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Kompetenzbereich: Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen (BISTA-AHR-D 2012
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Überblick
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Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen
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Sich mit pragmatischen Texten auseinandersetzen
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Sich mit Texten
unterschiedlicher medialer Form und Theaterinszenierungen auseinandersetzen
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Kompetenzbereich Schreiben (BISTA–AHR–D 2012)
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Standards
Notengebung für Schreibleistungen ein leidiges Thema
Beurteilung,
Bewertung und
Benotung
der Schreibprodukte von Schülerinnen und Schülern hat vielen Lehrkräften
bei der Aufsatzbeurteilung immer schon Probleme bereitet und insofern ist dies
in der Tat nicht nur für viele ein altes, sondern auch ein leidiges
Thema.
Kriterienkataloge als Konzept
Das ▪ Konzept der Kriterienkataloge soll hier, orientiert an den
jeweiligen Schreibaufgaben, Abhilfe leisten.
Kriterienkataloge zielen zunächst
einmal darauf, "die Anforderungen der Schreibaufgabe bzw. Textart mit
den Entwicklungsmöglichkeiten der Schreiblerner zu verbinden.“ (Becker-Mrotzek/Böttcher
2006/2011, S.92).
Dabei sollen Kriterienkataloge den Lehrkräften dazu
dienen,
-
sich ein
möglichst umfassendes Bild von den Qualitäten eines von Schülern
verfassten Textes zu machen
-
Gewichtungen im Verhältnis der Kriterien zueinander vorzunehmen
-
eine
"objektive" und reliable (=zuverlässige) Bewertung vorzunehmen
-
die
Transparenz der Bewertung bzw. Benotung gegenüber Schülerinnen und
Schülern, Eltern usw. zu verbessern
-
eine den
Vergleich mit anderen Beurteilern standhaltende Basis für die
prüfend-bewertende, aber auch die
fördernde Beurteilung von
Schülerinnen und Schülern herzustellen (vgl. u. a.
Baurmann 2002/2008, S.141)
Seit der Vorlage des sog.
▪ Zürcher
Textanalyserasters, das der wissenschaftlichen Forschung zur
Ermittlung eines möglichst umfassenden Bildes von Textqualität(en)
diente, hat man sich verschiedentlich bemüht, die Kriterien zur
Feststellung der Textqualität (von Schülertexten) systematisch zu
erfassen.
Dazu wurden Kataloge erstellt, die unterschiedlichen
Schreibaufgaben zugeordnet und an die individuelle
Schreibentwicklung mit unterschiedlichen Kompetenzniveaus angepasst.
Dadurch sind die Kriterienkataloge konkreter und damit
auch handhabbarer geworden, ohne dass damit allerdings sämtliche
Probleme beseitigt wären.
Eine Lehrkraft, die sich um die individuelle
Schreibentwicklung bemüht, wird sich nämlich schon bei der Auflistung
von konkreten Kriterien, die bestimmten
▪ Basisdimensionen (wie
Sprachrichtigkeit,
sprachliche
Angemessenheit, Inhalt
etc.) zugeordnet werden, fragen müssen, ob sie die Basisdimension Inhalt
oder die Basisdimension Aufbau mit einer variablen Anzahl von
Einzelkriterien eher wichtiger oder eher weniger wichtig nimmt. (vgl.
Baurmann
2002/2008, S.137)
Kriterienkataloge sind für das prozessorientierte
Schreiben besonders wichtig
Abgesehen von diesen lehrerorientierten Aufgaben der
Kriterienkataloge in einem vorwiegend
produktorientierten Schreibprozess
ist das Konzept aber auch unter dem Vorzeichen der Prozessorientierung
sehr gut verwendbar, um über einen längeren Zeitraum hinweg, die
individuelle Schreibentwicklung zu fördern.
Als "Instrument der Wahrnehmung und
der Verhandlung von Qualitäten an eigenen und an fremden Texten" können
sie, neben inhaltlich-thematischen Aspekten, vor allem auch für einen
Schreibunterricht wertvolle Dienste leisten, "der neben der Förderung
des Schreibens, oder besser mit ihr oder als Voraussetzung für sie,
wichtige neue Einsichten in und Einstellungen zu sprachliche(n) und
insbesondere schriftsprachlichen Fähigkeiten mit sich brächte." (Portmann
1996, S.106f.)
Kriterien im Rahmen eines prozessorientierten
Schreibunterrichts
Im prozessorientierten
Schreibunterricht können Kriterienkataloge, wenn sie didaktisch
reflektiert zum Einsatz kommen und keinem
▪
vordergründigen Schematismus Vorschub leisten (vgl.
Fritzsche
1994, S.199;
2005, S.30), den Schreibprozess anleiten und strukturieren.
Wer ein
Schreibziel hat und gleichzeitig überprüfen will, ob er / sie die
Schreibaufgabe bewältigt oder in welchem Umgang das gelungen ist, dem
helfen Kriterienkataloge weiter.
In
kooperativ
angelegten Schreibprozessen (z. B.
Schreibkonferenzen)
sind sie oft unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die
Schülerinnen und Schüler über die selbstverfassten Texte überhaupt
sprechen können.
-
Erst
mit möglichst klaren Kriterien an der Hand können sie in der
Rolle authentischer Leserinnen und Leser den jeweiligen
Textproduzenten jene Hinweise geben, die ihnen Impulse zur
▪
Überarbeitung
eines Textes bieten.
-
Außerdem können sie mit solchen für das
Schreiben und die Reflexion über Schreibprodukte verfügbaren Kriterien
die beim ungesteuerten
Peer-Feedback
immer wieder zu beobachtende starre Fixierung auf Aspekte der
Textoberflächenstruktur (sprachliche Richtigkeit und
Verknüpfung) zugunsten von Aspekten auf der
Texttiefenstruktur (▪
konzeptuelle
Basis,
Thema,
thematische Entfaltung
etc.) überwinden. (▪
Probleme
der Umsetzung beim Peer-Feedback)
-
Und ein weiteres kommt hinzu:
Gerade die so genannten "weicheren", nicht so trennscharfen Kriterien
der Textqualität wie die "Einschätzungen von widersprüchlichen und
widerspruchsfreien Aussagen von Schreiberinnen und Schreibern, von
redundanten und nicht redundanten, situationsangemessenen und
-unangemessenen, von inhaltsreichen und weniger sachhaltigen
Textpassagen" (Baurmann
2002/2008, S.140), von überzeugenden und nicht überzeugenden
Argumenten, von Aspekten, die zum Thema gehören oder eben nicht, werden
beim kooperativen Schreiben im wahrsten Sinne ´"Verhandlungssache"
zwischen Autor und Rezipienten.
Damit wird nicht nur das Verständnis und
die Einschätzung der Bedeutung eher weicher Kriterien geschärft und ihre
rein subjektive Fundierung überwunden, sondern darüber hinaus wird auch
das adressatenorientierte, funktionale Schreiben gefördert. Der Erwerb
von Fähigkeiten zur
Metakommunikation über Texte macht Kriterienkataloge
im Zusammenhang mit den meisten Schreibaufgaben zur didaktischen
Steuerung des Feedback-Prozesses besonders geeignet (vgl.
Bräuer 2010,
S.7). Sie helfen dabei auch dem
Feedbackgeber
seine Rolle im Rahmen eines
▪ förderlichen Feedbackprozesses
einzunehmen
Kriterienkataloge als Vademecum für Lernende und Lehrende
Im Gegensatz zu den eingangs erwähnten Kriterienkatalogen, welche vor
allem die Bewertung und Benotung von Textprodukten auf eine solidere
Basis stellen sollen, geht es bei Kriterienkatalogen, die im Rahmen
eines prozessorientierten Schreibunterrichts Verwendung finden, stets um
die
fördernde
Beurteilung, sei es durch Mitschülerinnen und Mitschüler im Rahmen
kooperativer
oder
schrittweise kooperativer Schreibprozesse. Daher kommt es im Gegensatz zu jenen bei diesen Katalogen
kriteriengeleiteten Schreibens und Reflektierens über Texte in keiner
Weise darauf an, einen Text umfassend und stets in allen
▪ Dimensionen (z.B.
▪ sprachliche
Richtigkeit,
▪ sprachliche
Angemessenheit, ▪ Aufbau,
▪ Inhalt,
▪ Schreibprozess und
ggf. ▪ Textverständlichkeit als übergreifendes Kriterium) zu beurteilen. Im Übrigen fokussiert eine diesen Zielen verpflichtete Textanalyse,
schon aus dem schreibdidaktischen Grund, den Schreibprozess zu
entlasten, meistens auf einige wenige Aspekte, um die Schreibentwicklung
des einzelnen voranzubringen.
Statt mit Kriterienkatalogen quasi durch die
Hintertüre, das normgerechte Schreiben über das Notwendige hinaus
wieder aufleben zu lassen - die Bildungsstandards verhelfen diesem
ohnehin zu einer lange nicht für möglich gehaltenen Renaissance - ,
sollten sich Kriterienkataloge, die sich meistens auf das ▪
Zürcher
Textanalyseraster berufen, auch daran orientieren, was
Portmann
(1996, S.103-107) in seinem Vierzehn-Punkte-Entwurf für einen
"besseren Schreibunterricht" ausgeführt hat. In seinem Sinne dienen
solche Kriterienkataloge als "eine
Schule der Wahrnehmung und als eine
Sprache für das
Sprachliche an Texten, als ein Vademecum
für Lernende und Lehrende auf dem langen Weg des Schreibenlernens." (ebd.,
S.103)
Sie sollen dazu Mut machen, "die Komplexität des Schreibens zum
Zwecke des Übens und Lernens zu reduzieren, einzelnes zu isolieren oder
einzelnes zu pauschalisieren und anderes zu differenzieren." (ebd.,
S.106)
Am besten: Schülerinnen und Schüler bei der
Erstellung von Kriterienkatalogen einbeziehen
Das
Konzept der Kriterienkataloge entfaltet im prozessorientierten
Schreibunterricht sein didaktisches Potential insbesondere dann, wenn
die Schülerinnen und Schüler bei der Erarbeitung eines derartigen
Kataloges einbezogen werden. Auf diese Weise werden die jeweils gestellten Schreibaufgaben mit der
Schreiberntwicklung der Schreiberinnen*, ihren Schreiberfahrungen und ihrem
Fach- und
Weltwissen am
ehesten in einem fördernden Lernprozess zusammengebracht. Dabei können
die Kriterienkataloge im Zuge der Schreibentwicklung und gemachter
Schreiberfahrungen "mitwachsen".
"In ganz einfacher, karger Ausführung - etwa
reduziert auf die fünf Grunddimensionen oder gar nur einen Teil
davon - könnte ein solches Modell am Anfang des Schreibunterrichts
fortgeschrittener Stufe stehen; es würde im Lauf der Zeit stetig
weiterentwickelt, aus- und umgebaut und wäre als ein solches 'model
in progress' ein Vademecum für die Schreibschülerinnen und -schüler:
ein Vademecum auf dem kurzen Weg zu einem neuen Text und auf dem
langen Weg zu einer guten Schreiberin, zum guten Schreiber. Es
könnte in jeder Phase seiner Entwicklung ein Leitfaden sein für das
Sprechen über den eigenen Text, über den Text der Mitschülerinnen
und Mitschüler, über den Text der Lehrerin oder des Lehrers,
über den Text einer Drittperson. Es hätte für die Lernenden die
Funktion, äusserlich zu fixieren und zu stabilisieren, wach
zu halten und anzureichern, was letztlich einen Sinn nur hat als
reiches inneres Sensorium für das Sprachlich-Textuelle an Texten,
sei es für das Wahrnehmen von Reagieren auf Texte(n) anderer oder
sei es für das kritische Überprüfen und Einschätzen eigener Texte im
Prozess ihrer Entstehung, besonders in Phasen der Überarbeitung,
oder im Blick auf den fertigen, für fertig erklärten eigenen Text."
(Portmann
1996, S.105f.)
In diesem Prozess können Kriterienkataloge
differenzierter werden, aber auch im Zuge des Erwerbs "literaler
Routinen" (Feilke
und Augst 1989) zu einer Entlastung führen.
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Kompetenzbereich: Sich mit Texten und Medien auseinandersetzen (BISTA-AHR-D 2012
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Überblick
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Sich mit literarischen Texten auseinandersetzen
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Sich mit pragmatischen Texten auseinandersetzen
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Sich mit Texten
unterschiedlicher medialer Form und Theaterinszenierungen auseinandersetzen
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Kompetenzbereich Schreiben (BISTA–AHR–D 2012)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.01.2024
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