Ja,
▪
Zitate in einem Text, den man
in Form der ▪ strukturierten Textwiedergabe wiedergeben soll, sind oft
regelrechte Stolpersteine. Um damit klarzukommen, muss man zwei Dinge wissen:
Betrachten wir das Problem, bei einem Ausgangstext für die strukturierte
Textwiedergabe, der als
kontinuierlicher
Sachtext (pragmatischer
Text,
Gebrauchstext) zu einem bestimmten Problem oder
Sachverhalt ▪
Stellung nimmt, sein
Thema also überwiegend
argumentativ entfaltet.
Wer in einem solchen Text andere zitiert, tut dies
natürlich mit bestimmten Absichten. Er will mit den Aussagen, die in dem
Zitat gemacht werden z. B. informieren, will etwas erklären, beschreiben,
berichten, erzählen oder begründen.
So ist es beim
▪
Argumentieren eine
althergebrachte
▪
Argumentationsstrategie,
einen so genannten ▪
Autoritätsbeweis mit
Zitaten zu führen, um die eigenen Behauptungen zu untermauern.
Dabei wird eine, in der
Regel bekannte Persönlichkeit oder eine Person, die über eine besondere
Kompetenz zu einem Sachverhalt verfügt, als Experte ▪
sinngemäß
oder ▪ wörtlich zitiert. So weit ist dies ein Verfahren, das auch in einer
▪
partnerschaftlich ausgerichteten
Argumentation ihren Platz hat. Übermäßiges Zitieren kann aber
auch eine Form ▪
nichtpartnerschaftlichen
Argumentierens sein, das den anderen nur ▪
beeindrucken
will.
In einem Text können Zitate wörtlich oder sinngemäß erscheinen. Häufig
kommen sie beide vor, um für eine gewisse stilistische Abwechslung zu
sorgen.
 |
Das Problem ist also:
-
In die strukturierte Textwiedergabe werden
keine wörtlichen
Zitate übernommen, seien es Äußerungen des Verfassers oder zitierte
Äußerungen Dritter im Text.
-
Im Ausgangstext
(Primärtext) wiedergegebene sinngemäße Zitate erscheinen meistens in
Form der indirekten Redewiedergabe, die auch bei der strukturierten
Textwiedergabe verlangt ist.
|
So wird's gemacht: Beispiele
Am besten schaust du dir einmal die folgenden Beispiele (Auszüge aus
zwei verschiedenen Texten) an, in denen zitiert wird:
Beispiel 1:
Frank
Spehring: Gnade bringt keine Punkte[...]
"Manhunt" wird aus der Ich-Perspektive gespielt - auch das ist in der
Shooter-Szene nichts Neues, ist sie doch typbildend für die so genannten
Ego-Shooter wie Counter-Strike oder Unreal Tournament. Das wirklich Neue
daran aber hat die neuseeländischen Behörden veranlasst, das Spiel zu
verbieten. Ihre Begründung zeigt, worum es geht: "Um dieses Spiel zu
gewinnen, muss man die Gewalt genießen." Und Tobias Moorstedt setzt
noch eines darauf: "Eigentlich muss man die Gewalt nicht nur genießen,
sondern kreativ und maximal grausam anwenden - das gibt mehr Punkte. "
[...]
|
Beispiel 2:
Schwarz, Antje: "Bringt mir diese Beziehung noch etwas?"
Hans-Werner Bierhoff, Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum, glaubt nicht,
dass die Zahl der belastenden und unbefriedigenden Bindungen heute größer ist
als vor 30 oder 40 Jahren. Der Trend zur Scheidung, der 1997 in Deutschland laut
Statistischem Bundesamt eine neue Höchstmarke erreicht habe, habe verschiedene
Ursachen.
Etwa jede dritte Ehe in Deutschland geht in die Brüche. Mit 188 000 Trennungen
von Tisch und Bett wurden im vergangenen Jahr so viele Ehen geschieden wie nie
zuvor. Ein Ende dieses Trends sieht Bierhoff, der auch Sprecher der Fachgruppe
Sozialpsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ist, längst nicht.
Die deutschen Scheidungszahlen lägen international gesehen im mittleren Bereich
- jedoch mit bemerkenswertem Trend nach oben. Den absoluten Spitzenplatz nähmen
die USA ein, wo "jede zweite Ehe die Chance hat, geschieden zu werden". Auf
diesem Niveau bewege sich die Scheidungsquote in Amerika schon seit Jahren und
es sehe so aus, als ob Deutschland diesem Trend folge. |
▪ Wörtliches Zitat
im Text |
▪
Sinngemäßes
Zitat im Text |
Die strukturierte Textwiedergabe für diese beiden Textauszüge
könnte lauten:
Die Ich-Perspektive, aus der "Manhunt" gespielt
werde, behauptet der Verfasser, sei nicht das eigentlich Neue an
diesem Spiel. Das wirklich Neue hätten die neuseeländischen
Behörden bei der Begründung ihres Verbots zum Ausdruck gebracht, mit
der sie festgestellt hätten, dass man bei diesem Spiel Gewalt
genießen müsse. Noch weiter gehe nach Ansicht des Autors Tobias
Moorstedt, der betone, man bei Manhunt Gewalt kreativ und extrem
grausam anwenden müsse, um mehr Punkte zu erhalten. |
Nach Ansicht von Hans-Werner Bierhoff, dessen
Meinung der Autor über eine längere Passage hinweg sinngemäß
wiedergibt, gehe die hohe Scheidungsquote in Deutschland auf
unterschiedliche Ursachen zurück. Außerdem lägen, so Bierhoff,
die deutschen Scheidungszahlen im internationalen Vergleich eher im
Mittelfeld. |
In jedem Fall musst du selbst klar auseinander halten, wer was sagt,
und dies auch entsprechend sprachlich markieren, so wie dies in den obigen
Beispielen deutlich wird.
Insbesondere den Anfang und das Ende der
Wiedergabe von Äußerungen Dritter solltest du deutlich vom vor- bzw.
nachfolgenden Text abheben.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
18.02.2023
|