008,
S.105)
Auf das Zusammenwirken
▪
inhaltlich-fachlicher,
▪
methodisch-strategischer, ▪
sozial-kommunikativer und
▪
personaler Teilkompetenzen weist
Baurmann
(2002/2008, S.15f.) bei der Abgabe einer Stellungnahme hin, die auf
begründendem Erörtern basiere:
"Auf der inhaltlich-fachlichen Ebene wird zu
fragen sein, ob in der Stellungnahme eine eigene Entscheidung begründet und
belegt wird. Methodisch-strategisch wird man erwarten können, dass die
gesamte Stellungnahme geplant und organisiert dargeboten wird. Das mag
weitgehend vom Sachverhalt her entschieden werden, nicht außer Acht bleiben
sollten die jeweiligen Leserinnen und Leser, die sich zur angesprochenen
Streitfrage möglicherweise schon eine eigene Meinung gebildet haben (soziale
Kompetenz). Ein hinreichendes Map an personaler Befähigung ist dort gegeben,
wo der Verfasser zwar engagiert seine eigene Position entwickelt, doch die
möglicherweise abweichende seiner Rezipienten mitdenkt."
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.12.2023