Die Konzipierung
bzw. das Design ▪ typischer
Schreibaufgaben muss dabei verschiedene Aspekte
berücksichtigen, die, ▪
schreibdidaktisch gesehen, schlechthin für alle ▪
Schreibaufgaben
gelten, aber auch bestimmte Aspekte besonders in Augenschein
nehmen.
Zugleich kommt
es natürlich auch darauf an, auf welchen ▪
Kompetenzstufen
die Schreibaufgaben angesiedelt sind, also in der Regel davon,
welche und wie konkret die Vorgaben sind, die im Rahmen einer
Schreibaufgabe gemacht werden. In jedem Fall müssen Lehrkräfte
im Rahmen der didaktischen Analyse selbst eine adäquate Einschätzung
der Gestaltungspotentiale des literarischen Texts vornehmen.
Grundsätzlich
muss man unterscheiden, ob man ▪
rein gestaltungsorientierte,
produktiv-kreative Schreibaufgaben oder ▪
umfassende
Schreibaufgaben, die sowohl textproduktive Schreibprodukte
als Schreibziel vorgeben als auch Aufgaben, die eine ▪
kognitiv-analytische Arbeit am Text verlangen und
schriftlich dokumentieren sollen. Beide Schreibaufgaben lassen
sich in verschiedenen didaktischen Settings (Lernraum-,
Übungs-
und
Leistungsraumsetting) im Rahmen der didaktischen Reflexion
gut begründen.
Oft wird bei
Schreibaufgaben zur gestaltenden Interpretation im Unterricht
aus verschiedenen Gründen auf ▪
Bewertung und Benotung
verzichtet. Wird dies dennoch angestrebt, dann sollte über
einen längeren Zeitraum hinweg "im Unterricht kontinuierlich mit
kreativen Schreibverfahren und Schreibversuchen gearbeitet" (Böttcher/Becker-Mrotzek
2003, S.78) worden sein. Dies kann auch im Rahmen einer
länger anhaltenden
▪
Portfolioarbeit
zum Thema erfolgen.
Grundsätzlich hängen die
▪
Schreibziele und die gesamte
Organisation des ▪
Schreibprozesses in ganz erheblichem Maße davon ab, ob
eine ▪
produkt-
oder eine
▪
prozessorientierte Schreibaufgabe
zu bewältigen ist.
-
Produktorientierte
Schreibaufgaben müssen im Allgemeinen in einem
individuellen Schreibprozess bewältigt werden und sollen am Ende
zu einem mehr oder weniger klar umrissenen Schreibprodukt
führen. Dies ist z. B. der Fall, wenn es sich um eine
▪
Leistungsaufgabe
(Klassenarbeit, Klausur) handelt. Dabei ist man
bekanntermaßen beim Schreiben auf sich allein gestellt.
Natürlich können aber auch ▪
Lernaufgaben
und
▪
Übungsaufgaben
so konzipiert sein, dass es vor allem auf den Output beim
individuellen Schreiben ankommt.
-
Prozessorientierte Schreibaufgaben
gehen einen anderen
Weg. Hier kommt es nicht so sehr darauf an, was am Ende
herauskommt. Viel wichtiger sind dabei Fragen, wie man den
Schreibprozess strukturieren kann und die Verständigung über
den Schreibprozess mit anderen Schreiberinnnen* oder
Lehrkräften in einem förderlichen Lernklima mit zahlreichen
▪ Feedbackprozessen (▪
Scaffolding,
Peer-Feedback)
organisiert wird.
Dementsprechend stehen dabei auch ▪
teilweise bzw. schrittweise
kooperativ organisierte Schreibprozesse im
Lern- und
Übungsraum
schulischern Lernens im Mittelpunkt. Damit diese
Rückmeldeprozesse aber auch ihre Ziele erreichen können,
gehören dazu auch nachvollziehbare ▪
Kriterien, mit denen die
Schreiberinnen* ihre eigenen Lernfortschritte auf allen
Ebenen des Schreibprozesses selbst einschätzen können und
sich mit anderen darüber zu verständigen. Dabei kann die
▪
funktionale Perspektive,
die Frage also, welchen Beitrag ein bestimmtes
Schreibprodukt für die ▪
Anschlusskommunikation
in der Lerngruppe leistet, ein wesentliches Kriterium für
die ▪ Beurteilung, Bewertung
und ggf. auch die Benotung
sein.
Zugleich kommt
es natürlich auch darauf an, auf welchen ▪
Kompetenzstufen
die Schreibaufgaben angesiedelt sind, also in der Regel davon,
welche und wie konkret die Vorgaben sind, die im Rahmen einer
Schreibaufgabe gemacht werden.
Bei der
Gestaltung von Schreibaufgaben zur gestaltenden Interpretation
als ▪
Lernaufgaben
und
▪
Übungsaufgaben
kann man auch auf gängige ▪ handlungs- und produktionsorientierte
Methoden wie das sogenannte ▪
verzögerte Lesens (Frommer
1981a) oder das ähnliche Konzept des ▪
textnahen Lesens, das Elisabeth
Paefgen (1998, S.14f.) anhand mehrerer Thesen entwickelt hat,
zurückgreifen. Unter rezeptionsästhetischer Perspektive hat
Günter Waldmann ( z. B.
1998,
1998b,
32000 ,
2001)
auch einen umfangreichen Katalog entsprechender Methoden
zusammengestellt.
Das lese- bzw.
literaturdidaktische Prinzip, das solche Methoden eint, ist das
gemeinsame Ziel, auf eine
"Entautomatisierung" von Lesegewohnheiten hinzuarbeiten. Dazu
wird der Lesevorgang im Zusammenhang mit literarischen Texten
bewusst verzögert, um den Fokus über
den Inhalt hinaus auf sprachliche Formulierungen,
auf den Aufbau von Argumentationen oder auf
ästhetische Qualitäten eines Textes zu lenken. So
soll in Form ▪
aktiven Lesens
in einem langsam fortschreitenden (statarischen)
Lesevorgang
ein ▪
intensives Lesen
gefördert werden, das auch zur Überwindung von
Fremdheitserfahrungen dienen soll, die Schülerinnen* bei der
Lektüre von literarischen Texten häufig machen. Ingesamt gesehen
ist aus kognitionspsychologischer Sicht davon auszugehen, dass
die Reduzierung des Lesetempos in der Regel dazu führt, dass ein
höherer kognitiver Verarbeitungsaufwand zustande kommt, mit dem
die bei einem höheren Lesetempo nicht ohne Weiteres zu
schließenden ▪
Kohärenzlücken in einem mehr oder weniger konsistenten, sich
dynamisch aufbauenden ▪
Situationsmodell
des Textes geschlossen werden können. Allerdings muss man dabei
auch sehen, dass der erfolgreiche Aufbau eines solchen
Situationsmodells von ▪
textseitigen
und
▪
leserseitigen Faktoren
abhängt. Gelingt dies nicht, kann das schnell zu Frustrationen
führen und damit die
motivationale
und volitionale
Bereitschaft, beim Lesen weiter daran zu "arbeiten", erheblich
verringern.
Was gegen ▪ handlungs- und produktionsorientierte
Methoden vorgebracht worden ist, wie z. B. der Vorwurf, dass
ein solches Vorgehen mit dem natürlichen Lesen nichts mehr zu
habe, sich solche Verfahren nur für kurze, moderne Texte
eigneten, sich die Methoden dadurch verselbständigten, der
Respekt vor der Literatur verloren gehe und der Vergleich mit
dem Original die produktiv-kreativen Schülerinnentext entwerte
(vgl.
Schuster 92001, S.92f.), hat im Rahmen der
inzwischen "erfreuliche(n) Bandbreite" (Abraham
2010, S.89) solcher Verfahren, um "kognitive und emotionale
Reaktionen auf Literatur einzufangen und diskursfähig zu machen"
(ebd.),
wohl kaum noch Anhängerinnen*.
Was allerdings
immer wieder in den Fokus der Kritik gerät, sind Fragen der
didaktischen Reflexion und schulischen Praxis im Umgang mit
solchen Methoden. So moniert
Zabka (1995, S. 133)
mit einem Beispiel aus der schulischen Praxis im Kontext von
handlungsorientierten Schreibaufgaben beim ▪
Weitererzählen von Geschichten im Literaturunterricht, dass Lehrende den
unterschlagenen Schluss einer Geschichte oft nur deshalb
schreiben ließen, "weil die Erzählung auf unterschiedliche Weise
enden könnte und Anlass zu der Hoffnung besteht, die Lerngruppe
werde die Handlung einigermaßen bereitwillig ausführen. Darüber
hinaus wäre jedoch zu unterscheiden, ob beim Zuendeschreiben erstens die Sachgehalte eines
Textes genau beachtet und verarbeitet werden sollen oder ob es zweitens
vor allem auf den weitergeführten Stil des Textes ankommt; ob drittens
primär deutlich werden soll, wie sich die Schreibenden einen Ort, eine
Person, eine innere Sichtweise usw. vorstellen, oder ob durch das
Ausdenken eines Schlusses die unterschiedlichen Auffassungen vom Sinn
einer Geschichte manifest werden sollen.« (Zabka
1995, S. 133) Im Kern geht es Zabka dabei um die Frage "Welche Arten
des Verstehens ereignen sich bei welchen Formen produktiver
Textbehandlung?" (ebd.)
Solche Kritik, vom Grundsätzlichen und ihrem berechtigten Ruf nach tiefer
gehender didaktischer Reflexion und Rekonstruktion einmal abgesehen, mag im Einzelfall angebracht sein, übersieht aber auch, dass im
Literaturunterricht eben nicht nur literaturdidaktische Überlegungen sondern
auch andere, vielleicht allgemeinere pädagogische Aspekte eine Rolle
spielen, um die volitionale Bereitschaft, sich auf Lernen und
Lernerfahrungen überhaupt einzulassen, eine Rolle spielen.
Die Ansprüche an die didaktische Reflexion ▪
handlungs- und
produktionsorientierter Methoden im Rahmen der ▪
gestaltenden Interpretation richtet den Blick auf die Komplexität und das Aufeinanderbeziehen
von fachwissenschaftlichen Wissensbeständen und ihrer didaktischen
Strukturierung und damit letzten Endes darauf, wie der Literaturunterricht
das Spannungsverhältnis von Fachwissenschaft und Anwendungs- bzw.
Handlungsorientierung auflösen sollte.
Als Möglichkeit dazu bietet sich auch im Bereich des handlungsorientierten
Unterrichts an, die Aufgaben im ▪
Lern-, Übungs- und Leistungsraum
schulischen Lernens auf dem Weg didaktischer Reduktion zu entwickeln, bei der
der Unterrichtsgegenstand durch das wechselwirksame Aufeinanderbeziehen von
"fachliche(r) Klärung, Erfassung von Schülervorstellungen und didaktische(r)
Strukturierung" (Kattmann
u. a.
1997, S. 43 ) zu modellieren ist.
Dies lässt sich z. B. mit dem von
Komorek/Fischer/Moschner (2013) entwickelten ▪
Modell der didaktischen Reduktion erreichen, mit dem sich u.
U. jene Brücken schlagen lassen, welche die "Rekonstruktion", mit ihrem
"entschieden fachlichen Kern", "als harmonisierende Klammer zwischen den
Ansprüchen der Fachdidaktik, einerseits Wissenschaft und andererseits
Unterrichtsentwicklung" versteht.
Ansatzpunkte des ▪
Gestaltenden
Erschließens literarischer Texte sind
oft vorhandene
Leerstellen
des literarischen Textes. Ob sie als Zugänge für die kreative
Gestaltungsaufgabe überhaupt in Frage kommen, muss bei der
Textauswahl und der didaktischen Analyse des in Frage kommenden
Textes berücksichtigt werden.
Dabei geht es
in diesem Zusammenhang um
sorgfältige Analyse von Leerstellen und die Einschätzung ihres
jeweiligen, auch auf unterschiedlichen Kompetenzstufen wirksamen Gestaltungspotentials.
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Wahrnehmung von
Leerstellen bei der Rezeption von Texten keineswegs für alle
Leserinnen* gleichermaßen ausfällt. Stattdessen kommt es häufig
vor, dass Leerstellen einfach "überlesen" werden oder im Rahmen
der jeweiligen
▪ Sinnkonstruktion und Inferenzarbeit durch den/die
Leserin* gefüllt werden, ohne dass dieser Vorgang jeweils ins
Bewusstsein dringt.
Inwieweit sich
die vorhandenen Leerstellen eignen, kann man durch Analyse der
in einem Text vorhandenen
▪
Leerstellentypen
ermitteln,
wie z. B.
grammatische
Aussparungen,
metrische
Aussparungen,
Aussparungen
in der Handlungsdarstellung,
»unformulierte
Beziehungen« (Iser) und
gezielte
Verletzungen einer (literarischen) Norm sowie durch entsprechende
▪
Leitfragen
zur Leerstelleninterpretation.