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Arbeitstechnik lesen
▪ Lesekompetenz
▪
Konzepte der Schreibkompetenz
▪ Wissensrepräsentation
▪ Überblick
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Konzeptuelles Wissen
▪ Überblick
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Semantische Netzwerke
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Überblick
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Propositionale
Repräsentationen
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Überblick
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Notationsverfahren für Propositionen
▪
Propositionale Netzwerke
▪ Schemata
▪
Perzeptuelle Symbolsysteme
▪
Gedächtnis
▪
Sprachproduktion und Sprachverstehen
Inferenzen als Schlüssel
und Motor zur Sinnkonstruktion
Inferenzen,
die als "Motor der Sinnkonstruktion beim Lesen" (Christmann
2015, S.172) angesehen werden können, können unter dem Blickwinkel
ihrer Inferenzweite in drei
übergeordnete Gruppen zusammengefasst werden (vgl.
ebd., S.174)
Enge Inferenzen |
Brücken-Inferenzen |
Elaborative Inferenzen |
|
-
verbinden bestimmte Einzelinformationen
-
stellen Beziehungen zwischen zwei Sachverhalten her,
z. B. pronominal oder kausal
|
-
verbinden den konstruierten Textsinn explizit mit
den abrufbaren und damit verfügbaren
Gedächtnisinhalten (Vorwissen)
-
sind Erklärungen, Beispiele, Verallgemeinerungen,
Hypothesen, Erwartungen (z. B.
Rahmenerwartungen) und Assoziationen, die
eindeutig über das im Text Enthaltene hinausgehen
|
Dabei ist die
Bedeutung der Inferenztätigkeit des Lesers beim Lesen unstrittig.
Die Meinungen gehen allerdings darüber auseinander, ob Inferenzen
während des Lesens nur textnah als enge
Inferenzen gebildet werden (=
minimalistische
Inferenztheorie) oder auch textferne Aspekte (elaborative
Inferenzen) schon während des Lesens gebildet werden, weil der Text
ansonsten beim Lesen nicht verstanden werden kann. (=
konstruktivistische
Inferenztheorie). Wahrscheinlich dürfte indessen sein, dass
abhängig von den Lesezielen und den Ansprüchen des jeweiligen Lesers
bzw. der Leserin
beides möglich ist.
Leseziele und das
Bedürfnis des Lesers, auf lokaler und globaler Ebene
Kohärenz
herzustellen, steuern bei der
konstruktivistischen
Inferenztheorie das Ziehen von Schlussfolgerungen bzw. die
Bildung von Inferenzen. Zugleich bestimmten die jeweiligen
Rezeptionsziele auch auch darüber, wie tief das Textverständnis
werden soll, indem es selbst gebildeten
Kohärenzstandards folgt, die
entweder eine niedere oder hohe Verarbeitung ermöglichen. Davon
abhängig ist dann auch die Inferenztätigkeit, die bei hohen
Kohärenzstandards auch intensiver ausfällt.
Zugleich kann man
natürlich auch dann eine
deutlich höhere Zahl von Inferenzen bilden,
wenn man über eine gut entwickelte
Lesekompetenz und ein großes inhaltliches und thematisches
Vorwissen verfügt. (vgl.
Christmann
2015, S.175)
Schließlich muss man natürlich noch
berücksichtigen, dass auch emotionale Aspekte, die
motivationale
und volitionale
Bereitschaft, einen Text nicht nur zu überfliegen, das Ausmaß
der Inferenzbildung grundlegend beeinflussen sowie, auf Textebene,
die
motivationale Stimulanz, die von einem Text ausgeht.
Relevanzinstruktionen
fördern Inferenztätigkeit
Leseaufgaben können
das Ausmaß der Inferenztätigkeit und die "Richtung", in welche
die Sinnkonstruktion geht, erheblich beeinflussen.
Solche
Leseaufgaben stehen in der Schule sehr oft im Kontext von ▪
kompetenz-, ▪
produkt-
oder ▪
prozessorientierten ▪
Schreibaufgaben und werden damit als Vorarbeiten zur
Erschließung eines Textes verstanden und oft zusammen mit anderen
Aufgaben zu ▪ Lese- und Rezeptionsstrategien (▪
Primär- und Stützstrategien,
▪
SQ3R-Technik,
▪
PQ4R-Methode,
▪
MURDER-Schema)
zusammengefasst, die zu einem vertieften Textverständnis führen
sollen.
Sind die Leseziele
präzise, klar und konkret, lassen sich auf ihrem Hintergrund also
Leseaufgaben formulieren, die sich bei ihrer Bewältigung auf die
Verarbeitungstiefe und -qualität des Gelesenen unmittelbar
auswirken. Werden also z. B. im Unterricht bestimmte Vorgaben zum
Lesen bzw. zum Erschließen eines Textes während des Leseprozesses
gemacht (Relevanzinstruktionen),
wird auch der Fokus auf bestimmte Aspekte gerichtet.
Außerdem verlangen
derartige Vorgaben auch,
den Text z. B. unter einer bestimmten Perspektive zu lesen, ihn als ▪
Textwiedergabe zusammenzufassen, ihn beim ▪
kreativen Schreiben für verschiedene ▪
textproduktive Verfahren, für ▪
szenische, ▪
akustische, ▪
visuelle oder ▪
multimediale
Gestaltungen zu nutzen oder ihn beim ▪
materialgestützten
▪
Schreiben einer Erörterung oder der ▪
Essaygestaltung
mit Dossier als Materialgrundlage weiterzuerzählen etc.
Dadurch
wird eine Verarbeitung angeregt, die sämtliche
Arten von Inferenzen,
insbesondere aber elaborative
Inferenzen, für die Sinnkonstruktion nutzt.
Wenn also ein
literarischer Text bzw. eine Geschichte ▪
weitererzählt
oder unter einer anderen Figurenperspektive
erzählt werden soll, wird ein zielbezogenes Lesen aktiviert, das
unter dem Blickwinkel selbstgewählter Relevanzkriterien eine erhöhte
Inferenzaktivität beim Lesen in Gang bringt, um die entsprechende
vorlagen- oder
kontextgebundene Schreibaufgabe bewältigen zu können.
Inferenzbildung bei
literarischen Texten
Wie die
Inferenzbildung bei den vieldeutigen, grammatikalisch und
sprachlich-stilistisch sehr unterschiedlich gestalteten
literarischen (fiktionalen) Texten funktioniert, ist aus diesen,
aber auch aus verschiedenen anderen Gründen wohl komplizierter als
bei pragmatischen Texten (auch:
Sachtexten,
Gebrauchstexte,
expositorische Texte,
nichtfiktionale Texte).
Die fiktionale
Welt enthält dazu häufig noch Elemente, die ein Leser oder eine
Leserin aus
verschiedenen Gründen (z. B. bei Science Fiction oder Romanen, die
vor langer Zeit entstanden, eine längst vergangene und
untergegangene Welt zeigen) nicht so ohne Weiteres durch Rückgriff
auf eigene Wissensbestände verstehen kann. Hinzukommen können noch
vom Autor des Textes selbst geprägte Weltbilder, die einem Leser
oder einer Leserin durch und durch fremd sein können. Um bei solchen Texten "durchzublicken"
zu können, müssen Leser*innen eine hohe
Eigenaktivität beim Lesen entwickeln, wenn der Inhalt eines solchen
Textes, wenn man ihn liest, nicht einfach an einem "vorbeirauschen"
soll. Um
einen literarischen Text beim Lesen sinnkonstruierend verstehen zu
können, werden daher schon beim Lesen mit
elaborativen Inferenzen Bezüge
zwischen verschiedenen Textelementen hergestellt.
Dabei können sich
vier
Arten von Inferenzen
beim Verstehen literarischer Texte unterscheiden lassen: (Magliano/Bagett/Graesser
1996, vgl. Christmann
2015, S.176)
Wann sie, wenn
überhaupt in dieser Art und Weise, beim Lesen gebildet werden, ob
während des Lesevorgangs oder erst im Anschluss daran, wenn ein
Leser über das Gelesene nachdenkt und es durch Abgleich mit seinem
Vorwissen "einnordet", ist hingegen empirisch noch nicht ganz klar,
auch wenn wohl davon auszugehen ist, dass eine höhere Verarbeitung
erst nach der Lektüre stattfindet. (vgl.
Christmann
2015, S.176)
Wie die ▪
Inferenzbildung beim Lesen kürzerer erzählender Texte aussehen
könnte, ist, insbesondere im Hinblick auf den Aufbau von
Situationsmodellen, die im Idealfall Text und Vorwissen integrierend
zusammenbringen, in Teilen inzwischen wissenschaftlich ganz gut
belegt.
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Sprachproduktion und Sprachverstehen
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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